Marxismus-Leninismus; Bolschewismus; Stalinismus; Maoismus; Sozialismus; Staatskapitalismus; Kommunismus
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Plan|wirt|schaft 〈f. 20; unz.〉 Wirtschaftsform, bei der die Produktion u. Verteilung geplant u. gelenkt wird; Ggs Marktwirtschaft
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Plan|wirt|schaft, die:
von einer staatlichen Stelle zentral geplante Volkswirtschaft.
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Planwirtschaft,
Wirtschaftsordnung, in der alle Wirtschaftsprozesse (Produktion, Investitionen, Allokation und Konsumtion) eines Landes von einer zentralen Instanz entsprechend allgemeine Zielvorgaben der staatlichen Führung mithilfe gesamtwirtschaftlicher Pläne gesteuert und überwacht werden. Der Marktmechanismus als wichtiges Steuerungsinstrument einer Verkehrswirtschaft (Marktwirtschaft) wird dabei weitgehend durch einen hierarchisch gegliederten, bürokratischen Lenkungsapparat ersetzt, der seine Entscheidungen mittels verbindlichen Direktiven durchsetzt. Die mittelfristige Wirtschaftsplanung (meist fünf Jahre) ist in der Regel als Ausführung einer längerfristigen Perspektivplanung (über 10 Jahre) konzipiert, die umfassendere gesellschaftliche Ziele setzt. Strikt zentralistische Planwirtschaften sind vom freien Weltmarkt durch staatliche Außenhandelsmonopole (Staatshandelsländer) abgeschottet, d. h., auch die Außenwirtschaftsbeziehungen unterstehen der vollständigen Leitung der zentralen Planungsbehörde. Planwirtschaft gilt als Gegenmodell zur Marktwirtschaft, schließt aber marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismen keineswegs aus, außer im Extremfall der totalen Planwirtschaft, d. h. der vollständigen Wirtschaftslenkung, die (nach W. Eucken) als Zentralverwaltungswirtschaft, als zentral geleitete Wirtschaft oder abwertend als Zwangs- beziehungsweise Kommandowirtschaft bezeichnet wird. Elemente der Planwirtschaft finden sich auch in Marktwirtschaften, insbesondere im Bereich des staatlichen Handelns (Interventionismus). Beim Konzept der Planification sollte auch der Privatsektor durch indikative Planung einbezogen werden; in Japan übt der Staat durch Koordination sowie Kredit- und Subventionsgewährung starken Einfluss aus. In der Realität finden sich mithin unterschiedliche Kombinationen von markt- und planwirtschaftlichen Elementen, sodass im konkreten Fall die eindeutige Zuordnung zur Planwirtschaft oder Marktwirtschaft nur nach Maßgabe des jeweiligen Übergewichts einer Ordnungskomponente möglich ist. Planwirtschaft impliziert keine bestimmte Eigentumsverfassung, wenngleich die systemadäquate Verbindung mit Staatseigentum an den Produktionsmitteln in den ehemals kommunistischen Staaten zu ausgeprägt zentralistischen Planwirtschaften führte.
Die theoretische Begründung von Planwirtschaft wird von drei Ansätzen her versucht: 1) das Koordinationsargument legt Wert auf die Vorauskoordination einzelwirtschaftlicher Entscheidungen und Handlungen, weil das Risiko von Disproportionen, Überinvestitionen und Arbeitslosigkeit geringer sei als bei einer spontanen, nachträglichen Anpassungsreaktion durch den Marktmechanismus; 2) Planwirtschaft garantiere durch Konzentration auf gesamtwirtschaftliche Prioritäten, (Entwicklungs-)Ziele rascher und effizienter zu realisieren und insbesondere in volkswirtschaftlichen Notlagen (Kriegs-, Entwicklungswirtschaften) die Minimalversorgung der Gesamtbevölkerung sicherer zu gewährleisten und das verfügbare Mehrprodukt rationaler zu verwenden; 3) Planwirtschaft sei erforderlich, um einer Gesellschaft die Instrumente zur selbst bestimmten, demokratischen Entwicklung verfügbar zu machen.
Die theoriegeschichtlichen Grundlagen der Planwirtschaft umfassen sowohl die sozialistischen Schulen - angefangen beim deutschen Staatssozialismus (J. G. Fichte, K. Rodbertus, F. Lassalle) über den Saint-Simonismus und den Marxismus bis zur leninschen Marxinterpretation und deren stalinistische Deformation - als auch die außerhalb des Sozialismus geführte krisentheoretische Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Marktwirtschaft und deren theoretische Deutungen durch die klassische und neoklassische Ökonomie. Die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Konsequenzen der beiden kritischen Gegenpositionen lassen sich thesenhaft so voneinander abgrenzen, dass die marxistisch inspirierten Sozialismen auf Überwindung der kapitalistischen Marktwirtschaft gerichtet sind, und Planwirtschaft als radikales Gegenmodell propagiert wird, während die anderen zur kapitalistischen Marktwirtschaft kritisch eingestellten Schulen auf interventionistischen Reformen zielen und Planwirtschaft als notwendige Ergänzung, aber nicht als prinzipielle Alternative zum Marktsystem begreifen (Konvergenztheorie). In diesem Sinn argumentierten etwa die Befürworter der Planwirtschaft in der deutschen Planwirtschaftsdebatte nach dem Ersten Weltkrieg (W. Rathenau u. a.).
Der Haupteinwand der neoliberalen Gegner der Planwirtschaft beziehungsweise der Wirtschaftslenkung (L. von Mises, F. A. von Hayek, Ordoliberalismus) betrifft v. a. die Unmöglichkeit, in einer zentralistischen Planwirtschaft ein knappheitspreisbezogenes Rechnungssystem und damit die unabdingbare Voraussetzung für effizienten Faktoreinsatz zu gewährleisten. Das Modell des Konkurrenzsozialismus (sozialistische Marktwirtschaft) suchte diese Kritik zu widerlegen.
Der realgeschichtliche Hintergrund der Planwirtschaft reicht weit in die vorindustrielle Epoche zurück. Planwirtschaften existierten u. a. in den antiken Bewässerungsreichen (Mesopotamien, Ägypten, China) und im Inkareich. In Europa wurden Elemente einer Planwirtschaft vom Merkantilismus seit dem 16. Jahrhundert eingesetzt, und die erste umfassende Planwirtschaft, die wesentliche Merkmale der Planwirtschaft unseres Jahrhunderts vorwegnahm, entstand 1793/94 während der französischen Revolutionskriege. Die erste Planwirtschaft einer industrialisierten Volkswirtschaft des 20. Jahrhunderts wurde während des Ersten Weltkrieges im Deutschen Reich geschaffen, und kriegswirtschaftliche Zwänge (Kriegswirtschaft) waren auch während des Zweiten Weltkrieges für den Übergang zur Planwirtschaft in Deutschland, aber auch in Großbritannien und den USA bestimmend. Die Verbindung von Planwirtschaft und Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln, also die sozialistische Planwirtschaft, wurde mit dem Aufbau der Planwirtschaft in der UdSSR nach 1917 und der zwangsweisen Einführung des sowjetischen Planwirtschaftsmodells in den osteuropäischen Ländern zum Prototyp der Planwirtschaft.
Als entscheidender Nachteil der Planwirtschaft hat sich in der Praxis herausgestellt, dass eine zentrale Planungsbehörde mit der Koordination und Lenkung der ökonomischen Aktivitäten überfordert ist, dass die Betriebe keinen (oder nur geringen) Anreiz haben, ihre Produktionskapazitäten zu offenbaren, Innovationen vorzunehmen und Strukturen zu verändern und dass es in der Regel zur Ausdehnung einer unproduktiven Bürokratie kommt, die nur schwer auf veränderte Marktbedingungen reagieren kann. Dazu trägt häufig die Reformfeindlichkeit eines undemokratischen politischen Systems bei. Unzureichende Konsumgüterversorgung und daraus resultierende Kaufkraftüberhänge führen in Planwirtschaften vielfach zu zurückgestauter Inflation. Zwar ist Planwirtschaft nicht notwendigerweise mit Demokratie unvereinbar, die historische Erfahrung spricht jedoch gegen eine praktische Vereinbarkeit.
Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaft in Mittel- und Osteuropa erfolgt dort in Transformationsgesellschaften ein Übergang zu marktwirtschaftlichen Strukturen. Dieser erfordert vielfältige und durchgreifende Reformen, die sich im Wesentlichen auf vier Hauptbereiche erstrecken: 1) makroökonomische Stabilisierung (Haushaltssanierung, Inflationsbekämpfung, Beschäftigungssicherung), 2) Preis- und Marktreform, 3) Privatisierung und Abbau staatlicher Monopole, 4) Neubestimmung der Staatsaufgaben.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Eigentum · Marktwirtschaft · Planung · Sozialismus · Wirtschaftsordnung
K. P. Hensel: Einf. in die Theorie der Zentralverwaltungswirtschaft (31979);
Lenkungsprobleme u. Inflation in Planwirtschaften, hg. v. K.-E. Schenk (1980);
A. Drexler: P. in Westdtl. 1945-1948 (1985);
M. Bardmann: Grundlagen einer Theorie ökonom. Leitung u. Planung (1988);
Soziale Marktwirtschaft - sozialist. P. Ein Vergleich Bundesrep. Dtl. - DDR, hg. v. H. Hamel (51989);
Von der P. zur Marktwirtschaft - Chancen u. Risiken für Ost u. West, hg. v. K. H. Oppenländer u. a. (1990);
J. Drzymalla: Planung im sowjet. Wirtschaftssystem (1991);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Planwirtschaft: Grundlagen und Grundprobleme
Wirtschaftsordnung: Grundzüge von Wirtschaftsordnungen
Weltwirtschaft: Wohlstand und Wirtschaftskrisen (1950-85)
Wirtschaftsordnung: Planwirtschaft und Marktwirtschaft
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Plan|wirt|schaft, die: von einer staatlichen Stelle zentral geplante Volkswirtschaft.
Universal-Lexikon. 2012.