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Stalinismus
Marxismus-Leninismus; Bolschewismus; Maoismus; Planwirtschaft; Sozialismus; Staatskapitalismus; Kommunismus

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Sta|li|nịs|mus 〈m.; -; unz.; Pol.〉 der von J. W. Stalin (1879-1953) weiterentwickelte Marxismus u. dessen durch ihn vorgenommene Umsetzung

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Sta|li|nịs|mus [ʃt… , st…], der; -:
von J. W. Stalin (1879–1953) geprägte Interpretation bzw. Variante des Marxismus, die durch autoritär-bürokratische Methoden u. Herrschaftsformen gekennzeichnet ist.

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I
Stalinịsmus,
 
im weiteren Sinn das von Stalin in der Sowjetunion entwickelte, auch über seinen Tod hinaus in den kommunistischen Staaten wirksame bürokratisch-diktatorische Herrschaftssystem, das seit 1956 im Rahmen der Entstalinisierung erstmals infrage gestellt wurde und nach 1985 im Zuge der von Generalsekretär M. S. Gorbatschow durch einen »Umbau« von Staat und Gesellschaft (»Perestroika«) - allerdings auf dem Boden des Marxismus-Leninismus - in eine demokratische Richtung verändert werden sollte; im engeren Sinn die von Stalin entwickelte Deutung marxistisch-leninistischer Theoreme, die die Dialektik des Geschichtsprozesses im Sinne einer starren Gegensätzlichkeit vereinfachte.
 
Im Gegensatz zu L. D. Trotzkij, der davon sprach, dass sich die proletarische Revolution nur im internationalen Rahmen zu Ende führen lasse (Trotzkismus), ging Stalin von der Notwendigkeit eines »Aufbaus des Sozialismus in einem Lande« aus, da die proletarische Revolution nur in Russland gesiegt habe. Die im Aufbau befindliche sozialistische Gesellschaft sollte durch eine »Revolution von oben« weiterentwickelt werden, v. a. durch einen verschärften Klassenkampf gegen Relikte feudalistischer und kapitalistischer Gesellschaftsstrukturen und ihre Repräsentanten (besonders auf dem Land: »Kampf dem Kulakentum«). Darüber hinaus sollte der durch »kapitalistische Einkreisung« bedrohte sozialistische Staat gestärkt und die Industrialisierung der Gesellschaft bei ständiger Steigerung des Wirtschaftspotenzials vorangetrieben werden; dabei wurde der Förderung der Grundstoff- und Schwerindustrie Vorrang vor der Konsumgüterindustrie eingeräumt. Zur Realisierung dieses Konzepts wurden alle Bereiche der Gesellschaft durch Terror (Straflager [GULAG], Ermordung wirklicher oder vermeintlicher politischer Gegner), besonders jedoch durch ständige Säuberungen, einer rigorosen Kontrolle unterworfen. Dabei entwickelte sich die vom Marxismus zur Durchsetzung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung geforderte Diktatur des Proletariats zur Diktatur der Partei und der vom Marxismus-Leninismus aufgestellte Primat der »Partei neuen Typs« in der sozialistischen Gesellschaft zur Herrschaft der Parteisekretäre, besonders des Generalsekretärs, über Partei und Staat. Vor diesem Hintergrund war das gesellschaftliche und politische Leben in der Sowjetunion seit Ende der 1920er-Jahre zunehmend durch einen auf Stalin ausgerichteten Personenkult mit zum Teil quasireligiösen Zügen geprägt, der als systemstabilisierendes Moment von diesem gezielt instrumentalisiert wurde.
 
Außenpolitisch stellte der Stalinismus die These auf, dass die Stärkung der UdSSR die notwendige Voraussetzung der Weltrevolution sei. Er forderte daher die Unterordnung der kommunistischen Weltbewegung unter die Interessen der UdSSR. So gelang es ihm, die Kommunistische Internationale (Komintern) der sowjetischen Außenpolitik dienstbar zu machen. Gleichzeitig verband er den Bolschewismus mit nationalistischen Vorstellungen, die in einem großrussischen Nationalismus ihren Niederschlag fanden, der während des Zweiten Weltkriegs im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland zur Hebung der Kampfmoral und danach zur Dominierung der »slawischen Brudernationen« diente. Ideologisch rechtfertigte Stalin dies in den »Linguistikbriefen« (1950), in denen das Volk an die Stelle der Klasse tritt. Diese Entwicklung führte 1948 zum Bruch Stalins mit dem von J. Tito geführten Jugoslawien (Kommunistisches Informationsbüro). Innerhalb des Ostblocks wurden Partei- und Staatsfunktionäre, die sich der stalinschen Außenpolitik widersetzten oder zu widersetzen schienen, in Schauprozessen verurteilt (z. B. R. Slánský, L. Rajk, W. Gomułka, J. Kádár). Die von der »begrenzten Souveränität der sozialistischen Staaten« ausgehende Breschnew-Doktrin (1968) wurzelt in den Denkmustern des Stalinismus. Mit der Aufgabe dieser Doktrin durch Gorbatschow (1989/90) setzte die Verselbstständigung der Staaten des Ostblocks ein.
 
Literatur:
 
I. Elleinstein: Gesch. des S. (a. d. Frz., 21977);
 
Probleme der Sowjetgesellschaft zw. Kollektivierung u. Weltkrieg, hg. v. G. Erler u. a. (1982);
 W. Suess: Die Arbeiterklasse als Maschine. Ein industriesoziolog. Beitr. zur Sozialgesch. des aufkommenden S. (1985);
 I. Fetscher: Von Marx zur Sowjetideologie (221987);
 H. Niemann: Vorlesungen zur Gesch. des S. (1991);
 W. Ruge: S. - eine Sackgasse im Labyrinth der Gesch. (1991);
 
Stalins DDR. Berichte politisch Verfolgter, hg. v. R. Knechtel u. a. (1991);
 R. Stettner: »Archipel GULAG«: Stalins Zwangslager - Terrorinstrument u. Wirtschaftsgigant (1996);
 
Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen u. Terror, Beitrr. v. S. Courtois u. a. (a. d. Frz., 1998);
 
Terror. Stalinist. Parteisäuberungen 1936-1953, hg. v. H. Weber u. a. (1998).
II
Stalinismus
 
Der Begriff des Stalinismus bezeichnet eine Herrschaftsform, die durch die unumschränkte Macht einer Parteiführung oder eines Parteiführers charakterisiert ist, die im Falle Stalins auch die Aufhebung der innerparteilichen Demokratie umfasste. Stalinismus bedeutet aber auch die Hinwendung zu autoritär-bürokratischen Methoden, denen ein dogmatisches Verständnis des Marxismus entspricht. Dazu gehören Überzentralisierung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens, Voluntarismus, auch Irrationalismus der Ent scheidungen, Dogmatismus im Denken, Verschärfung der Arbeitsverfassung, Unterdrückung nichtrussischer Nationalitäten und insgesamt Terror gegenüber weiten Kreisen der Bevölkerung. Entstanden Ende der Zwanzigerjahre aus einem Zusammentreffen von akuter Wirtschaftskrise und tief greifenden strukturellen Wandlungen durch die »Neue Ökonomische Politik«, gründete sich der Stalinismus auch auf Traditionen autoritären Denkens und Handelns sowie gewaltsamer Lösungsmuster in Krisensituationen in der Geschichte Russlands und der Sowjetunion. Der Rückgriff auf diese Tradition wurde durch die Spannungen zwischen revolutionären Ideen und sozialer Wirklichkeit im Rahmen des riesigen Territoriums mit völlig unterschiedlichen Strukturen begünstigt. Stalinistische Systeme bildeten sich nach dem Zweiten Weltkrieg im sowjetisierten Osteuropa. Nachwirkungen sind weit über den Tod Stalins hinaus bis heute zu spüren.
 
Das Leid, das der Stalinismus über viele Menschen brachte, ist unermesslich. Der Terror, der in mehreren »Säuberungs«-Wellen gipfelte, forderte Millionen von Opfern. Zahlreiche »Volksschädlinge« fristeten, völlig unschuldig, in Straf- und Arbeitslagern ihr Dasein. Ein Großteil der Bevölkerung lebte in ständiger Angst. Dadurch wurden Gegner des Systems ausgeschaltet und mögliche Kritiker eingeschüchtert. Darüber hinaus diente der Terror dazu, Fehler und Mängel des Systems auf angebliche »Saboteure« abzuschieben, statt sie in der eigenen Politik zu suchen. Rivalitäten zwischen einzelnen Apparaten und Personengruppen kamen ebenso hinzu wie ein zeitweise außer Kontrolle geratendes Denunziantentum.
 
Der Stalinismus wurde allerdings nicht nur durch Terror zusammengehalten. Nach Überwindung der katastrophalen Folgen des Umbruchs von 1929 waren Verbesserungen der Lebensverhältnisse nicht zu übersehen, die Hoffnungen auf einen stetigen Aufschwung weckten. Viele Arbeiter waren stolz auf die Leistungen, die sie im Zuge der Industrialisierung vollbrachten. Der Widerstand der Bauern gegen die Kollektivierung konnte dadurch etwas beruhigt werden, dass ihnen ein Stück Hofland zur freien Bewirtschaftung verblieb. Die dort erzeugten Produkte erlangten gesamtwirtschaftlich eine erhebliche Bedeutung. Besonders wichtig waren die neuen Beschäftigungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, die dem System eine gewisse Loyalität sicherten. Schließlich gewann Stalin als »Vaterfigur« in der schwer überschaubaren, alle Lebensbereiche erfassenden Umbruchzeit und dann noch einmal mit dem Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg eine weit verbreitete Autorität.
 
Die Erfolge des Stalinismus, die das Land etwa auf den zweiten Platz in der Weltproduktion brachten und ihm eine Weltmachtstellung verschafften, erwiesen sich als vordergründig. Letztlich gingen sie auf Kosten der Bevölkerung und förderten eine Wirtschaftsordnung, die durch ihre vorrangig schwerindustriell ausgerichtete Produktion und ihre bürokratisch-zentralistische Planung den Grund für ihren Niedergang legte. Diskreditiert wurde auch die internationale sozialistische Bewegung, überhaupt die Idee, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Die Prägungen des Stalinismus können nur schwer überwunden werden; einen ersten Ansatz zur Überwindung des Stalinismus in der Sowjetunion brachte der XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956.

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Sta|li|nịs|mus [ʃt..., st...], der; -: von J. W. Stalin (1879-1953) geprägte Interpretation des Marxismus u. die darauf beruhenden, von Stalin erstmals praktizierten Methoden u. Herrschaftsformen.

Universal-Lexikon. 2012.