Verbundwerkstoffe: Vereinigung von Eigenschaften
Als Verbundwerkstoffe bezeichnet man Werkstoffe aus mindestens zwei Komponenten, die nebeneinander vorliegen, also nicht ineinander gelöst sind. Der Stoff, der den Zusammenhalt des Verbundes sicherstellt, heißt Matrix, der die Festigkeit erhöhende Stoff wird Verstärkungsmaterial genannt. Verbundwerkstoffe lassen sich durch Sintern, Einbettung von Fasern z. B. in Kunststoffe oder Tränken von porösen Körpern herstellen. Bestimmend für ihre Herstellung und Eigenschaften sind die Oberflächenreaktionen der Grenzflächen, d. h. chemische Reaktionen, Adhäsion und Diffusion innerhalb der Oberflächenzone.
Verbundwerkstoffe werden dort eingesetzt, wo das Eigenschaftsprofil konventioneller Werkstoffe den Anforderungen nicht mehr gerecht werden kann. Durch die geeignete Kombination von Einzelstoffen lassen sich Verbundwerkstoffe herstellen, die die positiven Eigenschaften der Einzelstoffe vereinigen und die negativen Eigenschaften möglichst überdecken. So lassen sich Werkstoffe für bestimmte Anforderungen »maßschneidern«, z. B. Werkstoffe, die sehr zugfest und dennoch leicht sind, eine hohe Warmfestigkeit oder besondere Oberflächeneigenschaften aufweisen. Nach der Form der im Verbund vorliegenden Stoffe unterscheidet man Faserverbundwerkstoffe, Teilchenverbundwerkstoffe und Schichtverbundwerkstoffe.
Faserverbundwerkstoffe
Bei Faserverbundwerkstoffen lassen sich alle Werkstoffgruppen, also Metall, Keramik und Kunststoff, miteinander kombinieren; es muss jedoch berücksichtigt werden, dass Fasern nur in ihrer Längsrichtung verstärkend wirken. Durch die Dichte und Orientierung der Fasern kann man die Werkstoffe und Bauteile ihrem Einsatzbereich anpassen: Teile aus kohlefaserverstärkten Polymeren werden beispielsweise im Airbus, aber auch für Sportgeräte eingesetzt. Zunehmende Bedeutung gewinnen Verbundwerkstoffe mit metallischer Matrix, die MMC (englisch metal matrix composites). Als Matrix verwendet man meist, um das Gewicht zu reduzieren, Aluminium- oder Magnesiumlegierungen, die Fasern bestehen aus Keramik. Solche Bauteile sind hochfest und steif, dabei aber sehr leicht. Sie werden in der Luft- und Raumfahrtindustrie, in der Automobiltechnik (z. B. Pleuelstangen oder Bremsscheiben [in der Erprobung]) sowie im Maschinenbau eingesetzt, wo schnellbewegende Komponenten wie Wellen oder Roboterarme verwendet werden. Weitere Anwendungsmöglichkeiten von Leichtmetall-Verbundwerkstoffen mit Aluminiummatrix gibt es für Sportartikel, z. B. Fahrradrahmen für Mountainbikes oder Tennis- und Golfschläger. Neben der metallischen Matrix hat auch die keramische, die glasige bzw. die glaskeramische Matrix an Bedeutung gewonnen. Beispiel eines Verbundwerkstoffs mit keramischer Matrix ist Stahlbeton.
Teilchenverbundwerkstoffe
Hartmetalle und Cermets sind typische Vertreter der Teilchenverbundwerkstoffe: Bei Hartmetallen handelt es sich um ein Phasengemisch aus einem kleinen Anteil metallischer Phasen (z. B. Kobalt, Nickel, Eisen) und einem größeren Anteil, bis zu 94 % Volumenanteil, keramischer Phasen, meist Karbide der Übergangsmetalle (z. B. Wolfram- oder Titankarbid). Sie weisen einen hohen Schmelzpunkt und eine hohe Härte auf. Eingesetzt werden Werkzeuge aus Hartmetall vor allem dann, wenn eine hohe Verschleißfestigkeit und eine Erwärmung erwartet wird, so z.B. in der Zerspanungstechnik bei hohen Schnittgeschwindigkeiten (Arbeitstemperatur bis ca. 700 ºC), oder in der Umformtechnik als Werkzeug für die plastische Verformung. Cermets bestehen zu einem größeren Anteil (etwa 80 % Volumenanteil) aus einer Oxidkeramik und zu einem kleineren Teil aus einer metallischen Phase. Sie werden innerhalb der Fertigungstechnik wie Hartmetalle eingesetzt, dienen aber auch als Reaktorwerkstoffe, da man in die keramische Phase der Cermets kernphysikalisch wirksame Atomarten einbauen kann.
Durch die Beschichtung von Oberflächen werden Schichtverbundwerkstoffe hergestellt. In der Regel wird dabei auf die Oberfläche eines Werkstoffes eine fest haftende Schicht eines zweiten Werkstoffes aufgebracht. Das Aufbringen dieser Schicht ist aus dem gasförmigen (z. B. Aufdampfen), flüssigen (z. B. Eintauchen, elektrolytisches Auftragen) oder festen Zustand (z. B. Sprengplattieren) möglich. Die Eigenschaften des Inneren des beschichteten Werkstoffs bleiben dabei unberührt. Durch die Beschichtung erreicht man z. B. eine chemische Beständigkeit in aggressiver Atmosphäre, eine elektrische Isolation, einer höheren Abriebfestigkeit oder eine Veränderung der Reflexionsfähigkeit oder der Farbgebung. Eine besondere Form der Schichtverbundwerkstoffe sind Laminate, flächige Verbunde aus mehreren Schichten mit einem Bindemittel. Das Pressen eines Laminats ist meist mit einer Formgebung verbunden.
Universal-Lexikon. 2012.