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Merkur
Hg (Symbol); Quecksilber; Hydrargyrum; sonnennächster Planet; innerster Planet; Hermes (griechisch); Götterbote; Mercurius (römisch)

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Mẹr|kur1 〈m. od. n.; -s; unz.; AlchemieQuecksilber [<lat. mercurium,Merkur2]
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Mẹr|kur2 〈m.; -; unz.〉 Planet des Sonnensystems [lat., nach dem röm. Gott Mercurius]

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1Mer|kur, der od. das; -s [nach dem als sehr wendig beschriebenen röm. Götterboten Merkur (lat. Mercurius), wohl nach der großen Flexibilität des Elements]:
alchemistische Bez. für: Quecksilber.
2Mer|kur, der; -s:
(von der Sonne aus gerechnet) erster, innerster Planet unseres Sonnensystems.

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I
Merkur
 
[nach dem römischen Gott Merkur], Astronomie: Zeichen, der sonnennächste Planet. Merkur ist der kleinste der erdähnlichen Planeten und (nach Pluto) der zweitkleinste Planet im Sonnensystem. Er besitzt keinen natürlichen Satelliten, seine mittlere Dichte ist die zweitgrößte (nach der Erde).
 
Bewegungsverhältnisse:
 
Als unterer Planet steht Merkur, von der Erde aus gesehen, immer in der Nähe der Sonne (seine größte östliche und westliche Elongation beträgt 28 º); er geht daher selten mehr als eine Stunde vor der Sonne auf beziehungsweise mehr als eine Stunde nach ihr unter; Merkur zeigt Phasen wie der Erdmond. Im Mittel erreicht Merkur alle 116 Tage eine untere Konjunktion. Wenn diese in der Nähe eines der beiden Bahnknoten stattfindet (durchschnittlich alle 7 Jahre, z. B. am 15. November 1999 und am 7. Mai 2003), kann man Merkur mit dem Fernrohr als schwarzes Scheibchen vor der Sonne vorbeiziehen sehen (Merkurdurchgang). Die große Achse der Merkurbahn führt eine langsame Drehbewegung, die Periheldrehung aus, von der ein Teil auf einen relativistischen Effekt zurückgeht. Obwohl Merkur Abstand von der Erde mit 82 bis 217 Mio. km und seine scheinbare Größe von 5'' bis 15'' mit den entsprechenden Werten für Mars vergleichbar sind, ist er von der Erde aus aufgrund seiner Sonnennähe schwierig zu beobachten. Unter günstigen Bedingungen sind im Fernrohr lediglich einige dunkle Flächen zu erkennen, v. a. in der Nähe der Schattengrenze. Mithilfe von Radarbeobachtungen (erstmals 1963) und der Auswertung der von Mariner 10, der bislang einzigen Raumsonde im Bereich des Merkur (1974/75), übermittelten Bilder konnte die Rotationsperiode des Planeten mit 58,646 Tagen bestimmt werden, die genau 2/3 der Umlaufperiode beträgt; Rotations- und Umlaufperiode befinden sich also in einer Zweidrittelresonanz. Man nimmt an, dass sich Merkur früher schneller gedreht hat und seine Rotation durch Gezeitenwirkung der Sonne in Resonanz mit dem Umlauf gezwungen wurde. - Dem Verhältnis von Rotations- zu Umlaufsperiode entsprechend ist ein Sonnentag des Merkur zwei Merkurjahre lang, also fast 176 Erdtage. Da die Rotationsachse des Merkur fast senkrecht auf seiner Bahn steht, gibt es zwei auf dem Äquator gegenüberliegende Punkte, in denen immer im Perihel, und zwei weitere, um 90º verschobene Punkte, in denen immer im Aphel Mittag ist. Wegen der starken Exzentrizität der Bahn, die (nach der des Pluto) die zweitgrößte aller Planeten ist, beträgt die scheinbare Größe der Sonne im Aphel des Merkur 1,1 º und im Perihel 1,7 º, was zu einem beträchtlichen Unterschied in der eingestrahlten Sonnenenergie an diesen beiden Punkten führt.
 
Atmosphäre:
 
Wegen der durch die große Sonnennähe bedingten hohen Energieeinstrahlung und seiner geringen Schwerebeschleunigung konnte Merkur praktisch keine Atmosphäre halten. Messungen von Mariner 10 lassen auf die Existenz einer außerordentlich dünnen Atmosphäre mit Wasserstoff, Helium, Sauerstoff, Natrium und Kalium schließen. Der Gasdruck an der Merkuroberfläche beträgt nur das etwa 2 · 10-13fache des Atmosphärendrucks an der Erdoberfläche. Das dadurch bedingte Fehlen einer atmosphärischen Wärmespeicherung führt zu starken Temperaturdifferenzen: Während die Temperatur am Äquator mittags auf rd. 430 ºC ansteigt, sinkt sie nachts auf etwa —180 ºC ab.
 
Oberfläche:
 
Nach den bei den Vorbeiflügen von Mariner 10 gewonnenen, über 10 000 die halbe Oberfläche abdeckenden Aufnahmen ähnelt die Oberfläche des Merkur der des Mondes und ist von vielen Kratern zernarbt, die auf Einschläge kosmischer Körper in der Frühzeit des Sonnensystems zurückgehen. Einige jüngere Krater zeigen Strahlensysteme, wie sie vom Mond her bekannt sind. Aufgrund der Ähnlichkeiten der Oberflächenstruktur schließt man auf etwa die gleiche Krustendichte wie beim Mond. Wahrscheinlich besitzt Merkur einen schweren Kern aus Eisen mit einem Durchmesser von rd. 3 600 km. Merkur hat ein schwaches Magnetfeld, dessen Stärke an der Planetenoberfläche etwa 1 % der Magnetfeldstärke an der Erdoberfläche beträgt. Anscheinend hat es die Gestalt eines Dipolfeldes, dessen Achse um etwa 7 º gegen die Rotationsachse geneigt ist. Die Grenze der Magnetosphäre liegt wegen der Schwäche des Magnetfeldes nur wenig mehr als 1 000 km über der Merkuroberfläche. Neben kraterzerfurchten Gebieten weist Merkur weite Regionen mit jüngeren glatten Ebenen auf, am weitesten verbreitet sind die Zwischenkraterebenen mit mäßiger Dichte kleinerer Krater unter 20 km Durchmesser. Eine charakteristische Formation sind die wahrscheinlich auf Schrumpfung durch Abkühlung zurückzuführenden großräumigen Böschungen, ein System bogenförmiger Bergrücken, die zwischen 20 und 500 km lang und im Mittel etwa 1 km hoch und vermutlich über den ganzen Planeten verteilt sind. Sie durchschneiden alle Arten von Oberflächenformationen, einschließlich der Krater. Die größte bekannte Struktur mit einem Durchmesser von etwa 1 300 km ist das Caloris-Becken, das durch Einschlag eines großen Körpers (eines Satelliten oder Planetoiden) entstanden ist. In der Antipodenregion existiert ein unregelmäßig strukturiertes Gebiet, dessen Entstehung wahrscheinlich auf die Wirkung der Schockwellen des Einschlags zurückzuführen ist.
 
Merkur war als Planet bereits im alten Sumer bekannt, im klassischen Griechenland unter dem Namen Apollo als Morgenstern und unter dem Namen Hermes (der griechischen Entsprechung des römischen Merkur) als Abendstern.
 
II
Merkur,
 
1) Titel oder Titelbestandteil periodischer Druckschriften. Der Titel Merkur gehört zu den frühesten der europäischen Pressegeschichte und bezieht sich auf die Figur des Boten als eines Publizisten vor der Entstehung der Druckmedien. - »Der Deutsche Merkur«, später »Der Teutsche Merkur«, literarische Monatsschrift für das Bürgertum, wurde 1773-89 in Weimar von C. M. Wieland herausgegeben.
 
 2) Kulturzeitschrift, gegründet 1947 als Monatsblatt von Joachim Moras und Hans Paeschke, erscheint als »Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken« (Untertitel) im Verlag Klett-Cotta in Stuttgart; Auflage 5 000.
 
III
Merkur,
 
lateinisch Mercurius, der römische Gott des Handels und Gewerbes, später (v. a. in nachantiker Zeit) dem griechischen Hermes gleichgestellt. Den früher von lateinisch »mercari« (»Handel treiben«) abgeleiteten Namen sucht man heute als etruskisch zu erklären. Merkur hatte seit 495 v. Chr. in Rom einen Tempel am Aventin. In der Spätantike wurde er häufig in den römischen Provinzen verehrt, die von Kelten und Germanen besiedelt waren. - Die Römer bildeten ihn dem jugendlichen griechischen Hermes nach; Hermen versahen sie mit Porträtköpfen. Die Kelten in Gallien setzten Merkur anscheinend mit ihrem Teutates (der auch als Eber erscheint) in Beziehung, er erscheint deshalb häufiger bei Darstellungen der gallischen Triade Esus (Cernunnos), Teutates (Merkur) und Taranis (Jupiter) oder in der Gruppierung Taranis (Jupiter), Teutates (Merkur), Smertrius (Herkules), Minerva und Juno.
 
Literatur:
 
K. Latte: Röm. Religionsgesch. (21967, Nachdr. 1976);
 G. Radke: Die Götter Altitaliens (21979).
 

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1Mer|kur, der od. das; -s [nach dem als sehr wendig beschriebenen röm. Götterboten Merkur (lat. Mercurius), wohl nach der großen Flexibilität des Elements]: alchemistische Bez. für Quecksilber.
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2Mer|kur, der; -s: (von der Sonne aus gerechnet) erster, innerster Planet unseres Sonnensystems: Wegen seiner Sonnennähe ist M. nur selten sichtbar (FR 29. 1. 99, 31).

Universal-Lexikon. 2012.