Brẹschnew,
Brežnev [-ʒ-], Leonid Iljitsch, sowjetischer Politiker, * Kamenskoje (heute Dnjeprodserschinsk) 19. 12. 1906, ✝ Moskau 10. 11. 1982; Diplomingenieur, seit 1931 Mitglied der KPdSU; stieg als Anhänger von N. S. Chruschtschow in der ukrainischen KP-Organisation auf und nahm als politischer Kommissar am Zweiten Weltkrieg teil (1943 Generalmajor). 1950-52 war Breschnew Erster Sekretär des ZK der KP Moldawiens und 1954/55 der KP Kasachstans; 1952 wurde er Mitglied des ZK, seit 1957 gehörte er dem Präsidium beziehungsweise (seit 1966) dem Politbüro der KPdSU an. 1960-64 stand er als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets formal an der Spitze des sowjetischen Staates.
1964 beteiligte sich Breschnew am Sturz Chruschtschows und übernahm dessen Nachfolge als Erster Sekretär (seit 1966 Generalsekretär) der KPdSU. In der Folgezeit baute er seine innenpolitische Machtstellung aus; A. N. Kossygin und N. W. Podgornyj, die 1964 gemeinsam mit ihm die Führung des Landes übernommen hatten, sahen sich nach 1970 immer stärker von ihm in den Hintergrund gedrängt. 1976 erhielt Breschnew den Titel eines Marschalls der Sowjetunion und übernahm 1977 als Vorsitzender des Obersten Sowjets erneut das Amt des Staatsoberhauptes.
Unter seiner Führung wurde die Entstalinisierung abgebrochen und eine vorsichtige Rehabilitierung Stalins gefördert; es setzte wieder eine verschärfte Reglementierung des kulturellen Lebens in der UdSSR ein. Seit den 70er-Jahren suchte er die unter dem Eindruck der Schlussakte von Helsinki (1975) entstandene sowjetische Bürgerrechtsbewegung zu unterdrücken (z. B. Lagerhaft für Dissidenten, 1974 Ausweisung A. I. Solschenizyns und 1980 Verbannung von A. D. Sacharow). Bei wachsender Förderung des militärisch-industriellen Bereichs sah sich Breschnew zunehmend mit Versorgungsfragen konfrontiert. Seine v. a. auf den Machterhalt des Parteiapparats zielende Innenpolitik, die stark von Bürokratismus und restaurativen Zügen geprägt war, mündete in eine Stagnation des gesamten gesellschaftlichen Lebens.
Außenpolitisch war die Sowjetunion unter Breschnew v.a. um die Behauptung ihrer Weltmachtstellung neben den USA bemüht; durch massive Einmischung in die inneren Vorgänge der Länder des »sozialistischen Lagers« wurde die sowjetische Vormachtrolle unter diesen abgesichert. Mithilfe der militärischen Intervention von Staaten des Warschauer Pakts in der Tschechoslowakei (1968) unterband Breschnew reformkommunistische Entwicklungen im Ostblock (Breschnew-Doktrin); 1980/81 übte er Druck auf die kommunistische Partei- und Staatsführung in Polen aus, die Aktivitäten der unabhängigen Gewerkschaftsorganisation Solidarność zu unterbinden (daraufhin Verhängung des Kriegsrechts unter W. Jaruzelski). Nach außenpolitischen Erfolgen in der Entspannungs- und Abrüstungsdiplomatie (z. B. Moskauer Vertrag, 1970; Berlinabkommen, 1971; SALT I, 1972; SALT II, 1979) verschärfte der von Breschnew veranlasste Einmarsch in Afghanistan (Dezember 1979) wieder den Ost-West-Konflikt; der hohe sowjetische Rüstungsstand führte u. a. 1979 zum NATO-Doppelbeschluss.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Sowjetunion: Die UdSSR und der Ostblock
Brẹschnew,
Brẹžnev [-ʒ-], 1982-88 Name der russischen Stadt Nabereschnyje Tschelny.
Universal-Lexikon. 2012.