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Rosenkreuzer
Ro|sen|kreu|zer 〈Pl.〉 auf eine 1614 erschienene Schrift zurückgehender Name mehrerer geheimer theosoph. Bruderschaften; oV Rosenkreutzer [nach den Schriften des Joh. Valentin Andreae (1605) über einen legendären Christian Rosenkreutz]

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Rosenkreuzer,
 
früher Rosencreutzer, Bezeichnung für verschiedene religiöse und weltanschauliche Bewegungen: 1) im 17. Jahrhundert eine Reformbewegung innerhalb des Protestantismus, 2) bis zum 18. Jahrhundert verschiedene Richtungen im Umfeld der Freimaurerei und 3) seit dem 19. Jahrhundert v. a. Selbstbezeichnung von Vertretern des modernen Okkultismus (Neo-Rosenkreuzertum).
 
Die ersten historischen Nachweise für das angebliche Bestehen einer geheimen Rosenkreuzerbruderschaft sind die im Freundeskreis J. V. Andreäs entstandenen Rosenkreuzermanifeste »Fama fraternitatis« (1615) und »Confessio fraternitatis. ..« (1615) sowie die von Andreä selbst verfasste »Chymische Hochzeit. Christiani Rosencreutz« (1616). Sie bezweckten eine Erneuerung der reformatorischen Impulse mit dem Ziel der »Generalreformation« der ganzen Welt, deren Basis die Harmonie zwischen (Renaissance-)Wissenschaft und christlichem Glauben sein sollte (»Pansophie«). Als Vorbild für die Erneuerung von Kirche, Staat und Gesellschaft wurde die literarische Fiktion einer »Bruderschaft« eingeführt, die von einem zwischen 1378 und 1484 lebenden »Christian Rosencreutz«, dessen Grab die Bruderschaft im Jahre 1604 wieder aufgefunden habe, zum Zwecke einer Kirchenreform gegründet worden sei. Die Symbolik wird entweder auf M. Luther oder Andreä, die beide in ihrem Wappen die Rose und das Kreuz trugen, zurückgeführt. Während u. a. J. A. Comenius, R. Descartes und wahrscheinlich auch Friedrich V. von der Pfalz mit der Rosenkreuzerbewegung sympathisierten, distanzierte sich Andreä schon 1619 von ihr.
 
Die Idee einer geheimen menschenfreundlichen Bruderschaft wirkte jedoch weiter, und die Rosenkreuzerbewegung lebte in anderer Gestalt im Zusammenhang mit der Freimaurerei wieder auf: v. a. in England (R. Fludd, E. Ashmole) sowie, unabhängig davon, in dem im 18. Jahrhundert entstandenen »Orden der Gold- und Rosenkreuzer« (Mitglied u. a. der preußische König Friedrich Wilhelm II. und sein Minister J. C. Wöllner), der bis zu seiner Auflösung 1787 in Preußen zu einem Machtinstrument gegen die Aufklärung und aufklärerischen Richtungen der Freimaurerei, wie die Illuminaten, wurde.
 
Seit dem 19. Jahrhundert wird die Rosenkreuzertradition v. a. von verschiedenen Okkultorden und neognostischen Gemeinschaften in Anspruch genommen, z. B. von der »Societas Rosicruciana in Anglia« (gegründet 1866) und dem »Hermetic Order of the Golden Dawn« (gegründet 1888). Die Lehre der heute aktiven Rosenkreuzergruppen ist zum Teil eng verwandt mit der angloindischen Theosophie und der Anthroposophie R. Steiners, die ebenfalls beanspruchen, wahre Nachfolger der Rosenkreuzer zu sein. Die weltweit größte dieser Gruppen ist der »Alte Mystische Orden vom Rosenkreuz« (AMORC, gegründet 1916 von Harvey Spencer Lewis, * 1883, ✝ 1936) mit Sitz in San José (Calif.). In Deutschland besonders aktiv sind die »Rosenkreuzergemeinschaft« (gegründet 1909 von Max Heindel, * 1865, ✝ 1919) und die »Internationale Schule des Rosenkreuzes/Lectorium Rosicrucianum« (gegründet 1923 von Jan van Rijckenborgh, * 1896, ✝ 1968). Im Zentrum der modernen okkulten Rosenkreuzerlehren steht die Idee der »Transfiguration«: Die im Menschen latent vorhandenen göttlichen Kräfte (»Geistfunkenatom«) sollen erweckt und bis zur Entfaltung der vollen Göttlichkeit wirksam gemacht werden. Der Einweihungsprozess umfasst, beginnend mit den Schulungskursen dieser Gruppen, viele irdische Existenzen (Reinkarnationen).
 
Literatur:
 
K. R. H. Frick: Die Erleuchteten, 3 Bde. (Graz 1973-78);
 F. A. Yates: Aufklärung im Zeichen des Rosenkreuzes (a. d. Engl., 1975);
 H. Schilling: Im Zeichen von Rose u. Kreuz. Histor. u. moderne R. (1977);
 G. Adams: Das Rosenkreuzertum als Mysterium der Trinität (a. d. Engl., 1981);
 H. Möller: Die Bruderschaft der Gold- u. Rosenkreuzer, in: Freimaurer u. Geheimbünde im 18. Jh. in Mitteleuropa, hg. v. H. Reinalter (21986);
 P.-R. König: Ein Leben für die Rose (1995).
 

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Ro|sen|kreu|zer, der; -s, - [nach dem legendären Gründer Chr. Rosenkreuz (angeblich 1378-1484)]: Mitglied eines seit dem 15. Jh. in verschiedenen Ausprägungen bestehenden okkultistisch-theosophischen Geheimbundes.

Universal-Lexikon. 2012.