Ọr|gel|mu|sik, die <o. Pl.>:
a) für die Aufführung auf einer Orgel bestimmte, komponierte Musik;
b) auf einer Orgel gespielte Musik; Orgelspiel.
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Ọrgelmusik,
die auf der Orgel gespielte beziehungsweise zur Ausführung auf diesem Instrument bestimmte Musik. Obwohl bereits in der Karolingerzeit die Orgel Eingang in die abendländische Musikpraxis und die musikalische Gestaltung des christlichen Gottesdienstes gefunden hatte, setzt die Überlieferung von Orgelmusik erst im 14. Jahrhundert ein und gehört bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts zum Komplex der für die verschiedenen Tasteninstrumente bestimmten Klaviermusik. Sie lässt sich in drei Gattungen gliedern: 1) das freie, improvisatorische Präludieren (Praeambula), 2) die Übertragung (Intavolierung) von Vokalmusik auf die Orgel, 3) Choralbearbeitungen, die der Alternatimpraxis, d. h. der wechselweisen Ausführung von kirchlichen Gesängen durch einstimmigen Chor und in mehrstimmiger Bearbeitung durch die Orgel, entspringen. Im 17. Jahrhundert wurde eine Hochblüte liturgischer Orgelmusik und gleichzeitig deren nationale Ausprägung erreicht. Die italienischen Organisten (A. und G. Gabrieli, C. Merulo, G. Frescobaldi) nutzten die spiel- und satztechnischen Möglichkeiten ihrer einmanualigen Orgeln aus und entwickelten selbstständige Formen instrumentalen Charakters in Toccata, Ricercar, Canzona, Capriccio und Versett (kleines Orgelstück, das beim liturgischen Wechselgesang statt eines gesungenen Verses gespielt wird); die süddeutsche und österreichische Orgelmusik stand unter italienischem Einfluss, die französischen Organisten entfalteten in ihren Orgelmessen, Hymnen- und Magnificatbearbeitungen sowie in den frei komponierten Offertoires Klang- und Farbenpracht in vielfältigen Registerkombinationen; die Organisten der großen Kirchenorgeln in den norddeutschen Hansestädten (H. Scheidemann, F. Tunder, D. Buxtehude, V. Lübeck, N. Bruhns) zielten durch das Spiel auf mehreren Manualen auf Klangwechsel zwischen den ausgeprägten Teilwerken der Orgel (Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk) und entwickelten neue Formen der Orgelmusik: den ausdrucksvollen monodischen (kolorierten) Orgelchoral, die Choralfantasie und die ausgedehnte, frei komponierte, mit fugenartigen Teilen und virtuosen Pedalpartien durchsetzte norddeutsche Orgeltoccata. Alle diese Gattungen und Formen erfuhren eine geniale Synthese und zugleich ihre höchste Ausprägung im Orgelwerk J. S. Bachs. Erst nach 1830 erwachte erneut das Interesse an Orgelmusik mit Kompositionen von F. Mendelssohn Bartholdy, R. Schumann, F. Liszt und J. Brahms. In Frankreich entfaltete sich ein sinfonischer Orgelstil mit C. Franck, F. A. Guilmant und C.-M. Widor, fortgeführt im 20. Jahrhundert durch L. Vierne und M. Dupré; O. Messiaen ist mit seiner farbenprächtigen Behandlung des Instruments die überragende Komponistengestalt. In Deutschland gab M. Reger mit seinen von bachscher Polyphonie und wagnerscher Harmonik beeinflussten Orgelwerken der Orgelmusik neue Impulse, in deren Gefolge verstärkt liturgisch gebundene Orgelmusik geschaffen wurde. Seit den 60er-Jahren entdeckt die musikalische Avantgarde (ausgehend u. a. von G. Ligeti, B. Hambraeus, I. Yun) die Orgel neu mit Blick auf die Möglichkeiten bisher nicht genutzter Spieltechniken und Klangqualitäten (z. B. Clusterspiel, Spiel mit hohen Aliquotregistern, Halbherausziehen der Registerzüge zur Winddrosselung).
G. Frotscher: Gesch. des Orgelspiels u. der Orgelkomposition, 3 Bde. (1-41966-78);
W. Apel: Gesch. der Orgel- u. Klaviermusik bis 1700 (1967);
V. Lukas: Reclams O.-Führer (61992);
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Ọr|gel|mu|sik, die: vgl. ↑Orgelwerk.
Universal-Lexikon. 2012.