Grie|chen|land; -s:
Staat im Süden der Balkanhalbinsel.
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Griechenland,
Fläche: 131 625 km2
Einwohner: (2001) 10,94 Mio.
Hauptstadt: Athen
Amtssprache: Neugriechisch
Nationalfeiertag: 25. 3.
Zeitzone: 1300 Athen = 1200 MEZ
neugriechisch Ellạs, altgriechisch Hẹllas, amtlich neugriechisch Ellinikị Dimokratịa [»Griechische Republik«], Staat in Südosteuropa, grenzt im Nordwesten an Albanien und Makedonien, im Norden an Bulgarien, im Nordosten an den europäischen Teil der Türkei; im Osten liegen einige der Ägäischen Inseln dicht vor der asiatischen Küste der Türkei. Die Staatsfläche Griechenlands umfasst 131 625 km2, davon entfallen 25 042 km2 auf die Inseln im östlichen Mittelmeer. Griechenland hat (2001) 10,94 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Athen. Amtssprache ist die neugriechische Sprache. Währung: 1 Euro (EUR, ) = 100 Cents. Zeitzone: Osteuropische Zeit (1300 Athen = 1200 MEZ).
Staat und Recht:
Nach der am 11. 6. 1975 in Kraft getretenen Verfassung ist Griechenland eine Republik. An ihrer Spitze steht der vom Parlament auf fünf Jahre gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl ist zulässig), dessen Amt durch Verfassungsänderungen vom März 1986 im Wesentlichen auf repräsentative Funktionen beschränkt wurde. Er vertritt den Staat völkerrechtlich, ist nominell Oberbefehlshaber der Streitkräfte und fertigt die vom Parlament beschlossenen Gesetze aus. Die Exekutive liegt bei der Regierung, die des Vertrauens des Parlaments bedarf. Der Präsident ernennt den Ministerpräsidenten, der in der Regel Führer der stärksten Parlamentsfraktion sein muss, und auf dessen Vorschlag die Mitglieder des Kabinetts. Oberstes gesetzgebendes Organ ist die Nationalversammlung (mindestens 200, höchstens 300 Abgeordnete, für vier Jahre gewählt). Seit 1990 wird das Parlament nach einem Mehrheitswahlrecht mit Elementen des Verhältniswahlrechts gewählt. Es besteht Wahlpflicht und eine Dreiprozentklausel. Der Präsident beruft das Parlament ein und kann dessen Sitzungsperiode für höchstens 30 Tage unterbrechen. In bestimmten Fällen hat er das Recht, das Parlament aufzulösen, allerdings müssen dann binnen 30 Tagen Neuwahlen angesetzt werden.
Parteien:
Einflussreichste Parteien sind die sozialdemokratische Panellinio Sosialistiko Kinima (PASOK, deutsche Panhellen. Sozialistische Bewegung; gegründet 1974), die konservative Nea Dimokratia (ND, deutsche Neue Demokratie; gegründet 1974), die Kommunistiko Komma Elladas (KKE, deutsche Kommunistische Partei Griechenlands; gegründet 1918), die Synaspismos tis Aristeras ke ti Proodu (SYNASPISMOS, deutsche Koalition der Linken und des Fortschritts; gegründet 1989 als Allianz verschiedener politischer Gruppen, seit 1992 Partei) und die Dimikratiki Kinoniku Kínimal (DIKI, deutsche Demokratische Soziale Bewegung; gegründet 1995; linkssozialistisch)
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Die Allgemeine Konföderation der Griechischen Arbeiter (GSEE; gegründet 1918) umfasst in 82 Föderationen rd. 5 000 Einzelgewerkschaften mit rd. 700 000 Mitglieder Seit 1950 - mit einer Unterbrechung während der Militärdiktatur - ist der Gewerkschaftsverband Mitglied des IBFG, seit 1976 auch des EGB. Daneben existiert die Gesamtgriechische Gewerkschaft der Seeleute (PNO; gegründet 1920) als Dachverband von 14 Einzelgewerkschaften.
Das Wappen (1975 nach der Abschaffung der Monarchie eingeführt) zeigt im Wappenschild in Blau (Symbol für das Meer) ein silbernes Kreuz, das im früheren Staatswappen schwebend war. Der Schild ist umrahmt von zwei Lorbeerzweigen. - Die seit 1828 populäre neunstreifig blauweiße Flagge mit dem Kreuzfeld in der Oberecke wurde am 22. 12. 1978 als allgemeine Nationalflagge gesetzlich wieder eingeführt.
Nationalfeiertage:
Nationalfeiertag ist der 25. 3., der als traditioneller »Unabhängigkeitstag« an den Beginn des Aufstandes gegen die Türken 1821 erinnert.
Griechenland besteht aus zehn Regionen, die sich in Verwaltungsbezirke (»Nomoi«) untergliedern. Die Mönchsrepublik Athos genießt einen Sonderstatus (privilegiertes Selbstverwaltungsrecht).
Seit dem 23. 2. 1946 gilt das wesentlich vom deutschen BGB beeinflusste Zivilgesetzbuch. Das Handelsrecht ist u. a. kodifiziert in dem Gesammelten über den unlauteren Wettbewerb von 1914, dem Gesammelten über Aktiengesellschaften von 1920 (geändert 1962), den Wechsel- und Scheckgesetzen sowie dem Kartellgesetz von 1977. Seit 1968 gilt eine neue Zivilprozessordnung, seit 1970 ein neues Adoptionsrecht; die Ehescheidung ist seit 1979 bei mindestens sechsjähriger Trennung der Eheleute zulässig. 1983 erfolgte durch die Änderung des Familienrechts die völlige rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau sowie von ehelichen und nichtehelichen Kindern.
Der Gerichtsaufbau ist dreigliedrig. Als oberste Gerichte fungieren in Athen der Staatsrat für das Verwaltungsrecht, der Areopag für das Zivil- und Strafrecht sowie der Rechnungshof. 1975 wurde ein aus Mitgliedern der drei obersten Gerichte bestehendes oberstes Sondergericht geschaffen, das u. a. über die Gültigkeit von Wahlen und Volksabstimmungen oder aber bei Streitfällen zwischen Gerichten entscheidet. Des Weiteren existieren Magistratsgerichtshöfe und Friedensrichter sowie Kreis- und Appellationsgerichte.
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Dienstzeit je nach Teilstreitkraft 15-23 Monate) beträgt rd. 166 500, die der paramilitärischen Kräfte (Gendarmerie) 35 000 Mann; auf Zypern sind etwa 2 000 Soldaten stationiert. Seit 1978 können auch Frauen freiwillig bei allen Waffengattungen dienen. Einen zivilen Ersatzdienst für Wehrdienstverweigerer gibt es nicht. Das Heer (122 000 Soldaten) verfügt über acht Infanteriedivisionen, fünf Panzerbrigaden und sieben mechanisierte Brigaden sowie weitere Kampf- und Kampfunterstützungsverbände auf Regiments- und Bataillonsebene. Die Luftwaffe hat 25 000, die Marine rd. 19 500 Mann. Die Ausrüstung umfasst im Wesentlichen etwa 1 800 Kampfpanzer (M-60, Leopard 1 und M-48), rd. 300 Kampfflugzeuge (A-7, F-4 Phantom, F-5, F-16, Mirage F-1 und Mirage 2 000), sieben Zerstörer, neun Fregatten, zehn U-Boote und 39 Kleine Kampfschiffe. - Das Land ist Mitglied der NATO (1974-80 Austritt) sowie der WEU und verwendet etwa 10 % der Staatsausgaben für die Verteidigung. Zusätzlich erhält Griechenland eine US-Militärhilfe von rd. 120 Mio. US-$ jährlich.
Landesnatur und Bevölkerung:
Griechenland umfasst den Süden der Balkanhalbinsel. Den südlichsten Teil des griechischen Festlands nimmt die Halbinsel Peloponnes ein. Der Westküste des Festlands sind die Ionischen Inseln vorgelagert. Die Inseln im Ägäischen Meer gehören mit Ausnahme von İmroz und Bozca Ada (türkisches Staatsgebiet) alle zu Griechenland. Der Halbinsel- und Inselstaat mit rd. 15 000 km Küsten (4 100 km Festlandsküsten) wird vorwiegend von Gebirgsland eingenommen, in das zahlreiche kleinere Becken eingeschlossen sind. Obwohl das Meer mit vielen Buchten tief in das Land eingreift und die Küsten stark gegliedert sind, ist Griechenland arm an guten Häfen, sodass einzelne Landesteile sogar vom Meer her schwer zugänglich sind. Schroffe Geländeformen, steile Beckenränder, Durchbruchstäler, stark erodierende, Schotter führende Flüsse, Bodenabspülung und Badlandsbildungen prägen das Landschaftsbild. Der westliche Teil des griechischen Festlands wird wie die Ionischen Inseln von geologisch jungen Faltengebirgen (verkarstete Kalkketten mit eingelagerten Flyschzonen) durchzogen. Zentraler Kamm (Wasserscheide zwischen Ionischem und Ägäischem Meer) ist der Pindos, der im Smolikas 2 637 m über dem Meeresspiegel erreicht; er setzt sich auf der Halbinsel Peloponnes (Taygetos 2 407 m über dem Meeresspiegel) und bogenförmig über Kreta (bis 2 456 m über dem Meeresspiegel) und Rhodos (bis 1 215 m über dem Meeresspiegel) zum kleinasiatischen Festland fort. Bei den W-O verlaufenden Gebirgen Ost- und Nordostgriechenlands handelt es sich um flachwellige Rumpfschollengebirge, deren variskisch gefaltete Massen (Pelagon. Masse, Thrakisch Masse) zum Teil auch in den Ägäischen Inseln erhalten blieben. Die durch die großen, ständig Wasser führenden Balkanflüsse aufgeschütteten oder durch tertiäre Ablagerungen aufgefüllten großräumigen Ebenen in Nordostgriechenland (Thrakien, Makedonien) sind nach Trockenlegung von Seen und Sümpfen die landwirtschaftlich ertragreichsten Gebiete geworden. Die größte geschlossene Landschaft, Thessalien, ist rings von Gebirgen umgeben; im Osten bilden Olymp (mit 2 917 m über dem Meeresspiegel der höchste Berg des Landes), Ossa und Pelion einen Riegel, der nur vom Peneios in der engen Schlucht des Tempetals durchbrochen wird. Aus Nordwest-Thessalien führt über den Pindos (Katarapass 1 705 m über dem Meeresspiegel) die einzige bedeutende O-W-Straße nach Epirus. Die aus dem Pindos kommenden Flüsse Arachthos und Acheloos schufen im Südwesten des Landes (Akarnanien, Ätolien) anbaugünstiges Schwemmland um die Golfe von Arta und Patras. Auf der Landbrücke Mittelgriechenlands zwischen den Golfen von Euböa und von Korinth (Attika, Böotien) liegen hinter der Stadt- und Industrielandschaft Athen-Piräus-Eleusis in kleinen Becken, Ebenen und Tälern reine Agrargebiete.
Griechenland besitzt ein subtropisches Winterregenklima (Passatwechselklima mit winterlicher Zyklonalwitterung). Die warmen, trockenen Sommer sind durch Winde aus nördlichen Richtungen (Etesien) gekennzeichnet, die Winter durch Regen bringende Winde aus westlichen Richtungen. Niederschläge, Temperatur und Winde werden durch Höhenlage und Exposition wesentlich modifiziert. So erhält die Westseite Griechenlands aufgrund ihrer Exposition gegen die vom Atlantik kommenden winterlichen Westwinde wesentlich höhere Niederschläge als die Ostseite (z. B. Korfu 1 239 mm, Saloniki 441 mm, Patras 728 mm, Athen 395 mm/Jahr). Insgesamt sind die Klimaeigenschaften der Westseite maritimer: der Tages- und Jahresgang der Temperaturen ist ausgeglichener, Frosttage kommen seltener vor. Trotz höherer Niederschläge und höherer Luftfeuchte ist die durchschnittliche Zahl der Sonnentage nicht geringer. Bei niedriger relativer Luftfeuchtigkeit liegen die Temperaturwerte in den Sommermonaten sehr hoch (bis 45 ºC). In den Gebirgen liegt im Winter regelmäßig Schnee. Kaltlufteinbrüche aus dem Norden führen aber auch im Flachland gelegentlich zu Schneefällen insbesonders in Nordgriechenland. Die durch großflächige Luftdruckverteilung in den Sommermonaten regelmäßig aus nördlichen Richtungen wehenden Etesien erlangen über dem Meer oft Sturmstärke. Oberflächengestalt und unterschiedliche Erwärmung von Land und Meer führen zur Ausbildung lokaler Winde (Berg-Tal-Winde, Land-See-Winde und umgekehrt), die häufig die großräumigen Winde unterlagern, sowie zu Föhn im Lee der Gebirge und Düseneffekten. Besondere klimatische Eigenschaften haben die intramontanen Becken, an deren Grund sich besonders im Winter Kaltluftseen bilden. Breite Schotterbetten sind Ausdruck der dem Niederschlagsgang angepassten unterschiedlichen Wasserführung der Flüsse. Während die Flüsse im Westen Griechenlands das ganze Jahr über Wasser führen, trocknen die meisten von ihnen im Osten während der Sommermonate weitgehend aus; nur die aus dem Inneren der Balkanhalbinsel und damit einem anderen Klimagebiet kommenden Flüsse (Axios, Strymon, Nestos, Evros) führen ganzjährig Wasser.
Vegetation und Tierwelt:
Die mediterrane immergrüne Hartlaubzone mit Steineiche, Johannisbrotbaum, wildem Ölbaum und Aleppokiefer beschränkt sich auf dem Festland auf die Küstenbereiche und reicht nur im Südwesten Mittelgriechenland und auf der Peloponnes weiter in das Landesinnere. Winterkahle Eichen, Hainbuchen und Eschen sind Charakterbäume der auf sie landeinwärts und in der Höhe folgenden submediterranen, winterkahlen Laubmischwaldzone, der immergrüne Gewächse keineswegs fehlen (u. a. die gegen Viehverbiss resistente Kermeseiche in Buschform). Oberhalb schließt sich die kontinentale Laubmischwaldzone an mit Balkaneiche, Silberlinde und Zerreiche. In den nördlichen Gebirgen Griechenlands folgen auf sie unterhalb der Mattenzone zum Teil ausgedehnte montane und subalpine Buchen- und Nadelwälder mit Rotbuche, Weißtanne und Schwarzkiefer, in den Rhodopen auch mit Fichte; im Süden entspricht dem eine Zone mit der Griechischen Tanne. Entlang der Flüsse herrscht eine Auenvegetation mit Platanen, Oleander, Weiden und (im Mündungsbereich) salztoleranten Tamarisken. Bereits seit der Antike erfuhr die natürliche Vegetation durch Umwandlung in Kulturland, Beweidung, Holzentnahme u. a. eine starke Veränderung, wurden Wälder großflächig zerstört. Macchie und Phrygana sind Ergebnisse der Einwirkung des Menschen unter den spezifischen klimatischen und edaphischen Bedingungen. Wie die Vegetation so ist auch die Tierwelt Griechenlands artenreich und gekennzeichnet durch Anpassungsformen an die spezifischen Umweltbedingungen (v. a. das Klima). Dieser Artenreichtum resultiert aus dem Zusammentreffen östlich-kontinentaler, mitteleuropäischer und mediterraner Elemente. Durch die große Zahl von Inseln und isolierten Gebirgsstöcken entstanden viele Endemiten. Jagd, Unkenntnis und Gleichgültigkeit ließen viele Tierarten im Land aussterben oder bedrohen sie stark. Naturschutz ist noch schwach entwickelt. An Schutzkategorien gibt es in Kern- und Randzonen gegliederte Nationalparks, so genannte ästhetische Wälder, Jagdschutzgebiete, nach der Ramsar-Konvention geschützte Feuchtgebiete und Naturdenkmäler. Als Nationalparks wurden Teile der Bergregionen von Olymp, Parnass, Parnes, des Ainosgebirges auf Kephallenia, der Giona und des Pindos, Samariaschlucht auf Kreta und die Vikosschlucht in Epirus, das Prespaseegebiet und Kap Sunion ausgewiesen, insgesamt weniger als 700 km2.
Von (2001) 10,94 Mio. Einwohnern haben rd. 98 % Griechisch als Muttersprache. Größte Minderheit bilden die Türken, die zusammen mit den Pomaken und den türkischen Zigeunern (turkogyphtoi) als Muslime Minderheitenschutz nach den Verträgen von Lausanne (1923) genießen. Sie leben v. a. in den thrakischen Bezirken Xanthi und Rhodope. Vertraglichen Minderheitenschutz genießen auch die Juden, deren Zahl durch den Holocaust des Zweiten Weltkrieges allerdings auf einen kleinen Rest schrumpfte (Saloniki hatte 1941 über 60 000 Juden, heute wenig über 1 000). Die heute größtenteils grazisierten romanischsprachigen Aromunen (1951: 42 000) und die griechischsprachigen Sarakatsanen, von den Griechen auch als Vlachen bezeichnet, sind ursprünglich v. a. als Wanderhirten in den Gebirgen lebende Volksgruppen, die heute zum großen Teil sesshaft geworden sind. Auch die Slawophonen in Griech.-Makedonien sind heute weitgehend gräzisiert. Albaner leben zurzeit etwa (geschätzt) 300 000 v. a. illegal in Griechenland. Die Säuglingssterblichkeit betrug (1997) 0,7 %, die Kindersterblichkeit 0,8 %, das jährliche Bevölkerungswachstum (1990-97) 0,4 % (Geburten und Sterbeziffer je 1 %), die Lebenserwartung (1997) 78 Jahre. Die Bevölkerung wuchs zwischen 1951 2001 um circa 3,4 Mio. 15,8 % waren (1999) jünger als 15, 16,5 % älter als 65 Jahre. Das Bildungsniveau im Alter von 25-59 Jahre würde bei circa 50 % als niedrig, nur bei 18 % als hoch eingestuft. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 83 Einwohner pro km2 verschleiert, dass die Verteilung innerhalb des Landes sehr ungleich ist. Über ein Drittel der Bevölkerung lebt in der große Teile Attikas erfassenden Agglomeration Athen, weit über 50 % - bei steigender Tendenz - auf der Achse Athen-Saloniki, Ergebnis lang anhaltender Binnenwanderung. Emigration und Remigration beeinflussten die Bevölkerungsentwicklung, die -verteilung und die wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands. Weit über 1 Mio. Menschen verließen nach dem Krieg als Auswanderer auf Dauer (v. a. in die USA, nach Australien und Kanada) und auf Zeit als Arbeitsmigranten (Gastarbeiter) das Land. Bereits vor der Jahrhundertwende hatte die Auswanderung nach Übersee begonnen. Während die Auswanderung dorthin v. a. aus Süd- und Mittelgriechenland erfolgt(e), kommen die Gastarbeiter seit Beginn der 60er-Jahre (Tabakkrise) ganz überwiegend aus den nordgriechischen Regionen Epirus, Makedonien und Thrakien, wohin die Mehrzahl auch wieder zurückkehrte. Auch in Griechenland schreitet der Verstädterungsprozess voran. Während im Jahr 1951 noch 34 % in Städten über 10 000 Einwohner und 15,9 % in Siedlungen mit 2 000—10 000 Einwohnern lebten, waren es 1991 58,8 % und 12,8 %.
Die Religionsfreiheit ist gesetzlich geschützt, nach Artikel 3 der Verfassung ist jedoch die griechisch-orthodoxe Kirche als Trägerin der »vorherrschenden Religion Griechenlands« Staatskirche. Ihr gehören rd. 97 % der Bevölkerung an. Über das Ministerium für Erziehung und religiöse Angelegenheiten wirkt der Staat (ohne Stimmrecht) an Entscheidungsfindungen der Heiligen Synode mit; eine künftige Trennung von Staat und Kirche wird diskutiert. Die katholische Kirche hat rd. 58 000 Mitglieder (vier Erzbistümer: Athen, Korfu, Naxos, Rhodos); dem byzantinischen Ritus gehören rd. 2 300, dem armenischen Ritus rd. 650 Katholiken an. Die rd. 10 000 armenischen Christen des Bistums Athen unterstehen dem Katholikat von Kilikien (Sis). Die kleinen protestantischen Kirchen haben rd. 20 000 Mitglieder (»Griechische Evangelische Kirche«, »Evangelische Kirche deutscher Sprache in Griechenland«, Pfingstkirchen). Die rd. 150 000 sunnitischen Muslime (Türken, Pomaken, Albaner) leben v. a. in Thrakien und gehören der hanefitischen Rechtsschule an. Jüdische Gemeinden mit insgesamt rd. 5 000 Mitglieder bestehen in Athen, Saloniki und Larissa. Eine weitere religiöse Minderheit bilden die Zeugen Jehovas mit etwa 25 000 Mitgliedern.
Seit der Schulreform von 1964 ist der Schulbesuch kostenlos. Nach der freiwilligen zweijährigen Vorschulerziehung ab dem 3. Lebensjahr besteht vom 5./6. Lebensjahr an eine neunjährige Schulpflicht. Den Pflichtschulbereich bilden die Primarschule (sechs Jahre) und das Gymnasium (drei Jahre; Sekundarstufe I). Auf dem Gymnasium baut das Lyzeum auf (drei Jahre; Sekundarstufe II), das in einen allgemein bildenden und einen technischen Zweig gegliedert ist und zur allgemeinen beziehungsweise fachgebundenen Hochschulreife führt. Neben den öffentlichen Schulen gibt es Privatschulen aller Art unter staatlicher Aufsicht. Die Alphabetisierungsquote beträgt 96,6 %. Das Hochschulwesen umfasst u. a. folgende Einrichtungen: sechs Universitäten (Athen, Ioannina, Komotini, Patras, Rethymnon, Saloniki), eine TH (Athen) und sechs weitere Hochschulen (Athen: Wirtschafts- und Handelswissenschaften, politische Wissenschaften, Landwirtschaft, Kunst; Piräus und Saloniki: Industrie).
Presse: In Griechenland herrscht Pressefreiheit. Die Zeitungen werden zunehmend von Hörfunk und Fernsehen verdrängt; Nachmittagszeitungen sind populärer als Morgenzeitungen. Es erscheinen 122 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 1,4 Mio. Exemplaren. Wichtige Athener Tageszeitungen sind die rechtsoppositionelle »Eleftheros Typos«, die sozialistische »Eleftherotypia«, die rechtskonservative »Ethnos«, die liberale »Ta Nea« und der unabhängige »Apogevmatini«; außerdem erscheinen englischsprachige Publikationen. In Saloniki kommt u. a. »Thessaloniki« heraus. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Wochen- und Monatszeitschriften in griechischer und englischer Sprache.
»Athenagence - Athens News Agency« (ANA), gegründet 1896, ist die nationale griechische Nachrichtenagentur.
Die staatliche Rundfunkverwaltung »Elliniki Radiophonia Tileorassis - ERT S. A.« betreibt »Elliniki Radiophonia« (ERA) mit drei Radioprogrammen von Athen, neun lokalen Stationen mit teilweise eigenen Programmen, einem Mittelwellen- und einem weltweiten Kurzwellenprogramm (Stimme Griechenlands); das staatliche Fernsehen »Elliniki Tileorassi« sendet über ET 1, ET 2 und ET 3 mit zum Teil lokalen Stationen. Es gibt etwa 70 private Hörfunksendestationen und seit 1990 auch private Fernsehgesellschaften (z. B. Mega-Channel, Antenna TV, TV-Macedonia). Insgesamt existieren rd. 200 Privatsender, davon nur 12 mit staatlicher Lizenz.
Wirtschaft und Verkehr:
Trug die Wirtschaft Griechenlands noch vor wenigen Jahren bei einer hohen Inflationsrate deutliche Entwicklungsmängel in Art und Struktur der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion (u. a. Kleinbetriebe, Fehlen von High-Tech-Industrien, einseitige Branchenstruktur usw.), der Qualifikation der Beschäftigen und der Produktentwicklung, sowie der Effektivität des Dienstleistungssektors, so machte sie unter der Regierung von Simitis unter dem Zwang der bevorstehenden europäischen Währungsunion (Griechenland gehört zur ersten Gruppe, die den Euro einführt) deutliche Fortschritte, auch wenn weiterhin große Defizite bestehen und der Entwicklungsabstand zu den am höchsten entwickelten Staaten der EU blieb. Die Inflationsrate sank von 12,2 % (1990—96) auf 3 % (1999), die offizielle Arbeitslosigkeit stieg allerdings auf 11,7 % (1999), wobei versteckte Arbeitslosigkeit und Schattenwirtschaft hoch sind.
Das BSP betrug 1997 122 430 Mio. $, das BIP (1996) 122 946 Mio. $, bei einem realen Zuwachs (1990—96) von 1,6 %. Am BIP hatte der primäre Sektor mit 8,1 % (1999: 17,8 % der Beschäftigten), der sekundäre mit 23,3 % (1999: 23 % der Beschäftigten) und der tertiäre mit 68,6 % (1999: 59,2 % der Beschäftigten) Anteil.
Das Leistungsbilanzsaldo wies 1997 ein Defizit von 4,9 Mrd. $ aus. Die Ausgaben des Staates für Gesundheit machten 7 %, für Bildung 9 % und für Verteidigung 7 % aus. 1997 hatte das Land 10,6 Mio. Auslandsgäste, die 3,8 Mrd. $ einbrachten. Innerhalb Griechenlands bestehen zwischen den Regionen erhebliche Unterschiede im wirtschaftlichen Entwicklungsstand. Das BIP pro Einwohner betrug in der Region Thrakien 1994 61 % des BIP pro Einwohner der Region Attika. In der Agglomeration Athen konzentriert sich ein weit über dessen Bevölkerungsanteil liegender Anteil der Wirtschaftskraft.
Die Strukturen der landwirtschaftlichen Betriebe sind gekennzeichnet durch geringe Flächenausstattung (1991: 4,3 ha bei regional deutlichen Unterschieden), starke Besitzzersplitterung aufgrund von Erbteilungen, einen unbeweglichen Bodenmarkt und geringe Pachtanteile. Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen ist unzureichend entwickelt. Die klimatischen Bedingungen lassen Baum- und Strauchkulturen (Anbau von Oliven, Agrumen, Obst, Wein) hervortreten (1996): 135 000 ha Weinland, 954 000 Baumkulturen, während Dauergrünland eine geringe Rolle spielt. Unter den Ackerkulturen spielen Getreide (Hart- und Weichweizen), Mais, Baumwolle, Zuckerrüben, Kartoffeln, Melonen. Gemüse und v. a. Tabak die wichtigste Rolle, wobei sich die Gewichte bei veränderter EU-Subventionierung schnell ändern. Rd. 35 % der Anbaufläche von 3,94 Mio. ha wurden 1996 bewässert. Durch die - ökologisch äußerst umstrittene - Umleitung des Acheloos soll die bewässerbare Fläche in Thessalien enorm erweitert werden. In der Viehhaltung dominiert die Haltung von Schafen und Ziegen (1996: 8,9 Mio. Schafe, 5,5 Mio. Ziegen), die sowohl ortsfest wie in Form der in den letzten Jahren stark zurückgegangenen Fernweidewirtschaft (Aromunen) gehalten werden (1996: 0,9 Mio. Tiere). Außerdem wurden 1996 580 000 Rinder, 33 000 Pferde, 39 000 Maultiere, 83 000 Esel und circa 1 Mio. Schweine gehalten. Unter den bäuerlichen Nebennutzungen spielt die Imkerei eine Rolle.
Von den rd. 2,2 Mio. ha Wald (1996) werden nur 4 % intensiv, 24 % extensiv bewirtschaftet. Für die Forstwirtschaft wichtigste Gebiete sind die Nadelwälder von Pindos und Rhodopen. 1996 betrug die eingeschlagene Rundholzmenge 672 000 m3, das geschlagene Feuerholz 640 000 t. Nebenprodukte der Forstwirtschaft sind Holzkohle (1996: 12 000 t) und das u. a. für die Herstellung des Retsina erforderliche Harz der Aleppokiefer (1996: 6 000 t). Waldbrände vernichten immer wieder große Waldflächen (so 2000 auf Samos). Wiederaufforstungen werden durch die klimatischen und edaphischen Bedingungen sowie Viehverbiss sehr erschwert. Den Wäldern in Griechenland kommt in besonderem Maße ökologische Bedeutung zu.
Fischarmut und Überfischung sind die Gründe dafür, dass der Fischerei in Griechenland trotz großer Küstenlänge und über 8 000 motorisierten Fischerbooten (1998) als Haupterwerb keine große Bedeutung zukommt. In jüngerer Zeit werden vermehrt Fischzuchten angelegt. 1998 wurden 113 000 t Fisch gefangen, davon waren circa 75 % Seefische, der Rest Tintenfische, Weich- und Krustentiere. Dazu wurden circa 10 000 kg Schwämme geerntet.
Griechenland ist zwar nicht arm an Bodenschätzen, aber die Lagerstätten sind zumeist klein. Es fehlen weitgehend die für die Entwicklung des Landes so wichtigen Energierohstoffe Erdöl und Steinkohle. Wichtige Bodenschätze sind Bauxit, eine Reihe von in der Industrie gebrauchten Mineralien wie Magnesit, Perlit, Schmirgel, Puzzolane sowie Marmor. Für die heimische Energiewirtschaft spielen die Braunkohlevorkommen bei Kosani, auf Euböa und bei Megalopolis eine Rolle. Das bei der Insel Thasos im Meer gewonnene Erdöl deckt nur einen ganz geringen Teil des griechischen Bedarfs.
Die Kapazität der installierten Wärme- und Wasserkraftwerke belief sich 1995 auf rd. 9 200 MW. Insgesamt wurden 1995 37 600 Mio. kWh, davon 33,8 Mio. (= 89,9 %) in Wärmekraftwerken und 3,8 Mio. in Wasserkraftwerken erzeugt (1999 ging als vorerst letztes Kraftwerk das ökologisch umstrittene Werk am Nestos an das Netz). Solarenergie spielt v. a. für die häusliche Warmwasserbereitung eine Rolle. 35 % des Primärenergieverbrauches wurden durch feste Brennstoffe (v. a. im Lande abgebaute Braunkohle), 60 % durch Öl gedeckt.
Auch wenn die Industrie in den letzten Jahren einen Modernisierungsschub erfuhr, sind immer noch geringe Kapitalausstattung, unterdurchschnittlicher Produktivität, kleine Betriebsgrößen, vielfach unzureichende Qualifikation der Beschäftigten bei hohem Anteil von un- und angelernten Arbeitskräften, mangelnde vertikale und horizontale Verflechtungen und unausgewogene Branchenstruktur Merkmale des sekundären Sektors. Wichtigste Industriezweige sind Textil- und Bekleidungsindustrie, Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, Tabakverarbeitung sowie Holz- und Metallverarbeitung. Insbesondere die Betriebe der Textil- und Bekleidungsindustrie sind »verlängerte Werkbänke« v. a. deutsche Firmen, die im Auftrag für diese produzieren. Sie werden nach dem Umbruch in den sozialistischen Nachbarstaaten zum Teil in diese verlegt. Wichtigste Industriestandorte sind die Agglomerationen von Athen und Saloniki sowie Volos und Patras. Zur Dezentralisierung der industriellen Entwicklung wurden in vielen Bezirken Industrieparks eingerichtet beziehungsweise geplant.
Wichtigster Sektor der Volkswirtschaft ist der Dienstleistungssektor mit 1991 über 50 % der Erwerbspersonen (1997: 57,7 %). Von diesen waren 36,2 % im Handel, Gaststätten- und Hotelgewerbe tätig, 13,8 % im Transport- und Kommunikationswesen, 10,6 % im Bereich Banken und Versicherungen und 39,4 % in anderen Bereichen, v. a. in der staatlichen Verwaltung.
Mit (1996) 9,2 Mio. Touristen spielt der Tourismus eine bedeutende Rolle als Wirtschaftsfaktor. Sonne, Meer, die Zeugnisse der antiken Kultur und eine gastfreundliche Bevölkerung sind die Hauptattraktionen. Über 80 % der Touristen reisen per Flugzeug ein und bevorzugen Südgriechenland sowie die Inseln des Ionischen und Ägäischen Meeres als Reiseziel. Die räumliche Ungleichheit der Verteilung ist dabei ebenso ein Problem wie die zeitliche. Wintersport ist zwar am Parnass und in einigen anderen Gebirgen möglich, spielt aber noch keine Rolle.
Die Handelsbilanz weist seit vielen Jahren negative Salden aus. 1995 betrug das Defizit 3 367 477 Mio. US-$; der Exportwert betrug 1995 2 540 891 Mio. US-$, der Importwert 5 908 368 Mio. US-$. Haupthandelspartner Griechenlands sind die Staaten der EU, v. a. Deutschland, Italien und Großbritannien sowie die USA. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Ost- und Südosteuropa wächst der Handel mit den dortigen Staaten nur langsam. Unter den Importgütern dominieren Erdöle, Maschinen, Fahrzeuge und sonstige Fertigwaren, unter den Exportgütern, landwirtschaftliche Produkte (u. a. Olivenöl, Tabak, Gemüse und Gemüsekonserven, Frisch- und Trockenobst, Feta [Schafskäse], Fische und alkoholische Getränke), Baumwolle, Bergbauprodukte (Marmor, Bauxit, Mineralien), Bekleidung, Schuhe, Lederwaren und Spinnereierzeugnisse. Der Anteil mineralischer Rohstoffe und Agrarprodukte an den Exporten sank zwischen 1960 und 1991 von 87 % auf 21 %. Das permanente Handelsbilanzdefizit wird durch Handelschifffahrt (Griechenland besitzt die fünftgrößte Handelsflotte der Welt), Tourismus und Überweisungen von im Ausland lebenden Griechen (1995 lebten allein in Deutschland 336 893 Griechen) nicht voll ausgeglichen.
Verkehr:
Die griechische Handelsflotte gehört zu den größten der Welt mit (1996) 29 Mio. BRT (= 5,5 % der Welttonnage) und (1998) 1 903 Schiffen mit 26 Mio. BRT, darunter 401 Tanker mit 13 Mio. BRT und 546 Passagierschiffen. 90 % der Tonnage und 93 % der Schiffe fuhren 1998 unter griechischer Flagge (1981: 83 % der Tonnage und 89 % der Schiffe). Wichtigste Häfen sind Piräus und Eleusis, beide zur Agglomeration Athen gehörig. Mit Abstand folgen Saloniki und Patras. Wichtigste Fährhäfen im internationalen Passagierverkehr sind (1997) Patras mit 580 000 eingeschifften Passagieren, Igoumenitsa (405 000), Kerkyra (169 000) und Piräus (18 000). Mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien nahm der Fährverkehr über die Adria stark zu. Für den nationalen und internationalen Passagierverkehr weitaus wichtiger sind die Flughäfen. Gemessen an Starts und Landungen und der Zahl der beförderten Passagiere (1998 circa 14 Mio. ankommende Passagiere) liegt Athen (1998 circa 150 000 Landungen, 14 Mio. an- und abreisende Passagiere) weit an der Spitze, gefolgt von Thessaloniki (39 000/1,3 Mio.), Irakleion (33 000)/2,1 Mio.) und Rhodos (25 000/1,4 Mio.). Wichtigster Flughafen ist der neue Flughafen in »Eleftherios Venizelos« Spata bei Athen (2001 eröffnet); weitere internationale Flughäfen sind Thessaloniki, Irakleion, Rhodos, Korfu, Kos, Chania, Santorin und Kavala. Der sehr gut entwickelte Inlandsflugverkehr liegt weitgehend in Händen der Olympic Airways. Das überwiegend erneuerungsbedürftige griechische Schienennetz hat eine Streckenlänge von (1997) 2 503 km, davon 874 km Schmalspur, 45 km Bergbahn. Die Hauptstrecke führt von Athen über Saloniki nach Istanbul mit Abzweigen in Saloniki nach Belgrad, bei Serres nach Sofia und im Bezirk Evros nach Plovdiv. Die von Athen ausgehende Schmalspurbahn umrundet die Peloponnes. Die Hauptstrecke Athen-Saloniki-Skopje wird derzeit mit EU-Geldern modernisiert. Das insgesamt gut ausgebaute Straßennetz umfasst 38 265 km, wovon (1994) 9 158 km als Nationalstraßen ausgewiesen waren, wichtige Strecken davon als Autobahn oder autobahnähnliche Schnellstraßen (Saloniki-Athen-Patras mit Abzweigen in Saloniki zur makedonischen Grenze, in Korinth nach Tripolis). Eine den Pindos querende West-Ost-Autobahn, so genannte neue Via Egnatia) befindet sich in Planung, der Ausbau der Europastraße 90 Saloniki-türk. Grenze ist im Gange. Das Busnetz verbindet auch abgelegene Gegenden mit den Hauptorten. Mit 2,7 Mio. zugelassener privater PKWs kommen (1998) auf knapp 4 Einwohner 1 PKW. Bei Verkehrsunfällen und Verkehrstoten liegt Griechenland bezogen auf Einwohnerzahl und Zahl der Fahrzeuge mit an der europäischen Spitze.
Mittelmeerraum.
Frühzeit (bis etwa 800 v. Chr.): Der Schauplatz der griechischen Geschichte im weiteren Sinn ist der gesamte von den Griechen besiedelte Raum der Mittelmeerwelt, im engeren Sinn die von den Griechen »Hellas«, von den Römern »Graecia« genannte Halbinsel, die zugehörigen griechisch besiedelten Inseln und die Inseln des Ägäischen Meeres. Hier wanderten seit etwa 2000 v. Chr. indogermanische Stämme ein und vermischten sich mit der mediterranen Vorbevölkerung der Karer, Leleger und Pelasger. Sie begründeten zuerst die mittelhellad. Kultur (helladische Kultur), seit etwa 1550 dann unter dem Einfluss des minoischen Kreta (minoische Kultur) die mykenische Kultur. Damals entstanden offenbar größere Territorialherrschaften mit befestigten Zentren (Mykene, Pylos, Argos, Athen, Theben) und einer entwickelten Verwaltung (Tontafelarchive in der griechischen Linearschrift B). Die Existenz eines mykenischen Großreiches ist jedoch fraglich. Die Frühgriechen, die den Namen Achaier trugen, griffen auch nach Kreta über, das durch die Santorinkatastrophe (bisher um 1500 v. Chr. angenommen, nach jüngsten Untersuchungen bereits 1628 v. Chr., Thera) geschwächt war, und machten dort der minoischen Kultur ein Ende. Auch auf anderen Inseln der Ägäis, auf Zypern sowie an der West- und Südküste Kleinasiens setzten sich die Frühgriechen fest. Um 1200 fand die mykenische Kultur vermutlich durch den Einbruch der Seevölker (im Rahmen der heute in der Forschung umstrittenen ägäischen Wanderung) ihren Untergang. Im 12. Jahrhundert vollzog sich dann über Thessalien und über den Golf von Korinth die Einwanderung der Dorer (neuerdings angezweifelt und nur als eine Art Umgruppierung innerhalb des bisherigen griechischen Siedlungsraumes gedeutet), die große Teile Mittelgriechenlands und der Peloponnes besiedelten (nur in Arkadien hielten sich Reste der Frühgriechen) und auch die Inseln Kreta, Rhodos und Kos sowie die Südwestecke Kleinasiens besetzten. Gleichzeitig wurden die Äolier und die Ionier teilweise nach Kleinasien abgedrängt (»1. griechische Kolonisation«). In den folgenden »dunklen Jahrhunderten« (zwischen 1250-900 v. Chr.) erhielt das griechische Volk seine endgültige Formung. Es bildeten sich die griechischen Dialekte heraus sowie eine gemeinsame Religion und ein gemeinsamer Mythos, der zunächst mündlich in einzelnen Liedern tradiert wurde, ehe er im 8. Jahrhundert in den Epen Homers erstmals zusammengefasst wurde.
Die archaische Zeit (etwa 800-500 v. Chr.) war geprägt durch den griechischen Adel, der seine Abkunft von Göttern oder Heroen herleitete und dem sein ausgedehnter Grundbesitz eine ritterliche Lebensweise erlaubte. Die gemeindeübergreifenden Beziehungen des griechischen Adels führten zu einem kulturell geprägten griechischen Nationalbewusstsein (der Name »Hellenen« für alle Griechen ist erstmals um 700 v. Chr. bezeugt) und förderten die Entwicklung von Dodona, Delphi und Olympia zu gemeingrichischen Heiligtümern. Zugleich bildete sich unter dem Adel, der fast überall (außer in Sparta und Kyrene) das Königtum politisch entmachtet hatte, der Gemeindestaat der Polis mit Jahresbeamten (Prytanen, Archonten), Rat (Bule) und Volksversammlung (Ekklesia) heraus. Der Adel übernahm auch die Führung bei der großen griechischen Kolonisation, die fast alle Küsten des Mittelmeers und des Schwarzen Meeres der griechischen Besiedlung erschloss. Die im Gefolge der Kolonisation und des Handels eintretenden Besitzverschiebungen sowie die Ausbildung der Hoplitentaktik führten seit dem 7. Jahrhundert zu einer Verschärfung der Gegensätze zwischen Adel und Volk, das die Kodifikation der bis dahin mündlich überlieferten Rechtsnormen durchsetzte: Gesetze des Zaleukos in Lokroi (heute Locri, Kalabrien), des Charondas in Katane (heute Catania, Sizilien), des Drakon und des Solon in Athen. Dort führte Solon 594 außerdem eine Schuldentilgung durch und setzte an die Stelle der herrschenden reinen Blutsaristokratie eine timokratische Vierklassenordnung (Timokratie). In Sparta wurden im 6. Jahrhundert unter dem Einfluss der Ephoren die Vorrechte des Adels eingeschränkt, und zwar zugunsten der Gemeinschaft der Gleichen (Homoioi), die durch gemeinsame Erziehung und gemeinsame Mahlzeiten auf das Kriegerleben vorbereitet wurden. Andernorts führte der Gegensatz zwischen Adel und Volk zum Auftreten von Tyrannen, die die sozialen Missstände zur Bildung einer persönlichen Macht ausnutzten (z. B. Peisistratos in Athen, Kleisthenes in Sikyon, Theagenes in Megara). Kennzeichnend für die archaische Zeit ist die weite Streuung der politischen und kulturellen Aktivitäten, wobei der Osten geistig und wirtschaftlich (älteste Münzen in Lydien und Ionien im 7. Jahrhundert) zunächst führend war. Hier hatten sich Äolier, Ionier und Dorer in Städtebünden zusammengeschlossen, fielen aber dennoch unter fremde Oberhoheit, zunächst der Lyder, 546 dann der Perser, die in den Städten Tyrannen einsetzten oder förderten. Die führende Stadt war Milet mit dem berühmten Apollonheiligtum von Didyma, die Heimat der Philosophen Thales, Anaximander und Anaximenes sowie des Geographen Hekataios. Von den sehr zahlreichen Kolonien Milets sind v. a. Abydos am Hellespont sowie am Schwarzen Meer Amisos, Sinope (Sinop), Trapezunt, Odessos (Warna), Olbia an der Dnjeprmündung, Istros an der Donaumündung und Pantikapaion (Kertsch) zu nennen. Neben Milet blühte besonders Ephesos, die Heimat Heraklits, mit seinem weltbekannten Artemistempel. Das reiche Smyrna wurde schon um 600 v. Chr. von den Lydern zerstört. Das ionische Phokaia gelangte durch den Handel mit Spanien zu großem Reichtum und gründete um 600 die Kolonie Massalia (Marseille) an der Küste Galliens. Von den Inseln galt Chios als Geburtsort Homers, gewann Lesbos durch Alkaios, Sappho und Pittakos, Samos durch seinen Tyrannen Polykrates Ruhm. Im Mutterland ist neben Thessalien, wo in Larissa die adligen Aleuaden, in Krannon die Skopaden und in Pharsalos die Echekratiden regierten, v. a. Theben, die Heimat Pindars, zu nennen, das im 6. Jahrhundert die Hegemonie über Böotien erlangte. Die erzreiche Handelsstadt Chalkis auf Euböa gründete im Westen zahlreiche Kolonien, so Kyme (Cumae) und Rhegion (heute Reggio di Calabria) in Süditalien sowie Zankle (Messina), Katane, Naxos und Leontinoi auf Sizilien. Korinth, das unter den Tyrannen Kypselos und Periander (etwa 620-550 v. Chr.) eine große Machtstellung errang, besaß ebenfalls zahlreiche Kolonien, so an der Adria u. a. Leukas, Ambrakia (Arta) und Apollonia, ferner die Insel Kerkyra (Korfu), auf Sizilien Syrakus und auf der Chalkidike Potidaia. Unter seinem Tyrannen Pheidon gewann auch Argos zeitweise eine größere Macht. In Unteritalien besaß Sybaris bis zu seinem Untergang (510 v. Chr.) eine Hegemoniestellung.
Eine Sonderstellung nahmen Sparta und Athen ein. Die Spartaner konnten im 7. Jahrhundert endgültig Messenien gewinnen und verfügten damit über das größte Landgebiet einer griechischen Polis (etwa 8 400 km2, zwei Fünftel der Peloponnes). Im 6. Jahrhundert errangen sie durch den Aufbau des Peloponnesischen Bundes außerdem die Hegemonie auf der Peloponnes. Die Regierung Spartas lag in den Händen der kleinen Schicht von spartanischen Vollbürgern (ursprünglich etwa 10 000), von denen die Bürger der lakonischen Landstädte, die Periöken (etwa 50 000), politisch abhängig waren. Für die Bebauung des Landes sorgten v. a. die leibeigenen Heloten (etwa 150 000). Der Bevölkerungsdruck in Sparta, der die Eroberung Messeniens ermöglicht hatte, ließ schon im 6. Jahrhundert nach. Da das Vollbürgerrecht an einen bestimmten Landbesitz, den »Klaros«, gebunden war, führte die Angst vor Besitzteilungen zu einem Rückgang der Kinderzahl. Kriegsverluste und die Folgen des schweren Erdbebens von 464 v. Chr. verminderten die Zahl der Vollbürger weiter, sodass im 4. Jahrhundert vergeblich Maßnahmen gegen den Geburtenrückgang ergriffen wurden. Um ihre Herrenstellung zu behaupten, kapselten sich die Spartaner nach außen immer mehr ab. Das rege kulturelle Leben des 7. und frühen 6. Jahrhundert (die Lyriker Terpandros, Alkman, Tyrtaios und Stesichoros wirkten damals in Sparta) wich seit der Mitte des 6. Jahrhunderts einer Intensivierung der vormilitärischen Ausbildung in Jugenderziehung und Gemeinschaftsleben, die Sparta zu einem einzigen Heerlager (so Platon) werden ließ.
Athen besaß mit Attika das zweitgrößte Territorium einer griechischen Polis (zusammen mit Salamis 2 650 km2; die Territorien der übrigen griechischen Staaten erreichten in der Regel nicht einmal 1 000 km2). Die Größe des attischen Territoriums begünstigte nach Solons Archontat die Bildung regionaler Gruppen unter Führung einzelner Adliger. Schließlich konnte Peisistratos um 560 eine Tyrannis errichten, die er nach zweimaliger Vertreibung behaupten und 527 seinen Söhnen Hippias und Hipparch vererben konnte. Nach der Beseitigung des Hipparch durch die Tyrannenmörder Harmodios und Aristogeiton 514 und der Vertreibung des Hippias 510 führte Kleisthenes 508/507 eine Neuordnung des Staates durch, die es allen Landgemeinden (Demen) Attikas erlaubte, ihre Vertreter direkt in den neu geschaffenen Rat der Fünfhundert zu entsenden. Die anstelle der vier alten gentiliz. Phylen neu eingerichteten zehn attischen Phylen, die zu je einem Drittel aus dem Gebiet um Athen, dem Küsten- und dem Binnenland gebildet wurden, beseitigten die regionalen Gegensätze und wurden zur Grundlage der neuen Heeresordnung, die Athen zur stärksten Macht Mittelgriechenlands machte.
Klassische Zeit (etwa 500-336 v. Chr.):
Die Unterstützung des vertriebenen Hippias durch die Perser und die Hilfe Athens für die Ionier im Ionischen Aufstand führten zum Konflikt mit Persien (Perserkriege). 490 konnte Miltiades ein persisches Expeditionsheer unter Datis und Artaphernes bei Marathon schlagen. 480 zog Xerxes I. mit einem großen Heer nach Griechenland und zerstörte Athen, nachdem der Versuch, ihn an den Thermopylen aufzuhalten (Leonidas I.), gescheitert war. Doch gelang es den Griechen, mit ihren Schiffen, besonders mit der von Themistokles neu errichteten athenischen Flotte, die Perser bei Salamis zu besiegen. 479 v. Chr. wurden unter Führung des Pausanias das persische Landheer bei Plataiai (Platää) geschlagen und in der Schlacht am Vorgebirge Mykale (gegenüber Samos) die kleinasiatischen Griechen befreit. Nach dem Ausscheiden Spartas aus dem Perserkrieg veranlasste Aristides die Gründung des 1. Attischen Seebundes, an dessen Spitze Athen den Krieg allein weiterführte (etwa 465 Sieg am Eurymedon, 459-454 Expedition nach Ägypten und Untergang des athenischen Expeditionsheeres, 449 Sieg bei Salamis auf Zypern). Der etwa 448 abgeschlossene »Kalliasfrieden« (dessen Zustandekommen allerdings umstritten ist) beendete den Perserkrieg und garantierte die Freiheit der kleinasiatischen Griechenstädte. - Im Westen hatte unterdessen der Tyrann Gelon Syrakus zur Großmacht gemacht und 480 bei Himera die Karthager vernichtend geschlagen. Sein Bruder und Nachfolger Hieron konnte 474 bei Cumae einen großen Seesieg über die Etrusker erringen.
Die Perserkriege hatten für die griechische Geschichte tief greifende und weit reichende Folgen. Sie bewirkten eine Politisierung des griechischen Nationalbewusstseins, beeinflussten die Entstehung der attischen Tragödie (»Einnahme Milets« des Phrynichos, »Perser« des Aischylos) und der griechischen Historiographie (Herodot), vollendeten die Konsolidierung der Polis in Abwehr des Individualismus einzelner fürstlicher Herren (u. a. Miltiades, Themistokles, Pausanias ), führten zum Dualismus Spartas und Athens (schon 458-445 ein erster Krieg) und zur Vollendung der Demokratie in Athen. 487 wurden das Archontat aus einem Wahlamt in ein Losamt umgewandelt und das Scherbengericht (Ostrakismos) in die Politik eingeführt. 462 entmachtete Ephialtes den Areopag. 461 übernahm Perikles die Leitung des Staates und führte weitere Reformen durch: Tagegelder für Geschworene, später auch für Ratsherren, Losbeamte und für den Besuch des Theaters (im 4. Jahrhundert auch der Volksversammlung), Zulassung der 3. Klasse zum Archontat, Beschränkung des Bürgerrechts auf Kinder, deren beide Eltern attische Bürger waren, dafür Zunahme der ortsansässigen Fremden, der Metöken. Die Überführung der Seebundkasse von Delos nach Athen (454 v. Chr.) erlaubte die Finanzierung der Reformen und eines umfangreichen Bauprogramms in Athen (Akropolis) und Eleusis, während gleichzeitig die übrigen Seebundmitglieder immer mehr zu Untertanen Athens wurden, die eine regelmäßige Abgabe (Phoros) zahlen und in wichtigen Fällen die Gerichtsbarkeit Athens anerkennen mussten. Auch eine Vereinheitlichung von Münze, Maß und Gewicht setzten die Athener durch, die durch ihre Seemacht zugleich die Sicherheit der Meere und des Handels garantierten. Und nachdem sich seit dem Fall Milets (494 v. Chr.) der kulturelle Schwerpunkt zunächst in den Westen der griechischen Welt verlagert hatte - Xenophanes und Parmenides in Elea, Pythagoras in Kroton (Crotone), Empedokles in Akragas (Agrigent), Musenhof Hierons I. in Syrakus -, wurde Athen in der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. auch zum kulturellen Mittelpunkt der griechischen Welt (Sophisten, Sokrates, Sophokles, Euripides, Aristophanes, Phidias).
Der Aufstieg Athens in den 50 Jahren nach 480 (der »Pentekontaetie«) verschob zugleich die Machtverhältnisse zuungunsten Spartas und seiner Verbündeten. Athens Eingreifen gegen Korinth im Konflikt mit Kerkyra und in Potidaia sowie das attische Handelsembargo gegen Megara lösten daher den Peloponnesischen Krieg aus (431 v. Chr.). Die Kriegssituation führte zu einer Radikalisierung der Demokratie in Athen (429 Tod des Perikles an der Pest; Gerbereibesitzer Kleon erster nichtadliger Politiker). Nach dem Tod Kleons kam es 421 zum unentschiedenen Frieden des Nikias. Der 415 auf Betreiben des Alkibiades unternommene Krieg gegen Syrakus führte 413 zur gescheiterten Sizilischen Expedition, während es Sparta gelang, nach der Wiederaufnahme des Krieges durch die Besetzung der Festung Dekeleia in Attika und durch ein Bündnis mit Persien Athens Kräfte weiter zu schwächen. Nach der Niederlage von Aigospotamoi (405 v. Chr.) musste Athen schließlich 404 v. Chr. bedingungslos kapitulieren. Der Seebund wurde aufgelöst, und in Athen setzte Lysander die Dreißig Tyrannen ein; doch kam es schon 403 zu einer Wiederherstellung der Demokratie. Unter wohlhabenden Politikern aus Handel und Gewerbe wurde besonders die Verwaltung ausgebaut und formalisiert. Das Prozesswesen begünstigte das Aufblühen der attischen Beredsamkeit (Demosthenes, Isokrates, Lysias). Außerhalb Athens führten die instabilen Verhältnisse im Gefolge des Peloponnesischen Krieges vielfach zu sozialen Unruhen, Umstürzen und Vertreibungen, durch die eine Ausbreitung des Söldnerwesens erleichtert wurde. Schon 401 begleiteten 10 000 Griechen den persischen Statthalter von Kleinasien, Kyros den Jüngeren, auf dem Zug gegen seinen Bruder Artaxerxes II. Mnemon (literarisches Zeugnis »Anabasis« des Xenophon).
Sparta nahm als neue griechische Vormacht den Krieg gegen Persien wieder auf, musste aber sein Heer aus Kleinasien zurückrufen, nachdem Theben, Athen, Korinth und Argos mit persischer Unterstützung den »Korinthischer Krieg« begonnen hatten (394 v. Chr. Sieg Agesilaos' II. bei Koroneia; Niederlage der spartanischen Flotte bei Knidos), der sich bis 387/386 hinzog. Damals brachte der Spartaner Antalkidas den »Königsfrieden« zustande, der den griechischen Staaten die Unabhängigkeit garantierte, die kleinasiatischen Griechen aber dem Perserkönig unterstellte. Unter Ausnutzung der Bestimmungen dieses Friedens zerschlug Sparta den chalkidischen Bundesstaat (Chalkidike), zerstörte Mantineia und besetzte 382 die Burg von Theben. 379 wurde jedoch Theben befreit und 378 der 2. Attische Seebund gegründet. 371 führte der Sieg des Epameinondas über die Spartaner bei Leuktra zur zehnjährigen Hegemonie Thebens. Die Befreiung Messeniens und die Errichtung eines arkadischen Bundesstaates beschränkte Sparta auf Lakonien und machte der spartanischen Vormachtstellung für immer ein Ende.
Die Schwächung der Staaten des Mutterlandes führte zu Versuchen, einen allgemeinen Frieden (Koine Eirene) zu verwirklichen (Kongresse von 371 und 362 v. Chr.), und erhöhte die Bedeutung der Randmächte der griechischen Welt. Neben dem Perserkönig und Euagoras I. von Salamis griff auch Dionysios I. (405-367), der sich bei der Abwehr der großen karthagischen Invasion in Sizilien (409 Zerstörung von Selinunt und Himera, 406 Einnahme von Akragas) zum Tyrannen von Syrakus aufgeworfen und seine Herrschaft auch auf Unteritalien und die Adria ausgedehnt hatte, mehrfach in die griechischen Verhältnisse ein. Seit dem Regierungsantritt Philipps II. (359 v. Chr.) geriet Griechenland dann mehr und mehr in die Abhängigkeit von Makedonien. Die Schwächung Athens durch den Bundesgenossenkrieg (357-355) und der mittelgriechischen Staaten durch den 3. Heiligen Krieg (Phokischen Krieg, 356-346) erleichterte Philipp seine Expansionspolitik (Eroberung von Pydna und Amphipolis 357, Zerstörung von Olynth 348, Herrschaft über Thessalien seit 352). Athen musste im Frieden von 346 die Eroberungen Philipps anerkennen. Gleichzeitig wurde die Macht der Phoker, die mit den Schätzen des besetzten delphischen Tempels eine Hegemonie errichtet hatten, gebrochen. Die phokischen Söldner traten in das Heer des Timoleon ein, der 343-337 Sizilien von den Tyrannen befreite, die Karthager auf den Westteil der Insel zurückdrängte und durch seine Ansiedlungspolitik das griechische Element stärkte, nachdem zuvor der Versuch des Dion, in Syrakus die platonische Staatsidee zu verwirklichen, gescheitert war (354 v. Chr.). - Philipp verletzte bei der Eroberung Thrakiens erneut die Interessen Athens, das 340 den Krieg gegen ihn wieder aufnahm, aber mit seinen Verbündeten 338 bei Chaironeia entscheidend geschlagen wurde. 337 erhielt die makedonische Hegemonie im Korinthischen Bund ihre endgültige Form.
Die Zeit des Hellenismus (bis 31/30 v. Chr.):
Nach der Ermordung Philipps II. (336 v. Chr.) musste sein Sohn Alexander der Große einen Aufstand der Griechen niederschlagen (Zerstörung Thebens 335), wurde dann aber mit dem schon unter seinem Vater beschlossenen Rachekrieg gegen Persien (den bereits Isokrates gefordert hatte) beauftragt. Alexander konnte diesen Auftrag mit der Befreiung der kleinasiatischen Griechenstädte und der Zerstörung von Persepolis einlösen. Zugleich dehnte er seine eigene Macht über Ägypten und das ehemalige Perserreich bis zum Indus aus und eröffnete damit den Griechen ein weites Siedlungsgebiet (Städtegründungen Alexanders und der Seleukiden) und einen großen Wirtschaftsraum mit einer weitgehend einheitliche Währung. Fortan ist die griechische Geschichte nicht mehr nur die Geschichte Griechenlands und der Westgriechen, sondern auch die Geschichte der von den Griechen geprägten Staaten der Nachfolger Alexanders (Diadochen), aus denen sich die hellenistische Staatenwelt entwickelte. Den Griechen öffnete sich dort in Heer und Verwaltung ein neues Tätigkeitsfeld. Die Geschichte Griechenlands selbst wurde seit 336 immer stärker von den makedonischen Königen beeinflusst. Der Versuch einer Befreiung Griechenlands nach Alexanders Tod scheiterte im Lamischen Krieg (323/322). Athen erhielt eine oligarch. Verfassung und eine makedonische Besatzung. Von den rivalisierenden Diadochen mit Freiheitsversprechungen umworben, konnten die griechischen Städte zum Teil eine gewisse Autonomie behaupten, ohne aber eine größere politische Rolle zu spielen. Neben Athen mit seinen Philosophenschulen (Akademie, Peripatos, Stoa, Schule Epikurs) wurden besonders Alexandria, Pergamon und Rhodos zu kulturellen Zentren (Hellenismus). Politisch gewannen die föderalistisch organisierten griechischen Bünde an Bedeutung, besonders der Bund der Ätoler (Ätolien), die 279 v. Chr. die in Griechenland eingefallenen Kelten vertreiben und dabei Delphi besetzen und Mittelgriechenland unter ihre Kontrolle bringen konnten, sowie der Achaiische Bund (Achaia) und der Bund der Inselgriechen (Nesioten), der erst unter dem Protektorat der Ptolemäer, dann der Makedonenkönige und seit 200 der Rhodier stand. Der Diadoche Kassander ließ Athen 317-307 durch den Peripatetiker Demetrios von Phaleron regieren. Sein Gegner Demetrios I. Poliorketes stellte 307 die athenische Demokratie wieder her und erneuerte 302 den Korinthischen Bund. In den auf den Tod von Antigonos I. Monophthalmos (301 v. Chr.) und des Kassander (297 v. Chr.) folgenden Kämpfen um Griechenland spielten Pyrrhos I. aus Epirus und Demetrios I. Poliorketes (294-287 König von Makedonien) und nach ihm Antigonos II. Gonatas die führende Rolle. Antigonos konnte seitdem, besonders nach seinem Sieg im Chremonideischen Krieg (266-261?, Chremonides), Griechenland weitgehend kontrollieren, verlor aber dann große Teile der Peloponnes an den von Arat von Sikyon geführten Achaiischen Bund (251 Befreiung von Sikyon, 243 Vertreibung der Makedonen aus der Festung Akrokorinth). Demetrios II., der Sohn von Antigonos II. Gonatas, kämpfte ohne Erfolg gegen Achaier und Ätoler und fand 229 im Krieg gegen die Dardaner den Tod. Damals wurde Athen von der dort seit 263 liegenden makedonischen Besatzung befreit. Die Expansion des Achaiischen Bundes brachte der Spartanerkönig Kleomenes III. zum Stehen, der 226 das Ephorat abgeschafft und die Zahl der spartanischen Vollbürger von 700 auf 4 000 erhöht hatte. Ihm trat Antigonos III. Doson (229-221) entgegen, der 224 nochmals einen Hellenenbund unter makedonischen Hegemonie (unter Einbezug der Achaier) begründete und Sparta 222 bei Sellasia in Lakonien besiegte. Sein Nachfolger Philipp V. bekämpfte an der Spitze des Bundes die Ätoler (220-217; Bundesgenossenkriege), schloss aber Frieden, da Hannibals Siegeszug in Italien ihn verlockte, am Kampf gegen die Römer teilzunehmen, die durch ihr Eingreifen in Illyrien (229-228) seine Interessen an der Adria verletzt hatten.
Im 1. Makedonischen Krieg (215-205) standen auf Roms Seite zeitweise die Ätoler, auf Philipps Seite die Achaier und andere Mitglieder des Hellenenbundes. Nach dem unentschiedenen Ausgang des Krieges begann Philipp nach Thrakien und Kleinasien überzugreifen und verbündete sich mit Antiochos III., dem Großen, gegen Ptolemaios V. von Ägypten. Von Pergamon und Rhodos gegen Philipp zu Hilfe gerufen, eröffneten die Römer den 2. Makedonischen Krieg (200-197). Nach der Schlacht bei Kynoskephalai (197) wurden die Makedonen aus Griechenland verdrängt, und T. Quinctius Flamininus verkündete 196 die Freiheit der griechischen Städte. 192 riefen die Ätoler gegen Rom Antiochos III., den Großen, nach Griechenland, der jedoch geschlagen wurde und im Frieden von 188 Kleinasien aufzugeben hatte. Noch 189 mussten die Ätoler die Oberhoheit Roms ausdrücklich anerkennen. Der Versuch des letzten makedonischen Königs, Perseus, die romfeindliche Stimmung auszunutzen und Griechenland wieder an Makedonien zu binden, scheiterte im 3. Makedonischen Krieg (171-168). Nach dem Sieg bei Pydna (168) teilten die Römer Makedonien in vier Republiken und ergriffen u. a. Repressalien gegen Eumenes von Pergamon und gegen Rhodos. Zunehmende politische und soziale Unzufriedenheit führte zu Erhebungen Makedoniens (149) und der Achaier. Makedonien wurde daher 148 zur römischen Provinz erklärt, der Achaierbund aufgelöst und seine Hauptstadt Korinth zerstört (146).
Fortan war Griechenland, zunächst als Annex der Provinz Macedonia, den Römern völlig untertan. Die römische Herrschaft und das Eindringen römischer Geldleute, die sich besonders auf Delos (Freihafen seit 166 v. Chr.) niederließen, brachten eine fortschreitende wirtschaftliche Verelendung. Athen, das sich wie andere Städte Mithridates VI. von Pontos angeschlossen hatte, wurde 86 von Sulla erobert. Die Stadt behielt aber ihre Bedeutung als (auch von der römischen Jugend aufgesuchtes) Bildungszentrum. Auch Kreta, dessen Piratentum die Römer mit Mühe unterdrückten, wurde 67 v. Chr. unterworfen und unter Augustus mit Kyrene zur römischen Provinz Creta et Cyrenaica vereinigt. - Die Griechen des Westen waren schon im Lauf des 3. Jahrhunderts v. Chr. unter römischer Herrschaft gefallen, nachdem der Tyrann Agathokles (316-289) noch einmal das griechische Sizilien und einen Teil Unteritaliens unter seine Gewalt gebracht hatte. Sein Erbe trat Pyrrhos von Epirus an, dessen Herrschaft auf Sizilien (278-275) jedoch nicht von Dauer war. Das Königtum Hierons II. (269-215) wurde von den Römern auf Syrakus und die Ebene von Leontinoi beschränkt. Mit dem Fall von Syrakus (212) bald nach Hierons Tod verschwand die letzte selbstständige griechische Macht im Westen. - In Kleinasien war das Reich von Pergamon schon 133 v. Chr. durch das Testament Attalos' III. an Rom gefallen. Der letzte Seleukide Antiochos XIII. Philadelphos wurde 64 von Pompeius abgesetzt, der Syrien zur römischen Provinz machte. 30 v. Chr. wurde dann als letzter großer hellenistischer Staat nach dem Tod der Kleopatra VII. auch Ägypten von Rom annektiert.
Römische Kaiserzeit:
Eine neue Blüte erlebte das Griechentum in der Kaiserzeit. Im Osten bildeten seit Augustus die »Hellenen« eine Oberschicht mit besonderen Privilegien (Voraussetzung: Besuch des Gymnasiums). Das griechische Element spielte in der lokalen und regionalen Verwaltung, seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. auch in der Reichsverwaltung, eine wichtige Rolle. Neben den Provinziallandtagen im griechischen Osten blieben in Griechenland die Städte- und Stammesbünde, die jetzt ebenfalls dem Kaiserkult und der Interessenvertretung in Rom dienten, bestehen. Die mit dem Kaiserkult verbundenen Festspiele und die Bautätigkeit, die ebenso wie die »Homonoiaverträge«, welche die Eintracht (griechisch homónoia) der Städte untereinander besiegelten, von den Kaisern gefördert wurde, trugen zum wirtschaftlichen Wohlstand der Gemeinden bei. Griechenland selbst wurde von Augustus 27 v. Chr. als Provinz Achaia (Hauptstadt Korinth) reorganisiert. Die Rückgabe der Freiheit durch Nero blieb eine Episode. Nachdem unter Trajan das Griechentum durch den jüdischen Aufstand (114-117) besonders in Kyrene, Ägypten und Zypern schwer erschüttert worden war, suchte es Hadrian durch die Gründung eines panhellen. Bundes (der bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts bestand) zu stärken. Sitz des Bundes war Athen, das damals vergrößert (Hadriansstadt) und zur kulturellen Hauptstadt der griechischen Reichshälfte gemacht wurde. Geistig wurde die Zeit durch Plutarch, Dion aus Prusa und die Vertreter der »zweiten Sophistik« geprägt, die auch politischen Einfluss besaßen. Im 3. Jahrhundert kam es zu mehreren Einfällen der Heruler, die u. a. Athen plünderten (267; Abwehrerfolg des Dexippos). Seit Diokletian gehörte Griechenland als Diözese Macedonia mit den Provinzen Epirus I und II, Macedonia, Thessalia und Achaia zur illyrischen Präfektur (Thessalonike war Residenz des Galerius). Im 4. und 5. Jahrhundert blühte Athen als Zentrum der späteren Sophistik erneut auf (u. a. studierte dort der spätere Kaiser Julian Apostata) und vermittelte die griechische Kultur der Stadt Konstantinopel und dem Byzantinischen Reich.
Byzantinische Zeit
Mit Konstantinopel (Istanbul) als Hauptstadt des Römischen Reiches im Osten gab Kaiser Konstantin I., der Große (306-337), dem Imperium ein neues Staatszentrum. Zu diesem Staat gehörte u. a. die illyrische Präfektur, die Griechenland und die Balkanmitte umfasste. Im neuen Staat waren drei Grundelemente vorhanden: römische Imperiumsvorstellung, griechische Kultur und christliche Religion. Mit der Zeit jedoch verloren lateinische Sprache (bis ins 7. Jahrhundert Amtssprache) und römische Reichsidee an Boden, und Byzanz stützte sich mehr und mehr auf die Tradition der antiken griechischen Kultur, sodass es sich im Grunde als eine Fortsetzung des Griechentums erwies; darum ist die Geschichte des Byzantinischen Reiches schlechthin ein Stück griechischer Geschichte. Obwohl das römische Recht die Grundlage des Rechtsbewusstseins der Byzantiner blieb, war die Grundlage ihres Geisteslebens zu allen Zeiten die griechische Kultur, Philosophie, Dichtung und Wissenschaft. Die griechische Sprache war im Osten des Römischen Reiches von Anfang an die Sprache des Volkes und wurde sowohl von den Kirchenvätern und der philosophischen Schule von Athen (Akademie), die durch ein Edikt des 527-565 herrschenden Kaisers Justinians I. 529 geschlossen wurde, als auch von den Gelehrten der Universität von Konstantinopel schon zur Zeit von Kaiser Theodosius II. (408-450) bevorzugt und unterstützt. Auch die byzantinische Kunst, die zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert hauptsächlich unter dem Einfluss der Kulturen des östlichen Mittelmeerraums und Vorderasiens entstand, trug griechische (hellenistische) Elemente (byzantinische Kultur).
Nach der Teilung des Römischen Reiches (395) eroberten die Westgoten unter der Führung Alarichs I. Thrakien und Makedonien; sie drangen in Griechenland vor und eroberten Thessalien, Mittelgriechenland und die Peloponnes, ohne aber Athen zu zerstören. Der Regent des westlichen Kaiserreiches, Stilicho, zwang sie zum Rückzug. Nach der Zeit der Völkerwanderung kam es unter Kaiser Justinian I. zur Stabilisierung. Er besiegte Wandalen, Ost- und Westgoten, kämpfte jedoch mit weniger Erfolg gegen die Perser, die Slawen und Hunnen, die einen Teil Griechenlands eroberten. Im 7. Jahrhundert bemächtigten sich die Araber großer Teile des Reiches; als Rest blieb ein Staat mit fast rein griechischer Bevölkerung zurück. Die Griechen bildeten die Mehrheit in Griechenland, Kleinasien, auf den Inseln der Ägäis, in Konstantinopel und Umgebung, in Süditalien und auf Sizilien. Auf der Balkanhalbinsel bis hin zur Peloponnes drangen in dieser Zeit große Scharen von Slawen vor. Doch wurde die griechische Nation in dieser und der darauf folgenden Zeit keineswegs slawisiert. Trotz zeitweiliger Herrschaft der Slawen, deren Christianisierung von griechischen Klöstern ausging, konnte Griechenland seinen griechischen Charakter größtenteils ununterbrochen bewahren. Die starke slawische Einwanderung wurde seit Ende des 8./Anfang des 9. Jahrhunderts rückläufig. Die Gründung neuer byzantinischer Verwaltungsbezirke (Themen) in der Zeit vom Ende des 7. bis zum Anfang des 9. Jahrhunderts weist auf die Wiederherstellung der byzantinischen Herrschaft in Griechenland hin. Als Themen sind zu nennen: Thrakien, Aigaion Pelagos (die Inseln des Archipelagos), Hellas, Makedonien (damals Westthrakien), Peloponnes, Kephallenia (Ionische Inseln), Thessalonike, Strymon sowie - die diokletianische Aufteilung von Epirus fortsetzend - Dyrrhachion und Nikopolis. Die Insel Kreta war 826-961 von Arabern besetzt, die von hier aus Inseln und Festland heimsuchten. 918 drang der bulgarische Zar Simeon I., der Große (893-927), in Nordgriechenland ein und kam bis zum Golf von Korinth. Erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurden die Bulgaren von Kaiser Basileios II. (976-1025) endgültig zurückgeschlagen. Der Zusammenbruch der byzantinischen Macht in Kleinasien und in Italien (1071, Niederlage von Mantzikert gegen die Seldschuken, Einnahme von Bari durch die Normannen) rückte Griechenland ins Zentrum des Reiches, doch war es nun den Einfällen der süditalienischen Normannen preisgegeben (1084/85 Robert Guiscard; 1147 siedelte Roger II. von Sizilien Seidenweber von Theben und Korinth nach Palermo um, 1185 fiel Thessalonike).
Nach der Eroberung Konstantinopels (1204) durch die Teilnehmer des 4. Kreuzzuges wurde Griechenland wie das übrige Byzantinische Reich - eine Beute der Venezianer und der »Franken«, der meist aus Nordfrankreich stammenden Kreuzfahrer. Es zerfiel in kleine Herrschaften, die nur in loser Verbindung zu dem von den Kreuzfahrern gebildeten Lateinischen Kaiserreich (1204-61) standen, zu dem Thrakien, der nordwestliche Teil Kleinasiens und mehrere ägäische Inseln gehörten. Markgraf Bonifatius II. von Montferrat (* um 1155, ✝ 1207) begründete in Nordgriechenland das Königreich Thessalonike (1204-24), das die gleichnamige Hauptstadt (heute Saloniki) und die angrenzenden Gebiete Makedoniens und Thessaliens umfasste. In Mittel- und Südgriechenland entstanden große Fürstentümer, das Herzogtum Athen (Attika, Böotien) und das Fürstentum Achaia. Die Insel Euböa wurde 1205 unter drei Herren aus der Lombardei (»lombardische Dreiherren«) geteilt und kam (nun meist Negroponte genannt) durch Verträge mit diesen unter den Einfluss Venedigs, das sich auch sonst die wichtigsten Häfen und Inseln des Reichs (dazu drei Achtel von Konstantinopel) sicherte. In Epirus dagegen entstand unter der Herrschaft der Angeloi ein »Despotat« als Zentrum byzantinischer Behauptung neben den Kaiserreichen der Großkomnenen in Trapezunt und der Laskariden in Nikaia. 1259 gewann Michael VIII. Palaiologos die Städte Monemvasia, Mistra und Geraki als Ausgangspunkte der byzantinischen Wiedergewinnung der Peloponnes. Hier blieb fortan das Despotat Morea (oder Mistra, nach dem Hauptort), auf Kosten des Fürstentums Achaia allmählich vergrößert, die einzige stabile Macht (seit 1383 kaiserliche Sekundogenitur der Palaiologen).
Ein Teil der Inseln kam schon 1259 an die Byzantiner zurück, Rhodos 1309 von diesen an den Johanniterorden. Kreta (jetzt nach der Hauptstadt Candia genannt), seit 1207 venezianische Siedlungskolonie, kam nach einem Aufstand 1363/66 endgültig unter die Herrschaft Venedigs, ebenso Korfu (1386) und Kephallenia (1500), das schon seit 1194, zunächst als Pfalzgrafschaft Cefallonia, italienischen Herren unterstand. Nord- und Nordwestgriechenland gingen nach der byzantinischen Wiedereroberung (1246 und 1261) nach 1340 an den serbischen Zaren Stefan Dušan verloren, dann in raschem Wechsel an italienischen, griechischen, serbischen und albanischen Kleinfürsten, 1394 und 1430 an die Osmanen. Das Herzogtum Athen wurde 1311 von der Katalanischen Kompanie erobert und fiel 1388 durch Kauf an die Florentiner Bankiersfamilie Acciaiuoli (in ihrem Besitz bis zur Eroberung Athens durch den türkischen Sultan Mehmed II. 1456). Das Despotat Morea konnte bis 1432 die fränkische Herrschaft, von der die Ruinen von Gipfelburgen und einige gotische Kirchen zeugen, fast ganz beseitigen; in der Stadt Mistra kam es zu einer letzten kulturellen Blüte (G. G. Plethon), die auf die Renaissance in Italien hinüberwirkte.
Die türkische Herrschaft
1460 wurde Morea von den Osmanen erobert. Die untereinander rivalisierenden Handelsmächte Venedig und Genua (Letzteres mit dem Besitz von Lesbos 1355-1462 und Chios 1304-29 und 1346-1566) blieben nach der Eroberung des Byzantinischen Reiches durch die Osmanen (1453 fiel Konstantinopel, 1461 das Kaiserreich Trapezunt) die einzigen Bindeglieder zwischen Griechenland und dem Abendland; beide verloren nach und nach ihre griechischen Besitzungen. Rhodos wurde 1523 von den Johannitern geräumt. Nur Korfu und Zakynthos kamen nie unter türkische Herrschaft, Kephallenia lediglich 1479-1500.
Nach der osmanischen Eroberung wurde das Land großenteils der Statthalterschaft Rumelien angeschlossen und in Provinzen (Sandschaks) eingeteilt, deren Gouverneure später oft den Rang eines Paschas erhielten. In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Peloponnes (Morea) zu einer eigenen Statthalterschaft erhoben, ebenso das 1645-69 eroberte Kreta. Einige Küstengebiete und Inseln unterstanden dem Großadmiral (Kapudan Pascha), wobei Letztere oft eine Sonderstellung und eine gewisse Autonomie besaßen. Bis ins 17. Jahrhundert genoss die nichtislamische Bevölkerung, der die freie Religionsausübung gewährt war, im Allgemeinen Rechtssicherheit und Freiheit des Handels; die Steuerlast und die Knabenlese zur Rekrutierung des Janitscharenkorps sowie von Beamten und Palastbediensteten wurden nicht als so drückend empfunden wie die frühere Ausbeutung durch die Venezianer. Im Verlauf eines Krieges gegen die Türken (1684-87) eroberte der venezianische Admiral F. Morosini Athen (nur für wenige Monate) sowie die Peloponnes, die 1699 im Frieden von Karlowitz an Venedig abgetreten werden musste (mit einigen Inseln); er wurde jedoch durch den Frieden von Passarowitz 1718 wieder türkisch, zusammen mit der Insel Tenos (heute Tinos); damit war das gesamte griechische Siedlungsgebiet mit Ausnahme der Ionischen Inseln und der Insel Kythera, die zu Venedig gehörten, türkisch geworden. Im Ökumenischen Patriarchat, das auch mit weitgehenden weltlichen Kompetenzen ausgestattet war, hatte der Sultan eine Art griechische nationale Repräsentation anerkannt; Griechen aus den vornehmen Familien des Konstantinopler Stadtviertels Phanar (Phanarioten) stiegen in hohe Verwaltungsposten des Osmanischen Reiches auf.
Durch die innere Krise des Osmanischen Reiches seit dem 17./18. Jahrhundert und besonders infolge der Finanzkrise gerieten v. a. die Bauern unter wachsenden Steuerdruck; geflüchtete Bauern und andere Besitzlose und Verfolgte schlossen sich in den Räuberbanden der Klephten zu einer Form des nationalen und sozialen Widerstandes zusammen. Aus ihnen und den meist christlichen Milizen der Armatolen ging eine militärische Führungsschicht hervor, die im griechischen Freiheitskampf eine bedeutende Rolle spielte. Das Erscheinen einer russischen Flotte während des russisch-türkischen Krieges 1768-74 (Türkenkriege) im Mittelmeer und die Landung russischer Truppen auf der Peloponnes 1770 veranlassten einen Aufstand, der jedoch ebenso niedergeschlagen wurde wie jener der Sulioten 1803.
Der Unabhängigkeitskrieg
Seit dem 18. Jahrhundert wurde eine neue Schicht griechischer Kaufleute und Fernhändler dank ihrer Kontakte zu Mittel- und Westeuropa auch zu Vermittlern des Gedankengutes der Aufklärung und der nationalen Bewegungen. Aus ihren Reihen gingen die Gründer des revolutionären Geheimbundes der »Hetairia Philikon« (Hetärie) hervor, der die organisatorische Vorbereitung des griechischen Aufstandes gegen die türkische Herrschaft übernahm. Unter dem Eindruck der geglückten serbischen Erhebung (1804-17), der Auseinandersetzung des Sultans mit dem unbotmäßigen Ali Tepedelenli, Pascha von Jannina, und im Vertrauen auf russischer Hilfe rückte A. Ypsilanti mit seiner Heiligen Schar am 6. 3. 1821 in das Donaufürstentum Moldau ein und rief zur Erhebung auf. Die russische Unterstützung blieb aber aus, und nach der Niederlage von Drǎgǎşani am 19. 6. 1821 scheiterte das Unternehmen. Am 25. 3. 1821 begann der Aufstand im eigentlichen Griechenland, der durch den Aufruf des Erzbischofs Germanos von Patras (* 1771, ✝ 1826) zum Befreiungskrieg einen starken Auftrieb bekam. Im ersten Anlauf gelang es den Griechen, mit Ausnahme weniger Städte (Tripolis, Nauplia), die Peloponnes und am 7. 5. 1821 auch Athen in ihre Hand zu bringen. Eine vorläufige Regierung bildete sich unter T. Kolokotronis und P. Mavromichalis. Am 1. 1. 1822 verkündete eine in Epidauros tagende Nationalversammlung die Unabhängigkeit Griechenlands; am 27. 1. 1822 wurde das nach westeuropäischen Vorbildern geformte »Organ. Gesetz von Epidauros« angenommen. Die türkische Reaktion begann mit der Hinrichtung des Partriarchen Gregorios V. am 22. 4. 1821. Nach der Unterwerfung des Paschas von Jannina rückten Truppen gegen die griechischen Aufständischen vor. Diese konnten zwar die türkische Streitmacht zunächst zurückschlagen; Versuche, die Erhebung auf Epirus auszudehnen, scheiterten jedoch. Der griechische Aufstand fand ein weit reichendes Echo. Etwa tausend Freiwillige - unter ihnen der englische Dichter Lord Byron - zogen nach Hellas, Geld- und Sachspenden wurden aufgebracht (Philhellenen); zugleich aber rieben sich die Aufständischen in zwei Bürgerkriegen 1823/24 um die innere Ordnung des befreiten Gebietes auf. Im Februar 1825 entsandte der türkische Statthalter von Ägypten, Mehmed Ali, seinen Sohn Ibrahim Pascha mit einem gut ausgebildeten Heer und einer starken Flotte zur Peloponnesischen Bis zum Jahresende hatte er außer den schwer zugänglichen Gebirgsgegenden die ganze Halbinsel unterworfen. Am 22. 4. 1826 fiel Missolunghi (Mesolongion) nach fast einjähriger Belagerung, am 15. 8. 1826 auch Athen, wo sich nur die Besatzung der Akropolis (bis Juni 1827) halten konnte. Angesichts weiterer türkisch-ägyptischen Erfolge wählten die griechischen Klephtenführer am 11. 4. 1827 Im Allgemeinen Graf Kapodistrias auf sieben Jahre zum Regenten. Am 6. 7. 1827 einigten sich Russland, Großbritannien und Frankreich im Londoner Vertrag auf ein bewaffnetes Eingreifen im türkisch-griechischen Krieg. Die vereinigten Flotten der drei Mächte vernichteten ohne Kriegserklärung am 20. 10. 1827 bei Navarino die türkisch-ägyptischen Seestreitkräfte. Ein französischer Expeditionskorps intervenierte auf der Peloponnes, und Zar Nikolaus I. erklärte Ende April 1828 der Türkei den Krieg. Die Griechen nutzten die militärische Bindung des Sultans, um im Mai 1829 nördlich des Golfs von Korinth wieder Fuß zu fassen. Großbritannien erwirkte unter dem Eindruck des russisch-türkischen Friedens von Adrianopel (14. 9. 1829 im Londoner Protokoll vom 3. 2. 1830 die volle Souveränität eines Königreichs Griechenland. Dessen Territorium bestand, bezogen auf das heutige Staatsgebiet, aus Süd- und Zentralgriechenland einschließlich Euböa und den Kykladen, jedoch ohne Kreta, die Ionischen Inseln sowie den größten Teil Thessaliens und des Archipelagos. Der als König vorgesehene Prinz Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha zog seine bereits gegebene Zusage wieder zurück (seit 1831 als Leopold I. König der Belgier). Kapodistrias, der mit Strenge die anarchischen Zustände in dem vom Krieg verwüsteten Land beseitigen wollte, wurde am 9. 10. 1831 ermordet. Nachfolger als (vorläufiger) Regent wurde sein Bruder Augustinos Graf Kapodistrias (* 1778, ✝ 1857). 1832 einigten sich die Großmächte in London auf den noch unmündigen Prinzen Otto von Bayern als Thronprätendenten.
Die Regierung Ottos
Am 8. 8. 1832 stimmte die griechische Nationalversammlung der Thronbesteigung Ottos (6. 2. 1833 zu. Bis 1835 lenkte ein Regentschaftsrat unter J. L. Graf von Armansperg den neuen Staat. Eine Anleihe der Großmächte und eine bayerische Schutztruppe sollten dem Regime Stabilität verleihen. Die Bevorzugung nichtgriechischer Persönlichkeiten in Regierung und Verwaltung und mangelnde Anpassung an griechische Denkweise kosteten viele Sympathien. Die politische Anlehnung Armanspergs an Großbritannien bewirkte Misstrauen in Paris und Sankt Petersburg. Am 20. 12. 1837 konstituierte sich das erste »nationale« Kabinett. Zwar wurden 1839 die diplomatischen Beziehungen zum Osmanischen Reich aufgenommen, aber schon 1841 durch eine Revolte der griechischen Einwohner auf Kreta belastet. Die innenpolitische Unruhe kam im September 1843 in einer unblutigen Erhebung zum Ausdruck, in deren Folge die Masse der Fremden aus dem griechischen Staatsdienst entlassen und am 2. 3. 1844 eine Verfassung verkündet wurde. Das außenpolitische Leitbild der Griechen im 19. Jahrhundert war die »Megale Idea«, die »Große Idee« der Wiedererrichtung eines großgriechischen Reiches mit der Hauptstadt Konstantinopel. Einen ersten Schritt hierzu schien der Krimkrieg (1853/54-56) zu ermöglichen, aber militärische Erfolge der Griechen im Epirus wurden durch eine anglofranzösische Besetzung von Piräus zunichte gemacht. Die Unzufriedenheit führender Kreise mit dem außenpolitisch erfolglosen König führte im Februar 1862 zu einer Rebellion und am 22. 10. 1862 zur Absetzung des Königs durch eine provisorische Regierung.
Die Regierung Georgs I.
Prinz Wilhelm von Dänemark wurde als Georg I. (1863-1913) Nachfolger Ottos. Zu seinen Gunsten verzichtete Großbritannien auf das Protektorat über die Ionischen Inseln. Die neue Verfassung von 1864 blieb bis 1911 unverändert in Kraft. Ein 1866 auf Kreta ausgebrochener Aufstand wurde insgeheim von der Regierung und offen von Privatleuten unterstützt. In der Krise des Krieges zwischen Serbien-Montenegro und der Türkei von 1875/76 konnte Ministerpräsident C. Trikupis gegen die öffentliche Meinung die Neutralität bewahren. Im türkisch-russischen Krieg von 1877/78 verhinderte Großbritannien die Annexion Thessaliens durch Griechenland. Der Berliner Kongress (1878) überließ den Streit um Thessalien direkten griechisch-türkischen Verhandlungen. Unter Vermittlung der Großmächte trat die Türkei am 24. 5. 1881 in der Konvention von Konstantinopel Thessalien und das Gebiet von Arta an Griechenland ab. Als Trikupis 1895 aus der Politik ausschied, nahm die panhellen. Idee einen großen Aufschwung. Nachdem im Februar 1897 ein griechisches Expeditionskorps auf Kreta gelandet und die Intervention der Großmächte erfolglos geblieben war, erklärte die Türkei im April 1897 Griechenland den Krieg. Die Armee des Prinzen Konstantin in Thessalien wurde geschlagen, Athen musste seine Truppen aus Kreta zurückrufen und am 20. 5. in einen Waffenstillstand einwilligen. Der Friedensvertrag vom 4. 12. 1897 sah eine Kriegsentschädigung und eine Grenzregulierung zugunsten der Türkei vor.
Die wirtschaftliche Entwicklung war ab 1882 geprägt von den Versuchen des Ministerpräsidenten Trikupis, das Land zu erschließen, den inneren Markt auszuweiten, die Verwaltung zu modernisieren und aufzurüsten. Zwischen 1879 und 1890 verschuldete sich Griechenland im Ausland in Höhe von 630 Mio. Goldfrancs, deren größter Teil, zu Käufen verwendet, auch im Ausland verblieb. 1893 betrug der Schuldendienst rd. 33 % der Staatseinnahmen. Die langfristig angelegte Politik infrastruktureller Entwicklung kam, bevor der veranschlagte Nutzen sichtbar war, infolge zusätzlicher finanzieller Belastungen durch die internationale Rosinenabsatzkrise und den Krieg von 1897 gegen das Osmanische Reich zum Stillstand. Die Gläubigerländer verhängten über Griechenland eine internationale Finanzkontrolle.
Im Dezember 1898 wurde Prinz Georg von Griechenland von den Großmächten zum Gouverneur von Kreta berufen; er legte aber sein Amt im September 1906 nieder, da die Agitation für die Vereinigung der Insel mit dem Mutterland nicht nachließ. Die Regierung in Athen wagte angesichts der militärischen Schwäche des Landes nicht, die im Oktober 1908 von der kretischen Nationalversammlung ausgerufene Vereinigung mit Griechenland anzunehmen. Parallel zur jungtürkischen Revolution (Jungtürken) bildete sich 1909 in der griechischen Armee eine Militärliga, die massiv in die Innenpolitik eingriff. Von ihr wurde der politische Führer der Kreter, E. Venizelos, nach Athen gerufen. Die Jahre seiner Regierung (1910-15) waren die Blütezeit der neugriechischen Geschichte: Beitritt zum Balkanbund, Reorganisation der Streitkräfte, siegreiche Teilnahme an den Balkankriegen von 1912/13. Im ersten Balkankrieg erwarb Griechenland Makedonien mit Saloniki, Epirus und die Inseln vor der türkischen Küste ohne den Dodekanes. Diese Gewinne und die Vereinigung Kretas mit Griechenland wurden durch den zweiten Balkankrieg nicht mehr gefährdet, nur Nord-Epirus blieb strittig. Zwischen den Kriegen, am 18. 3. 1913, war König Georg I. ermordet worden. Ihm folgte sein ältester Sohn als Konstantin I. (1913-17 und 1920-22).
Griechenland im Ersten Weltkrieg
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs erklärte Konstantin I. die Neutralität seines Landes, geriet jedoch damit in Gegensatz zu Ministerpräsident Venizelos, der den Eintritt Griechenlands in den Krieg an der Seite der Entente (v. a. Großbritannien, Frankreich) wünschte, da er in einer solchen Kriegsbeteiligung die beste Möglichkeit sah, territoriale Erweiterungen seines Landes, besonders den Gewinn Konstantinopels, erreichen zu können. Nach dem Scheitern der französisch-britischen Offensive gegen die türkischen Positionen im Bereich der Dardanellen (Februar 1915) setzte der König Venizelos als Ministerpräsident ab, legte die Neutralität seines Landes fest und regierte mit ihm ergebenen Regierungschefs (u. a. A. Zaïmis) weiter. Der Streit zwischen Konstantin I. und Venizelos spaltete die Bevölkerung in zwei einander bekämpfende Lager. Im Oktober 1915 besetzten die Ententemächte - auf Veranlassung von Venizelos - Saloniki, um die Meerengen unter ihre Kontrolle zu bringen und den griechischen König unter Druck zu setzen. Unter britisch-französischem Schutz bildete Venizelos am 18. 10. 1916 dort eine Aufstandsregierung. Nach einer Blockade der griechischen Küste seitens der Entente und einer teilweisen Besetzung Nordgriechenlands dankte Konstantin I. am 12. 6. 1917 zugunsten seines zweiten Sohnes Alexander ab. Nunmehr wieder Ministerpräsident seines Landes (1917-20), erklärte Venizelos den Mittelmächten (Deutschland und Österreich-Ungarn) und ihren Verbündeten (Bulgarien, Osmanisches Reich) den Krieg und erreichte nach der Kapitulation der Mittelmächte und ihrer Verbündeten (1918) die Anerkennung als Siegermacht seitens der Entente.
Von den Pariser Vorortverträgen (1919/20) zum Frieden von Lausanne (1923)
Im Frieden von Neuilly-sur-Seine (27. 11. 1919) zwischen den Ententemächten und Bulgarien erhielt Griechenland das südliche Makedonien, im Frieden von Sèvres zwischen den Ententemächten und dem Osmanischen Reich (10. 8. 1920 Ost-Thrakien (einschließlich Gallipoli) bis zur Çatalcalinie, alle Ägäischen Inseln (mit Ausnahme von Rhodos) und Smyrna (bereits seit 1919 von griechischen Truppen besetzt). Nachdem die unter Führung von M. Kemal Atatürk wieder erstarkte Türkei die Ratifizierung des Vertrags von Sèvres abgelehnt hatte, suchte Venizelos mit Billigung der Entente die Annahme dieses Vertrags militärisch zu erzwingen und leitete in Kleinasien eine Offensive gegen die türkischen Truppen ein. In dieser Situation kam es jedoch in Griechenland zu einer innenpolitischen Wende. Nach dem Tod des jungen Königs Alexander (25. 10. 1920 erlitt Venizelos bei den notwendig gewordenen Parlamentswahlen eine Niederlage und ging außer Landes. Aufgrund einer Volksabstimmung kehrte Konstantin I. im Dezember 1920 auf den Thron zurück und setzte trotz Bedenken den Krieg gegen die Türkei fort. Als das griechische Heer im Zuge türkischer Gegenangriffe zusammenbrach, sah er sich gezwungen, erneut abzudanken, diesmal zugunsten seines ersten Sohnes, der im September 1922 als Georg II. den Thron bestieg. Nach dem Waffenstillstand von Mundania (10. 10. 1922 verlor Griechenland im Frieden von Lausanne (24. 7. 1923 wieder Ost-Thrakien und seine kleinasiatischen Gebiete. Darüber hinaus musste es im Austausch gegen 600 000 Türken 1,5 Mio. Griechen aus Kleinasien aufnehmen. Damit war der bis in die Antike zurückreichenden griechischen Kultur in Kleinasien die Basis entzogen.
Die Republik (1924-35)
Nach dem griechisch-türkischen Krieg belasteten die fortdauernden Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Venizelos (»Venizelisten«) und seinen Gegnern (»Antivenizelisten«) die griechische Innenpolitik. Unter dem Eindruck der militärischen Niederlage in Kleinasien ließen die nach der Abdankung Konstantins I. an die Macht gelangten Venizelisten antivenizelistische Politiker im November 1922 hinrichten. Während in dieser Zeit die Venizelisten immer stärker der republikanischen Staatsform zuneigten, traten ihre Gegner für die Erhaltung der Monarchie ein. Am 25. 3. 1924 rief die von den Venizelisten beherrschte, im Dezember 1923 gewählte verfassunggebende Nationalversammlung die Republik aus (am 13. 4. 1924 durch eine Volksabstimmung bestätigt); König Georg II. ging bereits Ende 1923 ins Exil. Staatspräsidenten der Republik waren: P. Konduriotis (1924-26 und 1926-29), T. Pangalos (April-August 1926) und A. Zaïmis (1929-35). Nach dem Versuch von General Pangalos 1925/26, in Griechenland eine Diktatur zu errichten, verabschiedete die Nationalversammlung im Juni 1927 eine parlamentarisch-demokratische Verfassung. Unter den Ministerpräsident Zaïmis (1926-28) und Venizelos (1928-32) folgte nach den Jahren ständiger innerer Kämpfe eine Periode größerer innenpolitischen Stabilität. Der wirtschaftliche Aufschwung, der 1924-26 begonnen hatte, setzte sich bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise fort, die Griechenland schwer traf. Auf ausländische Finanzhilfe angewiesen, suchte die Regierung Venizelos, den Schuldendienst durch Devisenbewirtschaftung, Kreditrestriktionen und Importbeschränkungen aufrechtzuerhalten, musste aber dann doch ein Moratorium verkünden. Die Drachme verlor 75 % ihres Wertes. Angesichts der sich verschlechternden Lebensbedingungen kam es zu Streiks.
Bei den Wahlen vom September 1932 und März 1933 erzielten die Royalisten starke Stimmengewinne (1933 mit kleineren Rechtsparteien die absolute Mehrheit) und stellten mit P. Tsaldaris 1932/33 und 1933-35 den Ministerpräsident Diese Entwicklung verschärfte den Radikalismus sowohl auf republikanischer als auch auf royalistische Seite. Um eine Restauration der Monarchie zu verhindern, unternahmen republikanische Gruppen Putschversuche, und zwar im März 1933 (General N. Plastiras) und im März 1935 (Venizelos).
In der Außenpolitik hatte die Regierung Venizelos Ende der 20er-Jahre mit einer Politik der Freundschaftsverträge eine neue Linie eingeleitet. Nach dem Freundschaftsvertrag mit Italien (1928) und Jugoslawien (1929) unterzeichnete sie einen Freundschafts-, Neutralitäts- und Schiedsvertrag mit der Türkei (1930). 1934 schloss die Regierung Tsaldaris mit Jugoslawien, Rumänien und der Türkei den Balkanpakt 1).
Von der Wiederherstellung der Monarchie bis zum Ende des Bürgerkrieges (1935-49)
Im Juni 1935 errangen die Royalisten einen hohen Wahlsieg. Nach Absetzung des gemäßigt royalistischen Ministerpräsidenten Tsaldaris riefen radikale Anhänger des Königtums am 12. 10. 1935 die Monarchie aus und ließen sich dies nach umfangreichen Wahlmanipulationen am 3. 11. 1935 durch ein Plebiszit bestätigen. Als es dem nach Griechenland zurückgekehrten König Georg II. nicht gelang, die widerstreitenden Kräfte zu einigen, errichtete mit seiner Billigung Ministerpräsident I. Metaxas (1936-41) ein diktatorisches Regierungssystem, das sich an faschistischen Regimen orientierte, aber auch auf wirtschaftliche Erfolge und bedeutende sozialpolitische Maßnahmen (z. B. Mindestlöhne, Kollektivverträge, Sozialversicherung) verweisen konnte. Außenpolitisch verband Metaxas neutrale Zurückhaltung mit Anlehnung an die Westmächte (Großbritannien, Frankreich). In Erwartung eines bulgarischen Angriffs wurde die Nordgrenze stark befestigt (»Metaxaslinie«).
Der Einfall italienischer Streitkräfte (28. 10. 1940 in das griechische Epirus zog Griechenland in den Zweiten Weltkrieg. Zwar gelang es den griechischen Truppen, den italienischen Angriff zurückzuschlagen und im Gegenzug auf das Gebiet des (1939 von Italien besetzten und diesem angeschlossenen) Albanien vorzustoßen, doch mussten sie gegenüber der von Bulgarien aus am 6. 4. 1941 eingedrungenen deutschen 12. Armee, die die »Metaxaslinie« rasch durchbrach, am 21. 4. 1941 kapitulieren (Wiederholung der Kapitulation unter Beteiligung Italiens am 23. 4. 1941 in Saloniki). Das aufgrund eines griechischen Hilfeersuchens im März 1941 in Griechenland gelandete britische Expeditionsheer zog sich wieder zurück. Am 27. 4. 1941 rückten deutsche Truppen in Athen ein; deutsche Fallschirmjäger und Gebirgstruppen eroberten vom 20. 5. bis zum 1. 6. 1941 Kreta. Bulgarien okkupierte das griechische Makedonien und Gebiete Thrakiens (brutale Bulgarisierungspolitik).
Während Georg II. und die Regierung unter Ministerpräsident Emmanuel Tsuderos ins Exil gingen, wurde Griechenland zunächst größtenteils einer italienischen Militärverwaltung unterstellt; nach der Kapitulation Italiens (1943) besetzten deutsche Truppen das Land. Eng mit den Besatzungsmächten kooperierende Regierungen amtierten unter General G. Tsolakoglu (1941/42), K. Logothetopulos (1942/43) und J. Rallis (1943/44). 1943/44 kam es zu terroristischen Aktionen deutscher Besatzungsorgane gegen die griechische Bevölkerung (Geiselerschießungen und Massenexekutionen) und zur Deportation griechischer Juden in die Vernichtungslager Osteuropas. Gegen die Besatzungsmächte bildeten sich Widerstandsorganisationen, v. a. die maßgeblich von den Kommunisten aufgebaute und geleitete E. A. M., deren Militärorganisation E. L. A. S. einen wirksamen Partisanenkrieg gegen die Besatzer führte und bald große Teile des Landes unter ihre Kontrolle bringen konnte (im März 1944 Errichtung einer Regierung [»Politisches Komitee der Nationalen Befreiung, griechische Abkürzung PEEA] und einen Monat später Durchführung von Wahlen in den von ihr befreiten Gebieten). Daneben existierte die wesentlich kleinere, aber von den Briten protegierte republikanisch-konservative E. D. E. S. (griechische Abkürzung für »Nationaldemokratische Griechische Liga«). Beide Widerstandsorganisationen bekämpften sich erbittert gegenseitig. Beim Abrücken der deutschen Wehrmachtsverbände (Oktober/November 1944) zog unter dem Schutz der in Griechenland landenden britischen Truppen am 18. 10. 1944 die im Exil gebildete Regierung unter G. Papandreu (Mai-Dezember 1944) in Athen ein, der bis 1. 12. 1944 (im Rahmen der im September 1944 konstituierten »Regierung der Nationalen Einheit«) auch Minister aus den Reihen der E. A. M. angehörten (Rücktritt nach der Anordnung zur Entwaffnung der E. L. A. S). Der am 3. 12. 1944 von den Kommunisten ausgelöste Aufstand in Athen, mit dem ein bis 1949 andauernder Bürgerkrieg begann, wurde durch die am 5. 12. 1944 militärisch eingreifenden britischen Truppen niedergeschlagen (am 11. 1. 1945 Waffenstillstand, am 12. 2. 1945 Friedensabkommen mit der E. A. M.). Nach den Parlamentswahlen vom 31. 3. 1946 übernahm K. Tsaldaris im April 1946 das Amt des Ministerpräsidenten (bis Januar 1947 und erneut von August/September desselben Jahres) und betrieb die Wiederherstellung der Monarchie. Dieser (mit einem harten Vorgehen gegen die linke Opposition einhergehenden) Restauration widersetzten sich die griechischen Kommunisten; am 28. 10. 1946 vereinigten sich ihre Partisanengruppen zur »Demokratischen Armee Griechenlands«, die mit albanischer, bulgarischer und jugoslawischer Unterstützung den bewaffneten Kampf aufnahm. V. a. mithilfe der USA, die im Rahmen der Truman-Doktrin 1947 Großbritannien als Schutzmacht ablöste, schlugen die neu ausgerüsteten Regierungstruppen nach mehrjährigen blutigen Auseinandersetzungen den Aufstand nieder und zwangen die im Dezember 1947 gebildete »Provisorische Demokratische Regierung« für die von den Kommunisten kontrollierten Gebiete im Oktober 1949 zur Aufgabe aller militärischen Aktionen (danach jahrelange Verfolgung der Beteiligten am Aufstand, zahlreiche Todesurteile und Tausende Verhaftungen).
Die italienischen und deutschen Angriffe auf Griechenland während des Zweiten Weltkriegs, die Besatzungszeit und der Bürgerkrieg forderten Hunderttausende Tote; viele Griechen verließen während der Bürgerkriegswirren das Land. Im Frieden von Paris (10. 2. 1947 gewann Griechenland den Dodekanes.
Die Nachkriegszeit (1949-74)
Im September 1946 kehrte Georg II. im Anschluss an eine für die Monarchie positiv verlaufene Volksabstimmung nach Athen zurück. Nach seinem Tode folgten ihm Paul (1947-64) und Konstantin II. (1964-73/74) auf den Thron. 1944-52 lösten zahlreiche Regierungen einander ab, v. a. infolge der instabilen Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Die 1952 revidierte Verfassung entwickelte das griechische parlamentarische System weiter.
An der Spitze der konservativen »Hellenistische Sammlungsbewegung«, die sich 1956 in die »Nationalradikale Union« (ERE) umwandelte, errang 1952 Marschall A. Papagos einen hohen Wahlsieg. Griechenland schloss sich 1952 der NATO (1974-80 zeitweiliger Austritt) und 1954 dem Balkanpakt 2) an. Nach mehrjährigen Verhandlungen vereinbarten Griechenland, Großbritannien und die Türkei in einem »Dreimächtevertrag« (1959) die Errichtung einer unabhängigen Republik auf Zypern. Ein Assoziierungsabkommen Griechenlands mit der EWG (1961) trat 1962 in Kraft (1967-74 ausgesetzt). 1955-63 (mit Unterbrechungen 1958 und 1961) war K. Karamanlis Regierungschef; er stellte die Wirtschaft des Landes auf moderne Grundlagen, geriet aber in Fragen des Rechtsstaates immer wieder in Konflikt mit den Kräften der Opposition. Unter Führung von G. Papandreu schlossen sich 1961 sozialdemokratische und liberale Kräfte in der »Zentrumsunion« zusammen. Auf der äußersten Linken hatte sich nach dem Bürgerkrieg die »Vereinigte Demokratische Linke« (EDA) gebildet. Die Ermordung des EDA-Abgeordneten Grigorios Lambrakis (* 1913) am 27. 5. 1963 in Saloniki verschärfte erneut die innenpolitischen Gegensätze. Nach dem Sieg seiner Partei bei den Wahlen von 1963 und 1964 (absolute Mehrheit) übernahm G. Papandreu das Amt des Ministerpräsidenten, geriet jedoch nach seiner Absetzung durch den König (15. 7. 1965 in einen schweren Verfassungskonflikt mit diesem; im Zentrum der Auseinandersetzung standen der Versuch Papandreus, das Militär einer stärkeren zivilen Kontrolle zu unterwerfen, und der Wille des Königs, bei der Führung der Armee und der Auswahl der Minister ein Mitspracherecht durchzusetzen.
Um die für Mai 1967 geplanten Wahlen zu verhindern, errichtete eine konservative Gruppe von Offizieren unter Oberst G. Papadopulos nach ihrem Staatsstreich vom 21. 4. 1967 ein diktatorisches Regierungssystem (Massendeportationen, Folterungen, Gleichschaltung der Presse, Errichtung von Konzentrationslagern auf Jaros und Leros, blutige Unterdrückung der Studentenproteste vom November 1973 in Athen durch die Armee). Nach einem erfolglosen Gegenputsch Konstantins II. (Dezember 1967) und dessen Emigration rief Ministerpräsident Papadopulos die Republik aus (1. 6. 1973 und ließ sich zum Staatspräsidenten wählen. Nach einem unblutigen Putsch gegen ihn (November 1973) übernahm General P. Gisikis (* 1917) die Präsidentschaft (bis Dezember 1974).
Seit den 60er-Jahren nahmen die griechisch-türkischen Spannungen erneut zu und erreichten 1974 mit dem Putschversuch griechisch-zypriotischer Kräfte, die einen Anschluss der Insel an Griechenland erstrebten, und der Besetzung Nordzyperns durch türkische Truppen einen Höhepunkt. Der Fehlschlag des von Athen aus gelenkten Aufstandes auf Zypern führte zum Sturz der griechischen Militärdiktatur.
Griechenland seit 1974
Unter Ministerpräsident Karamanlis (Juli 1974-Mai 1980) kehrte Griechenland zum parlamentarisch-demokratischen System zurück. In einer Volksabstimmung (Dezember 1974) sprach sich die Bevölkerung für die Beibehaltung der republikanischen Staatsform aus. Im Juni 1975 trat eine neue Verfassung in Kraft. Staatspräsidenten waren 1975-80 K. Tsatsos (* 1899, ✝ 1987) und 1980-85 K. Karamanlis (beide: »Neue Demokratie«, ND). 1980/81 übte G. Rallis (* 1918) das Amt des Regierungschefs aus. Mit Wirkung vom 1. 1. 1981 wurde Griechenland Vollmitglied der EG. Nach den Parlamentswahlen vom Oktober 1981 musste die konservative ND, die unter Führung von Karamanlis 1974 und (trotz starker Verluste) 1977 die absolute Mehrheit gewonnen hatte, die Regierungsverantwortung an die »Panhellen. Sozialistische Bewegung« (PASOK) abtreten. Ihr Vorsitzender A. Papandreu wurde Ministerpräsident (1981-89) und stellte Reformen in Aussicht (teilweise realisiert, z. B. Einführung der Zivilehe; soziale Verbesserungen). Im März 1985 wählte die Nationalversammlung C. Sartzetakis (* 1929, parteilos) zum Staatspräsidenten. Den Parlamentswahlen im Juni 1985 folgten im Oktober desselben Jahres drakonische Sparmaßnahmen der wieder gewählten PASOK-Regierung, die schwere soziale Unruhen nach sich zogen (im November 1985 Generalstreik). 1988 löste der in der Öffentlichkeit erhobene Vorwurf, führende Mitglied der PASOK und Minister der von ihr gestellten Regierung seien in die Bestechungsaffäre um den früheren Direktor der »Bank von Kreta« und Verleger Giorgios Koskotas verwickelt, eine Krise des Kabinetts unter Ministerpräsident A. Papandreu aus und beschwor eine längere innenpolitische Instabilität herauf; erst nach drei Parlamentswahlen (im Juni und November 1989 sowie im April 1990) und zwei kurzlebigen Regierungen (Juli-November 1989 Koalitionsregierung von ND und Vereinigte Linke und November 1989-Februar 1990 Allparteienregierung) kam im April 1990 eine knappe regierungsfähige Mehrheit der konservativen ND unter ihrem Vorsitzenden Konstantinos Mitsotakis (* 1918) zustande, der 1990-93 Ministerpräsident war. Am 4. 5. 1990 wählte das Parlament zum zweiten Mal K. Karamanlis zum Staatspräsidenten (im Amt bis 1995). Die Regierung Mitsotakis leitete ein Sanierungsprogramm ein, das u. a. die Privatisierung von Staatsunternehmen, die Streichung von Subventionen für unrentable Betriebe, Preiserhöhungen für öffentliche Dienstleistungen, Einsparungen im Rentensystem, die Verringerung der Inflationsrate, Investitionen in der Infrastruktur und die Exportförderung vorsah; aus Protest gegen die sozialen Folgen dieser Politik riefen die Gewerkschaften im August und September 1992 Generalstreiks aus. Vor diesem Hintergrund gewann die PASOK die Parlamentswahlen vom Oktober 1993 und stellte wieder mit Papandreu den Ministerpräsidenten Seine Regierung kündigte die Rücknahme des Privatisierungsprogramms an und erklärte Bekämpfung von Inflation (1993: 14,4%), Rezession und Arbeitslosigkeit zu ihren wichtigsten Zielen. Im April 1994 beschloss das Parlament die Enteignung und Ausbürgerung des früheren (seit 1967 im Exil in London lebenden) Königs Konstantin II. und seiner Familie. Am 8. 3. 1995 wurde K. Stephanopulos zum Staatspräsidenten gewählt.
Außenpolitisch billigte das Parlament am 31. 7. 1992 den Vertrag von Maastricht über die Europäische Union. Nach dem Zerfall Jugoslawiens kam es zu einem Interessenkonflikt mit dem 1991 unabhängig gewordenen Makedonien, dem Griechenland mit Blick auf das gleichnamige griechische Gebiet - einen Angriff auf seine territoriale Integrität vorwarf. Nachdem Griechenland zunächst die internationale Anerkennung Makedoniens blockiert und im Februar 1994 (trotz des Protestes der EU) ein Handelsembargo gegen diesen Staat erlassen hatte, kam es unter UN-Vermittlung zu einer Entspannung im beiderseitigen Verhältnis (am 13. 9. 1995 Abkommen über die Normalisierung der bilateralen Beziehungen). Minderheitenfragen (insbesondere die Situation der Griechen in Südalbanien) und die seit 1990/91 zu Hunderttausenden illegal nach Griechenland gekommenen Albaner führten zu zeitweiligen Spannungen mit Albanien; im März 1996 konnte ein griechisch-albanischer Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit geschlossen werden. Schwere Belastungen des griechisch-türkischen Verhältnisses ergaben sich seit Jahrzehnten besonders durch den Konflikt um Zypern (erneut im August/September 1996 wegen der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten an der Demarkationslinie) und durch die anhaltende Kontroverse um die Hoheitsrechte in der Ägäis (Ägäisches Meer).
Im Januar 1996 trat K. Simitis (* 1936) die Amtsnachfolge des wegen schwerer Krankheit zurückgetretenen Ministerpräsidenten Papandreu an; nach dessen Tod (Juni 1996) wurde K. Simitis im Juli auch Parteivorsitzender der PASOK, die die vorgezogenen Parlamentswahlen am 22. 9. 1996 erneut für sich entscheiden konnte (Bestätigung der Regierung Simitis). Bei den Wahlen im April 2000 wurde die PASOK-Regierung erneut (wenn auch knapp) bestätigt. Im Dezember 1999 war auch Staatspräsident K. Stephanopulos wieder gewählt worden. Seit 1981 Vollmitglied der EG, erhielt Griechenland im Juni 2000 von der EU die Mitgliedschaft in der Euro-Zone (ab 2001) zugesagt. Im Sommer 2000 wurde die Frage der Entschädigung von NS-Opfern beziehungsweise der deutschen Besatzung erneut virulent (zuletzt 1995 von Deutschland zurückgewiesen).
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Grie|chen|land; -s: Staat auf der Balkanhalbinsel.
Universal-Lexikon. 2012.