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Freimaurerei
Frei|mau|re|rei 〈f. 18; unz.〉 weltweite, vom Deismus ausgehende, humanitäre Bewegung auf der Grundlage einer natürl. Ethik

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Frei|mau|re|rei, die <o. Pl.>:
Bewegung der Freimaurer.
Dazu:
frei|mau|re|risch <Adj.>.

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Freimaurerei
 
[von englisch Freemasonry], eine international verbreitete, in den einzelnen Ländern in Logen organisierte Bewegung (Bruderschaft), die sich einer humanitären, auf Toleranz und Achtung vor der Menschenwürde beruhenden Geisteshaltung verpflichtet fühlt, die in den Logen in rituellen »Arbeiten« vermittelt wird. Auf dieser Grundlage treten die Logenmitglieder (Freimaurer) für freie Entfaltung der Persönlichkeit, Hilfsbereitschaft, Brüderlichkeit und ein friedlich, sozial gerechtes Zusammenleben der Menschen ein. Grundlage freimaurerischen Selbstverständnisses ist die Überzeugung, dass alle Konflikte ohne zerstörerische Auswirkungen ausgetragen werden können, wenn ein ausreichendes Vertrauensverhältnis zwischen allen Menschen geschaffen werden kann. Die in der brüderlichen Gemeinschaft in Tempelarbeiten gewonnene Selbsterkenntnis soll zugleich Gewissen und Verantwortungsgefühl gegenüber Staat und Gesellschaft schärfen. Das (außerhalb der Freimaurerei nicht bekannte eigentliche) Ritual der Freimaurer, das in seinen wesentlichen Bestandteilen überall auf der Erde gleich ist, kann als ein dynamisches Symbol des kosmischen Geschehens gedeutet werden. Das teilnehmende Logenmitglied ordnet sich mithilfe der Symbolik der rituellen Handlungen bewusst in die Gesetzmäßigkeit des Universums ein und soll durch diese lebendige Beziehung lernen, sein Leben in immer zunehmenderen Maß aus einem übergeordneten Bewusstsein heraus zu gestalten. Jede Arbeit besitzt den Charakter einer Feier; zu Beginn wird ein Gebet oder ein Sinnspruch gesprochen und zum Ausklang symbolisch die Kette gebildet. Das Brauchtum der Freimaurer wurzelt in den mittelalterlichen Bauhütten. Die Freimaurerei stellt im Verständnis der Freimaurer eine sinnbildliche Baukunst dar; Gegenstand dieses Bauens ist der einzelne Mensch und über ihn hinaus die gesamte Menschheit. Die Arbeiten werden in drei Graden abgehalten, dem des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters, und erfassen das gesamte Leben des Mannes. Die Freimaurer verwenden besondere Zeichen und tragen zu ihren Arbeiten Abzeichen, Schurz und weiße Handschuhe.
 
Zu den geistigen Grundlagen der Freimaurerei zählen Urkunden wie die »Alten Landmarken« und die »Alten Pflichten«. Erstere stammen zum Teil bereits aus dem 14. Jahrhundert und verlangen die Anerkennung eines »Großen Baumeisters aller Welten«, das Auflegen der Bibel bei den freimaurerischen Arbeiten, die Eigenschaft des freien Mannes von gutem Ruf für die Mitglieder, die Loge als reinen Männerbund. Diese Grundlagen wurden 1723 von dem englischen Geistlichen James Anderson (* 1680, ✝ 1739) in die von ihm verfassten »Alten Pflichten« (»The Constitutions of the Freemasons«) übernommen, auf die damalige Zeit übertragen und gelten noch unverändert.
 
Die Freimaurerei besitzt keine über die ganze Erde reichende, zusammenhängende Organisation. Die Vereinigungen der Freimaurer, die Logen, sind innerhalb des Staates, in dem sie arbeiten, in mindestens einer Großloge zusammengeschlossen und rechtlich in der Regel nach dem Vereinsrecht organisiert. Die Mitglieder einer Loge wählen in freier Wahl ihren Vorsitzenden, den Meister vom Stuhl oder Logenmeister. Die Logenmeister wählen auf dem Großlogentag den Großmeister und dessen Mitarbeiter in der Führung der Großloge. Auch die Großlogen sind eingetragene Vereine oder Körperschaften des öffentlichen Rechts. In Deutschland besteht ein von allen Logen gemeinsam getragenes »Freimaurer. Hilfswerk« und in Bayreuth das Deutsche Freimaurer-Museum mit Bibliothek.
 
Geschichte:
 
Die Bezeichnung »freemason« erscheint erstmals 1376 in einer Londoner Urkunde und entspricht der deutschen Berufsbezeichnung »Steinmetz«. Das Wort »lodge« (Loge), urkundlich zuerst 1278 erwähnt, bezeichnete ursprünglich ein Holzgebäude, das den Bauhandwerkern als Werkstatt und wohl auch als Versammlungsraum diente, seit dem 14./15. Jahrhundert auch die Gruppe von Steinbauwerkern, die gemeinsam an einem Bauvorhaben arbeitete. 1717 entstand durch den Zusammenschluss von vier Londoner Logen die erste Großloge. Von 1725 an begann die Freimaurerei von England aus auf das europäische Festland überzugreifen, zuerst nach Frankreich, wo die erste Großloge 1736 gebildet wurde.
 
In Deutschland wurde 1737 die erste Loge in Hamburg gegründet (»Loge d'Hambourg«, jetzt »Absalom zu den drei Nesseln«). Sie nahm 1738 den preußischen Kronprinzen, den späteren König Friedrich II., den Großen, in den Bund auf. Dieses Ereignis war die Initialzündung für die Ausbreitung der Freimaurerei in Preußen und bald im übrigen Deutschland. Insgesamt arbeiteten vor 1933 (Schließung der Logen, Einzug ihrer Vermögen, zum Teil Verfolgung der Mitglieder durch das nationalsozialistische Regime) in Deutschland etwa 76 000 Freimaurer. Die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland neu gegründeten Logen schlossen sich 1958 zu den »Vereinigten Großlogen von Deutschland« zusammen (heute etwa 20 500 Freimaurer in 400 Logen). Seit 1990 sind die Freimaurer wieder in ganz Deutschland zugelassen (Mitgliederzahlen aus den neuen Bundesländern sind nicht bekannt). - In Österreich entstanden seit 1742 zahlreiche Logen. 1918 wurde die heutige »Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Österreich« errichtet (1938-45 verboten), die heute 22 Logen zählt. - In der Schweiz wurde die erste Freimaurerloge 1736 in Genf gegründet, 1844 in Zürich die »Schweizerische Großloge Alpina«, der heute alle 51 schweizerischen Logen angehören. - Weltweit gibt es fast 7 Mio. Freimauerer in über 30 000 Logen; davon in den USA rd. 4 Mio., in Europa etwa 1,5 Mio. und in Mittel- und Südamerika rd. 1 Mio. (genaue Zahlen sind nicht bekannt).
 
In allen autoritär regierten Staaten ist die Freimaurerei verboten. Die Freimaurerei erregte von Anfang an auch das Missfallen der katholischen Kirche, die sie zwischen 1738 und 1918 in 12 päpstlichen Stellungnahmen verurteilte und die Freimaurer wegen antiklerikaler Ziele und humanistisch-deistischer Weltanschauung exkommunizierte. Der 1972 begonnene offizielle Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Freimaurerei, der dazu geführt hatte, dass die von selbst eintretende Exkommunikation der Freimaurer in der Praxis nicht mehr generell vorausgesetzt wurde - allerdings ohne dass die entsprechende Bestimmung des Kirchenrechts geändert worden wäre -, ist seit 1980 (eingeleitet durch eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz) durch die erneute restriktive Auslegung dieser Bestimmung wieder abgebrochen worden. Auch das In-Kraft-Treten des neuen Codex Iuris Canonici (1983), der den Begriff Freimaurerei an keiner Stelle mehr erwähnt, auch nicht im Zusammenhang der mit Exkommunikation belegten Delikte, änderte nichts an dieser Praxis. Dabei wird die kirchenrechtliche Bestimmung über »gegen die Kirche gerichtete Vereinigungen« (c. 1374 CIC) von der Deutschen Bischofskonferenz im Sinne einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Freimaurerei und Kirchenmitgliedschaft ausgelegt.
 
Viele bekannte Persönlichkeiten waren Freimaurer, u. a.: D. Diderot, P. de Beaumarchais, G. J. Danton, Marquis de La Fayette, G. E. Lessing, C. M. Wieland, J. G. Herder, Goethe, J. Haydn, Mozart, F. Liszt, J. Sibelius, G. Washington, B. Franklin, B. Disraeli, F. D. Roosevelt, H. S. Truman, W. Churchill, Fürst Blücher, G. J. D. von Scharnhorst, Freiherr vom und zum Stein, S. Bolívar, Graf Cavour, G. Garibaldi, A. S. Puschkin, W. Scott, V. Hugo, G. Stresemann, K. Tucholsky, C. von Ossietzky.
 
Literatur:
 
H. Lachmann u. G. A. Schiffmann: Hochgrade der F. (1866-82, Nachdr. Graz 1974);
 E. Lennhoff: Die Freimaurer (Wien 1929, Nachdr. ebd. 1988);
 J. K. Lagutt: Der Grundstein der F. (Zürich 1958);
 M. Steffens: Freimaurer in Dtl. Bilanz eines Vierteljahrtausends (21966);
 D. Knoop u. G. P. Jones: Die Genesis der F. (a. d. Engl., 1969);
 U. von Merhart: Welt-F. (1969);
 E.-G. Geppert: Die Herkunft, die Gründer, die Namen der Freimaurerlogen in Dtl. seit 1737 (1976);
 F. C. Endres: Die Symbole des Freimaurers (1977);
 B. Wein: Die Bauhütten u. ihre Entwicklung zur F. (1977);
 P. Naudon: Gesch. der F. (a. d. Frz., 1982);
 R. Appel: Was jeder Freimaurer wissen muß (31984);
 R. Appel: Die großen Leitideen der F. (1986);
 K. Baresch: Kath. Kirche u. F. (Wien 21984);
 F. W. Haack: Freimaurer (71984);
 H. Schneider: Dt. Freimaurer-Bibliothek, 2 Tle. (1993);
 D. A. Binder: Die Freimaurer. Ursprung, Rituale u. Ziele einer diskreten Gesellschaft (1998);
 E. Lennhoff u. a.: Internat. Freimaurer-Lex. (Wien 1932, überarbeitete u. erw. Neuaufl. München 2000).

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Frei|mau|re|rei, die <o. Pl.>: Bewegung der Freimaurer: Zur Zeit der Französischen Revolution übte die F. großen politischen Einfluss aus (Wilhelm, Unter 161).

Universal-Lexikon. 2012.