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Treuhandanstalt
Treu|hand|an|stalt 〈f. 20〉 = Treuhand (2)

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Treu|hand|an|stalt, die <o. Pl.>:
(von 1990 bis 1994) Bundesbehörde, die mit der Sanierung, Privatisierung durch Verkauf od. Schließung von Betrieben, Immobilien u. Ä. der DDR beauftragt war.

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Treuhand|anstalt,
 
Abkürzung THA, umgangssprachlich kurz Treuhand, rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministers der Finanzen. Die Treuhandanstalt wurde noch von der DDR auf Beschluss der Regierung Modrow am 1. 3. 1990 mit einer Zentrale in Berlin und 15 Außenstellen in den Bezirken gegründet. Sie sollte im Zuge des Übergangs zu einem »marktwirtschaftlichen Sozialismus« v. a. die Umwandlung der staatlichen Betriebe in Unternehmen mit der Rechtsform von Kapitalgesellschaften in Angriff nehmen. Das am 17. 6. 1990 von der Volkskammer der DDR erlassene »Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)«, in Kraft seit 1. 7. 1990, bestätigt durch Art. 25 Einigungsvertrag, regelte den rechtlichen Rahmen der Treuhandanstalt neu und gab ihr den Auftrag, die unternehmerische Tätigkeit des Staates durch Privatisierung so rasch und so weit wie möglich zurückzuführen, die Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen herzustellen und somit Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen sowie Grund und Boden für wirtschaftliche Zwecke bereitzustellen. Gleichzeitig mit der endgültigen Umwandlung aller staatlichen Unternehmen in Kapitalgesellschaften zum 1. 7. 1990 wurde die Treuhandanstalt alleiniger Kapitaleigner dieser Unternehmen. Der aus den Kombinaten und volkseigenen Betrieben hervorgegangene Bestand umfasste 1990 rd. 8 000 Unternehmen und nahm durch Entflechtungen und Aufspaltungen noch beträchtlich zu. Darüber hinaus verwaltete die Treuhandanstalt rd. 1,45 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche (rd. 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in den neuen Ländern) und rd. 770 000 ha Forstfläche der volkseigenen Güter und LPG. Zusätzlich zu den drei Kernaufgaben der Treuhandanstalt, nämlich der Privatisierung, Sanierung (Umstrukturierung) und gegebenenfalls Stilllegung (»Abwicklung«), wurden der Treuhandanstalt zahlreiche weitere administrative Aufgaben zugewiesen, z. B. die Verwaltung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen, die Rückübertragung von Vermögen an Kommunen (Rekommunalisierung z. B. von Kindergärten, Betrieben des öffentlichen Personennahverkehrs) und die Rückgabe von Unternehmen an frühere Eigentümer (offene Vermögensfragen). Besonders umstritten war die Aufgabe der Stilllegung von auch auf längere Sicht nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen; in etlichen Fällen wurden die Stilllegungspläne nach politischer Intervention und unter dem Druck der Öffentlichkeit aufgegeben.
 
Die Treuhandanstalt beendete ihre Tätigkeit am 31. 12. 1994. Aus ihren Maßnahmen zur Sanierung, Privatisierung, Ablösung der Altschulden und Abwicklung hinterließ die Treuhandanstalt Ende 1994 rd. 204,6 Mrd. DM aufgelaufene Schulden, die zum 1. 1. 1995 auf den Erblastentilgungsfonds übertragen wurden. Die ab 1995 entstehenden Defizite der Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt (1995-97 insgesamt 34,3 Mrd. DM) werden direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert.
 
Die verbleibenden Aufgaben der Treuhandanstalt obliegen seit 1. 1. 1995 vier Nachfolgeorganisationen: 1) Für die noch nicht verkauften und als sanierungsfähig eingestuften Unternehmen waren als Träger der aktiven Sanierungsbegleitung Management-Kommanditgesellschaften (MKG) gebildet worden. Die vier bestehenden MKG mit 47 Beteiligungsunternehmen und zwei verbliebenen Direktbeteiligungen wurden unter dem Dach der BMG Beteiligungs-Management-Gesellschaft mbH zusammengefasst. Ein Großteil der Unternehmen wurde bis Ende 1996 privatisiert, die BMGB beendete ihre operative Privatisierungstätigkeit zum 31. 12. 1997. 2) Die bereits 1991 von der Treuhandanstalt gegründete Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH (TLG, auch Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt genannt) wurde analog zur BMGB in eine Besitzgesellschaft umgewandelt (unmittelbare Bundesbeteiligung). Sie übernahm den gewerblichen und wohnungswirtschaftlichen Liegenschaftsbestand der Treuhandanstalt und führt die Rekommunalisierung und Privatisierung sowie die Rückgabe an Alteigentümer fort. 3) Die 1992 gegründete Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ist für die land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften zuständig. Zunächst lagen 91,65 % des Kapitals bei drei staatlichen Banken, seit Ende 1995 ist die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben Alleingesellschafterin. In einer ersten Phase der Privatisierung verpachtete die BVVG rd. 90 % der landwirtschaftlichen Treuhandflächen langfristig, danach begann im Rahmen des so genannten Flächenerwerbsprogramms (
 
Flächenerwerb) der Verkauf v. a. an die Pächter. 4) Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) übernahm die übrigen Aufgaben der Treuhandanstalt, v. a. die Überwachung der noch (Mitte 1997) rd. 21 000 »aktiven« Privatisierungsverträge auf die Einhaltung der von Investoren übernommenen Arbeitsplatz- und Investitionszusagen, die Bearbeitung der noch offenen Anträge auf Kommunalisierung (Ende 1997 rd. 30 % von mehr als 227 000 Anträgen) und Vermögenszuordnung (rd. 244 000 Flurstücke) sowie die Bearbeitung von noch (Mitte 1997) rd. 4 000 unternehmensbezogenen vermögensrechtlichen Reprivatisierungsansprüchen. Die Aufgabe der Stilllegung soll bis Ende 1998 nahezu beendet werden, von den Anfang 1998 noch in Abwicklung befindlichen 3 200 Unternehmen sollen dann noch 100-150 verbleiben. Ursprünglich sollte die BvS ihre Tätigkeit 1998 beenden, jedoch wurde eine Fortführung über 1998 hinaus beschlossen.
 
Literatur:
 
Treuhand intern, hg. v. B. Breuel (1993);
 
T., hg. v. W. Fischer u. a. (1993);
 M. Kemmler: Die Entstehung der T. (1994);
 F. Ebbing: Die Verkaufspraxis der T. (1995);
 C. Freese: Die Privatisierungstätigkeit der T. (1995);
 J. Laub: Management buy-outs and Management buy-ins in den neuen Bundesländern (1995);
 R. Mayr: Die Privatisierungspolitik der T. (1995).

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Treu|hand|an|stalt, die: (von 1990 bis 1994) Bundesbehörde, die mit der Sanierung, Privatisierung durch Verkauf od. Schließung von Betrieben, Immobilien u. Ä. der DDR beauftragt ist.

Universal-Lexikon. 2012.