Rudolf I. von Habsburg
Als im Jahre 1272 Richard von Cornwall starb, hatte das Reich zwar nominell in Alfons von Kastilien noch einen König, der zunächst auch keineswegs bereit war, zu verzichten; dennoch drängte Papst Gregor X. die Kurfürsten zur Neuwahl, da er sich mit dem Gedanken eines allgemeinen Kreuzzuges trug, der nur Erfolg versprach, wenn ein einhellig gewählter römisch-deutscher König die Führung übernahm.
Am 1. Oktober 1273 traten die Kurfürsten in Frankfurt am Main zur Wahlhandlung zusammen. Die Wahl fiel auf den Grafen Rudolf von Habsburg, obwohl auch andere mächtige Kandidaten - unter ihnen der König von Frankreich und König Ottokar von Böhmen - ihr Interesse angemeldet hatten. Wenn auch die spätere böhmische Propaganda Rudolf als »armen Grafen« verspotten sollte, so sah die Wirklichkeit doch etwas anders aus. Obwohl nicht dem Reichsfürstenstand angehörend, galt Rudolf, der über umfangreichen Besitz und ausgedehnte Herrschaftsrechte im Aargau, im Zürichgau sowie am Oberrhein, im Elsass und im Schwarzwald verfügte, als der bedeutendste Territorialherr im Südwesten des Reiches.
Wahrscheinlich schon vor seiner Wahl hatte sich der neue König den Kurfürsten gegenüber durch Eid verpflichtet, die im Laufe des Interregnums entfremdeten Güter dem Reich zurückzuerstatten und dessen Herrschaftsrechte wiederherzustellen. Bereits auf seinen ersten Hoftagen nahm sich Rudolf dieser Aufgabe an, die bald zu einer gefährlichen Konfrontation mit dem mächtigen Böhmenkönig Ottokar führte, da dieser sich nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. ohne ausreichende Legitimation in den Besitz der Herzogtümer Österreich und Steiermark gebracht hatte. Die Auseinandersetzung endete mit der Ächtung Ottokars (1275) und dessen Tod, nachdem König Rudolf das böhmische Heer und seine Verbündeten in der Schlacht auf dem Marchfeld bei Dürnkrut vernichtend geschlagen hatte (1278). Damit war der Weg für Rudolf frei, die Herzogtümer Österreich und Steiermark zunächst unter Reichsverwaltung zu stellen, um sie dann im Jahre 1282 mit Zustimmung der Kurfürsten als erbliche Reichslehen an seine Söhne zu vergeben.
Wenn auch Rudolf weder die Kaiserkrönung in Rom noch die unmittelbare Thronfolge eines seiner Söhne erreicht hat, so hat er doch mit dem Erwerb Österreichs und der Steiermark die Grundlage für den Aufstieg des Hauses Habsburg gelegt, das Ende des 14. Jahrhunderts über den größten Länderkomplex im Reich verfügte. Da es den Habsburgern trotz dieser Erfolge nicht gelungen war, in den Kreis der Kurfürsten aufzusteigen, versuchte der ehrgeizige Herzog Rudolf IV. (1358-65), durch eine Privilegienfälschung (das »privilegium maius«) seinem Haus besondere Vorrechte und den Titel eines Erzherzogs zu verschaffen; dies wurde erst im 15. Jahrhundert vom Reich anerkannt. Nachdem Ende des 14. Jahrhunderts Teilungen und die Auseinandersetzungen mit den Eidgenossen zu einer gewissen Schwächung geführt hatten, gelang es Herzog Friedrich V., als Friedrich III. römisch-deutscher Kaiser, alle Länder wieder in seiner Hand zu vereinigen. Sein Sohn und Nachfolger Maximilian I. brachte außerdem noch das burgundische Erbe in die habsburgischen Territorien ein.
Universal-Lexikon. 2012.