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Tierdarstellungen
Tierdarstellungen,
 
Wiedergabe von Tieren in der bildenden Kunst. Sie gehören zu den frühesten Zeugnissen menschlichen Kunstschaffens. Die naturgetreu wiedergegebenen Jagdtiere der eiszeitlichen Höhlenmalerei (Felsbilder) sind als kultisch gebundene, magische Bilder zu verstehen. Tierkulte und Tiergötter sind bei vielen Naturvölkern bis in unsere Zeit bekannt. Sie finden sich auch in den Hochkulturen des Altertums, v. a. in der ägyptischen Kultur, in der auch die höchsten Götter als Tiere (z. B. Hathor als Kuh, Horus als Falke) oder als Mischwesen (z. B. der schakalköpfige Anubis) dargestellt werden. Die ältesten monumentalen Freiplastiken sind ägyptische Tierdenkmäler (Granitlöwe, um 3000 v. Chr.; Berlin, Ägyptisches Museum); sie drücken in geschlossen blockhafter Form ein hohes Maß an lebendiger Naturbeobachtung aus. Aus Vorderasien sind seit dem 2. Jahrtausend Gefäße in Tierform bekannt. Meisterhafte Tierreliefs schufen die Assyrer. Auch in der Frühzeit der griechischen Kunst spielen Tierdarstellungen eine bedeutende Rolle: formelhaft als Schmuck an Gefäßen und als Statuetten in Ton und Bronze. Mit dem Eindringen orientalischer Elemente gewinnt u. a. die Darstellung des Löwen an Bedeutung. Bevorzugtes Tier der griechischen Kunst ist aber das Pferd; ein Höhepunkt in der Erfassung von Organismus und Wesen des Pferdes ist der Parthenonfries. Eine völlig andere Wiedergabe von Tieren entwickelten die Germanen während der Völkerwanderungszeit im germanischen Tierstil, dessen Voraussetzungen u. a. im eurasiatischen Tierstil liegen. Die Tierornamentik der Völkerwanderungszeit, der auch sinnbildliche Bedeutung zukommt, lebt besonders in den keltisch-irischen Bilderhandschriften des 7. und 8. Jahrhunderts, aber auch in der romanischen Bauornamentik weiter. Im Mittelalter übernahmen die Künstler den schon in frühchristlicher Zeit geprägten Symbolgehalt, der im Physiologus, der wichtigsten Quelle mittelalterlicher Tiersymbolik, zusammengestellt ist. Mit dem Naturstudium vieler Künstler in der Renaissance löst sich die Tierdarstellung aus ihrer symbolischen und allegorischen Gebundenheit (u. a. Zeichnungen von Pisanello und A. Dürer, Kleinbronzen von A. Riccio). Durch die Schaffung des »Tierstücks« in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts wird die Tierdarstellung zur selbstständigen Bildgattung (u. a. bei P. Potter, F. Snijders). Bedeutende Tierdarstellungen in der Plastik entstanden im 19. Jahrhundert; besonderes Interesse galt hier wieder Pferd und Löwe (u. a. B. Thorvaldsen, Löwendenkmal in Luzern, 1818). Im 19. und 20. Jahrhundert gehören Tierdarstellungen zum Hauptthema einzelner Künstler (u. a. A.-L. Barye, F. Marc, A. Gaul, R. Sintenis, M. Marini, P. Harth, H. Wimmer).
 
Literatur:
 
F. D. Klingender: Animals in art and thought to the end of the Middle Ages (1971);
 W. von Blankenberg: Heilige u. dämon. Tiere (21975);
 
Tierbilder aus vier Jahrtausenden. Antiken der Slg. Mildenberg, Beitrr. v. A. P. Kozloff u. a., Ausst.-Kat. (a. d. Amerikan., 1983);
 G. Bammes: Große Tieranatomie. Gestalt, Gesch., Kunst (1991);
 
Animals in African art, bearb. v. A. F. Roberts u. a. (New York 1995);
 R. Stoll: Tiere auf röm. Münzen (1995);
 J. Gierlichs: Mittelalterl. Tierreliefs in Anatolien u. Nordmesopotamien (1996).

Universal-Lexikon. 2012.