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Zähne
Beißer (umgangssprachlich); Gebiss; Kauleiste (umgangssprachlich)

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Zähne,
 
Dẹntes, in der Mundhöhle der meisten Wirbeltiere vorhandene, modifizierte Teile des Hautskeletts, die in ihrer Gesamtheit das Gebiss bilden. Zähne fehlen bei niederen Chordatieren sowie bei fossilen und rezenten Kieferlosen (die Neunaugen besitzen Hornzähne als funktionell vergleichbare Strukturen). Die Zähne sind offenbar im Zusammenhang mit der Entstehung der Kiefer bei den Kiefermäulern in der (ektodermalen) Mundbucht entstanden und dienen dem Ergreifen, Anschneiden, Zerreißen und Zermahlen der Nahrung. Sie sind von den Plakoidschuppen paläozoischer Haie ableitbar, einfachsten Hautzähnen mit basaler Knochenmasse, Dentinkrone und innerer Pulpahöhle.
 
Bau der Zähne:
 
Die chemische Grundsubstanz der Zahnhartteile besteht zu über 95 % aus Hydroxylapatit, der als Zahnbein (Dentin), Zahnschmelz (Enamelum) und bei den Säugetieren zusätzlich als Zahnzement in Erscheinung tritt.
 
Im Zahninneren, vom Zahnbein umschlossen, liegt in einer Zahnhöhle (Pulpahöhle, Cavum dentis) das Zahnmark (Zahnpulpa, Pulpa dentis, umgangssprachlich »Zahnnerv«) mit Odontoblasten, Bindegewebe, Blutgefäßen und Nerven. Ohne Zahnhöhle sind nur die sekundär fest und massiv gewordenen (pleodonten) Zähne verschiedener Reptilien. - Soweit der Zahn nicht wurzellos ist, besteht er aus der das Zahnfleisch überragenden, oft Zahnschmelz tragenden Zahnkrone (Corona dentis) und der (bei den Säugetieren) von Zahnzement überzogenen, einfachen oder verzweigten, im Zahnfach des Kieferknochens verankerten Zahnwurzel (Radix dentis). Dazwischen liegt der vom Zahnfleisch umschlossene Zahnhals (Collum dentis, Cervix dentis).
 
Formen:
 
Primitive, wurzellose Zähne kommen bei Fischen, Amphibien und Reptilien vor. Sie stellen den Grundtyp der Zähne in Form leicht zugespitzter, konischer Gebilde dar (Kegelzähne), die bei vielen Fischen und Reptilien zu Pflasterzähnen, bei Haien durch seitliche Abflachung kantig, auch mehrzackig, bei Schlangen zu Giftzähnen umgebildet sein können und immer ein homodontes (d. h. ein aus gleich gestalteten Zähnen bestehendes) Gebiss ergeben.
 
Bei den Säugetieren (einschließlich des Menschen) wird das Gebiss heterodont, d. h., es lässt sich in Schneidezähne, Eckzähne, vordere Backenzähne und Backenzähne gliedern. Die meist meißelförmigen Schneidezähne liegen bei den Säugetieren im Zwischenkiefer und im gegenüberliegenden vorderen Unterkieferbereich, wobei die rechte und linke Kieferhälfte jeweils gleich viele Schneidezähne trägt. Im Unterschied dazu kann die Anzahl der Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer verschieden sein. So fehlen z. B. dem Schaf (wie allen Paarhufern, die dafür als Ersatz eine Hornplatte haben) die oberen Schneidezähne völlig, während der Unterkiefer sechs Schneidezähne trägt, die, charakteristisch für die Wiederkäuer, nach vorn gerichtet sind und mit den Eckzähnen zusammen eine Schneide bilden. Bei den Elefanten fehlen die unteren Schneidezähne, die beiden oberen sind (v. a. beim Männchen) als Stoßzähne ausgebildet. - Die kegel- bis dolchförmigen Eckzähne können stark verlängert sein, z. B. als Fangzähne bei Raubtieren, als Hauer bei Schweinen, oder sie können ganz fehlen (z. B. bei Nagetieren und fast allen Wiederkäuern im Oberkiefer). - Außerdem können v. a. die Backenzähne je nach Tierart verschieden ausgebildet sein. Bei Pferd, Rind und Elefant sind sie hypsodont, wobei die Höcker oder Leisten der Zahnkrone stark in die Höhe wachsen und die Zwischenräume eine Zementausfüllung erhalten. Im Unterschied zu den brachyodonten (niederkronigen) Zähnen sind sie widerstandsfähig gegen eine schnelle Abnutzung, v. a. durch das Kauen der harten, kieselsäurehaltigen Gräser. Bei Schweinen, Affen und auch beim Menschen sind sie bunodont, d. h., sie haben mehrere, stumpfe, nicht miteinander verbundene Höcker auf der Mahlfläche. Plizident sind sie bei vielen Nagern und Wiederkäuern, wobei die Wände der Zahnkrone stark gefaltet sind.
 
Besondere Spezialisierungen der Zähne sind u. a.: Nagezähne, die meißelförmigen, mit je einem Paar sehr tief im Ober- und Unterkiefer steckenden Schneidezähne der Nagetiere, Hasen und Pfeifhasen. Da sie ständig nachwachsen, muss die Abnutzung dem Wachstum angeglichen werden; weiterhin Pflugzähne (Stöberzähne), stark verlängerte Zähne im vorderen Kieferabschnitt, z. B. bei Wildschwein, Narwal und Mammut, die zum Freilegen der Nahrung dienen.
 
Die Verankerung der Zähne im Kiefer erfolgt bei den Haien (die keine knöchernen Kiefer besitzen) durch faserige Strukturen. Eine solche faserige Anheftung, und zwar am knöchernen Skelett, kommt jedoch auch bei Knochenfischen, Schlangen und einigen Eidechsen vor. Meist sind die Zähne aber fest mit der darunter liegenden Knochenmasse des Kiefers verbunden. Bei den Säugetieren (einschließlich des Menschen) und Krokodilen ist die Zahnwurzel außerdem noch in eine Höhlung (Zahnfach, Alveole, Alveolus dentalis) der Kieferknochen eingelassen, sodass zusammen mit dem Zahnzement sowie einer zusätzlichen bindegewebigen gefäß- und nervenreichen, ein elastisches Zahnbett darstellenden Zahnwurzelhaut (Periodontium) und dem Zahnfleischsaum ein spezieller Zahnhalteapparat (Parodontium) entsteht.
 
Zahnwechsel:
 
Bis auf wenige Ausnahmen unterliegen die Zähne einem mehrfachen oder (bei Säugetieren und dem Menschen) einem einmaligen Wechsel. Bei Letzterem werden die (etwas kleineren) Zähne der ersten Zahngeneration als Milchzähne (Dentes decidui, Dentes lactales) bezeichnet. Man spricht von einem vertikalen Zahnwechsel, wenn der neue Zahn von unten (im Unterkiefer) beziehungsweise von oben her (im Oberkiefer) den alten Zahn (mit bereits durch Osteoklasten weitgehend abgebauter Wurzel) ersetzt; von einem horizontalen Zahnwechsel, wenn die hinten im Kiefer stehenden (noch funktionslosen) Zähne allmählich nach vorn wandern, und zwar in dem Maß, wie die vorderen Zähne abgenutzt und abgestoßen werden (v. a. bei Elefanten, Seekühen, Kängurus).
 
Die 32 Zähne im bleibenden Gebiss (Dentes permanentes) des Menschen bilden in Ober- und Unterkiefer je einen Zahnbogen. Die Schneidezähne (Inzisivi, Incisivi) haben eine scharfe Schneidkante zum Abbeißen der Nahrung und nur eine Wurzel. Die Eckzähne (Canini) haben meist eine zugespitzte Schneide und eine lange Wurzel. Die vorderen Backenzähne (Prämolaren) besitzen eine zweihöckerige Krone; sie sind unten mit einer, oben mit zwei Wurzeln im Kiefer befestigt. Die Krone der Backenzähne (Mahlzähne, Molaren) ist vierhöckerig; die oberen haben drei, die unteren zwei Wurzeln. Die hintersten (dritten) Backenzähne (Weisheitszähne) werden erst im 4. oder 5. Lebensjahr angelegt. Ihr Durchbruch (der auch ausbleiben kann) erfolgt nach dem 16. Lebensjahr; ihre Wurzeln sind häufig gebogen beziehungsweise zu einer gekrümmten Wurzel vereinigt.
 
Die Zahnbildung (Zahnentwicklung, Odontogenie, Dentifikation) beginnt beim Menschen im zweiten Embryonalmonat mit der Einsenkung je einer bogenförmigen Zahnleiste (Schmelzleiste) ins Bindegewebe des Ober- und Unterkiefers; bis zum Zeitpunkt der Geburt sind die Zähne nahezu ausgebildet im Kiefer vorhanden. Der Durchbruch der insgesamt 20 Milchzähne (erstes Zahnen, erste Dentition) erfolgt beim Menschen etwa zwischen dem 6. und dem 30. Lebensmonat (zuerst erscheinen die beiden mittleren Schneidezähne des Unterkiefers). Vom 6. bis etwa zum 16. Lebensjahr werden die Milchzähne durch die bleibenden Zähne ersetzt (zweites Zahnen, zweite Dentition), wobei zunächst ein erster Backenzahn (Sechsjahresmolar) erscheint. Die festliegende Reihenfolge, in der die verschiedenen Zähne im Verlauf der beiden Dentitionen zum Durchbruch kommen, ermöglicht Altersbestimmungen (z. B. in der Rechtsmedizin).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Zähne: Aufbau und Erkrankungen
 
Säugling: Wachstum und körperliche Entwicklung
 

Universal-Lexikon. 2012.