Zentralmassiv,
Zentralplateau [-plato], französisch Massif Central [masif sã'tral], Mittelgebirge in Frankreich, mit rd. 85 000 km2 das ausgedehnteste Gebirge des Landes, westlich der unteren Saône und der Rhône gelegen. Den südlichen und südöstlichen Abschluss bilden die Cevennen und die Causses mit der vorgelagerten Bergkette Montagne Noire. Stark zerschnittene Hochflächen (Rumpfflächen), die sich im Limousin vom Plateau de Millevaches treppenartig nach Westen abdachen, verleihen dem Zentralmassiv weithin Plateaucharakter, jedoch ergibt sich eine stärkere Gliederung v. a. im Nordosten durch die parallel zum Rhônegraben verlaufenden Grabensenken und Einbruchsbecken im Bereich des Allier und der oberen Loire. Im äußersten Nordosten fällt der isoliert gelegene Morvan zur Saônesenke steil ab. Zwischen der Limagne und dem Becken von Forez an der Loire erheben sich die Monts du Forez und die Monts du Livradois, südlich des Beckens von Saint-Étienne die Monts du Vivarais, nördlich desselben eine Reihe kleiner, durch Ausräumungssenken voneinander getrennter Massive: Monts du Lyonnais, Monts du Beaujolais, Charollais. Im zentralen Teil des Gebirgslandes schuf tertiärer und quartärer Vulkanismus eine Reihe ausgedehnter Massive, die sich vom Puy de Dôme im Norden über Mont Dore (mit dem höchsten Gipfel des Zentralmassivs, dem 1 886 m hohen Puy de Sancy), Cantal und Aubrac bis zum Velay erstrecken. Zwischen Cantal und Aubrac im Westen und dem Velay im Osten liegen die Monts de la Margeride. Das Zentralmassiv wird nach allen Seiten entwässert: nach Nordosten und Norden durch die Loire und ihre Zuflüsse (Allier, Cher, Indre, Creuse, Vienne) sowie die Yonne, nach Westen durch die Dordogne und ihre Zuflüsse, im Südwesten durch Truyère sowie Lot und Tarn, im Südosten durch die Abdachungsflüsse der Cevennen (Hérault, Gard, Ardèche) zur Rhône oder direkt zum Mittelmeer.
Im Süden und Südosten ist das Klima mediterran geprägt; der Osten und die im Lee gelegenen Becken sind trockenwarm und erhalten nur rd. 500 mm Jahresniederschlag, während der Westen und die Höhengebiete im Innern stark beregnet sind (1 100-2 000 mm; v. a. im Sommer). Oberhalb von 1 000 m über dem Meeresspiegel liegt im Winter mehrere Monate eine feste Schneedecke.
Im 18. Jahrhundert noch relativ dicht besiedelt, ist das Zentralmassiv seit Beginn des 19. Jahrhunderts durch Bevölkerungs-Abwanderung gekennzeichnet und heute einer der am dünnsten besiedelten Teile Frankreichs. Die größeren Städte (Saint-Étienne, Clermont-Ferrand, Limoges) liegen am Rand.
Das Zentralmassiv gehört wirtschaftlich zu den am wenigsten entwickelten Gebieten Frankreichs. Die ursprüngliche Bewaldung ist durch Holznutzung, Feld-Wald-Wechselwirtschaft mit Brandrodung und Weidegang zurückgedrängt worden. In der Höhe haben Heideflächen und Weiden starken Anteil, in der Laubwaldstufe herrscht Ackerbau vor; Äcker und Wiesen sind von Hecken umgeben (Bocage). Im nördlichen Zentralmassiv wird Rinderweidewirtschaft betrieben, im Süden Schafhaltung; Schweinehaltung ist überall verbreitet. Angebaut werden v. a. Roggen und Hafer, ferner Rüben, Kartoffeln und Futterpflanzen. In den Gräben (v. a. Limagne) und Becken gibt es Obst-, Gemüse- und Weinbau; Letzterer findet sich v. a. am Ostabfall in den Monts du Beaujolais und im Mâconnais. Einer Intensivierung der Landwirtschaft stehen die ungünstigen natürlichen Gegebenheiten entgegen. - Früher hatte der Steinkohlenbergbau große Bedeutung; mehr als die Hälfte der französischen Produktion kam Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Zentralmassiv; bis 1960 sank der Anteil auf 20 % (11,4 Mio. t; 44 421 Beschäftigte), 1990 waren es noch etwa 10 % (1,7 Mio. t; 2 200 Beschäftigte), heute ist die Fördermenge ganz gering (1995: 1,1 Mio. t). Fördernde Reviere sind (1995): Aumance (Auvergne), Montceau-les-Mines, Graissessac (Cevennen), Décazeville und Carmaux (bei Albi). Fremdenverkehr haben, neben den Heilbädern, die an den längs der Verwerfungen auftretenden Mineral- und Thermalquellen entstanden sind, die landschaftlich reizvollen Gebiete des Zentralmassivs (Gorges du Tarn, Auvergne u. a.) sowie die Wintersportgebiete im Cantal. Die höchsten Teile der Cevennen sind als Nationalpark geschützt.
R. Michna: Massif Central. Marginalität in der Mitte Frankreichs (1993);
J. Anglade: Le Massif central au XIXe siècle (Paris 1996).
Universal-Lexikon. 2012.