Akademik

Geschlechtshormone
I
Geschlechtshormone
 
(Sexualhormone): Sammelbezeichnung für die Hormone der Keimdrüsen, das heißt der Eierstöcke und Hoden. Sie sind für das Wachstum und die geschlechtliche Entwicklung zum Mädchen und zur Frau beziehungsweise zum Jungen und zum Mann und für die Fortpflanzung (Bildung der Keimzellen, Schwangerschaft, Geburt und Stillen) notwendig. Die wichtigsten Geschlechtshormone sind die im männlichen Geschlecht überwiegenden Androgene (Testosteron und Dihydrotestosteron), die beim weiblichen Geschlecht überwiegenden Östrogene (Östrogen, Östradiol und Östriol) und die Gelbkörperhormone, die die Schwangerschaft vorbereiten und erhalten (Progesteron und das Mutterkuchenhormon HCG). Androgene und Östrogene werden bei beiden Geschlechtern schon in der Embryonalzeit und dann wieder ab der Pubertät in unterschiedlichen Mengenverhältnissen in Hoden und Eierstöcken gebildet, in geringerer Menge auch in der Nebennierenrinde. Alle genannten Geschlechtshormone sind chemisch miteinander verwandte Steroidhormone. Im weiteren Sinne kann man auch die gonadotropen Hormone dazurechnen, sie stimulieren die Keimdrüsen zur Bildung und Reifung der Keimzellen und zur Hormonproduktion.
II
Geschlechtshormone,
 
Sexualhormone, Bezeichnungen für alle Hormone, die die Entwicklung und Funktion der Geschlechtsdrüsen und Geschlechtsorgane bestimmen und steuern und für die Ausbildung der Geschlechtsmerkmale beim Menschen und den Wirbeltieren verantwortlich sind. Im engeren Sinn versteht man unter den Geschlechtshormonen nur die Keimdrüsenhormone; diese gehören chemisch zu den Steroiden und werden in männlich (Androgene) und weiblich (Östrogene und Gestagene) unterteilt. Im weiteren Sinn werden auch die im Hypophysenvorderlappen, während der Schwangerschaft auch in der Plazenta gebildeten, aus Glykoproteinen bestehenden gonadotropen Hormone (Gonadotropine) zu den Geschlechtshormonen gezählt.
 
Androgene sind Hormone, die v. a. im Hoden, weiterhin in der Nebennierenrinde und in geringen Mengen im Eierstock gebildet werden; Hauptvertreter sind Testosteron und Androstendion, weitere Vertreter das Androsteron, ein typischer Metabolit der Androgene mit noch erheblicher androgener Wirksamkeit, und das nur schwach wirksame Adrenosteron. Die Androgene werden in der frühen Embryonalperiode gebildet; ihr Vorhandensein bewirkt die Entwicklung männlicher Geschlechtsorgane. Weiterhin sind sie für die Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale des Mannes, typisch männlichen Körperbau (Muskelmasse) und männliches Verhalten, Reifung der Samenzellen, Geschlechtstrieb u. a. verantwortlich. Neben der sexualspezifischen Wirkung haben sie einen Eiweiß aufbauenden (anabolen) Effekt, beeinflussen das Knochenwachstum u. a.
 
Östrogene werden v. a. in den Graaf-Follikeln und im Gelbkörper, in der Plazenta und in geringerem Umfang auch in der Nebennierenrinde und im Hoden gebildet; Hauptvertreter sind Östron, Östradiol und Östriol. Sie beeinflussen das Wachstum der weiblichen Geschlechtsorgane und sind für die Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale der Frau, weiblichen Körperbau (Fetteinlagerung) und weibliches Verhalten verantwortlich. Zusammen mit den Gestagenen bewirken sie die zyklische Veränderungen an den weiblichen Geschlechtsorganen, den Aufbau und die Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut (Menstruation) und die Vorbereitung der Gebärmutter auf die Einnistung des befruchteten Eies. Daneben wirken sie auf den Stoffwechsel, den Knochenbau, die Blutgerinnung u. a.
 
Die Gestagene werden v. a. im jeweiligen Gelbkörper des Eierstocks (Gelbkörperhormone, Corpus-luteum-Hormone) und in der Plazenta, in geringerem Umfang auch in der Nebenniere gebildet; Hauptvertreter ist das Progesteron. Sie beeinflussen die weiblichen Geschlechtsorgane durch Zusammenwirken mit den Östrogenen; spezielle Funktionen werden ihnen bei der Einnistung des befruchteten Eies, der Erhaltung der Schwangerschaft und bei der Regelung der Körpertemperatur zugeschrieben.
 
Die Sekretion der Geschlechtshormone unterliegt dem übergeordneten Einfluss der Hypophyse. Deren Tätigkeit wird durch einen Teil des Zwischenhirns, den Hypothalamus, gesteuert, der Neurohormone produziert. Diese Neurohormone wirken als Freisetzungsfaktoren (Releasinghormone) auf die Hypophyse, sodass diese die Gonadotropine ausschüttet. Die Gonadotropine wirken ihrerseits auf die Geschlechtsdrüsen und veranlassen sie zur Ausschüttung der Keimdrüsenhormone, die nun erst auf die verschiedenen Zielorgane wirken. Die Selbststeuerung des Systems Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen-Geschlechtsdrüsen erfolgt so, dass zwischen dem Keimdrüsenhormonspiegel im Blut und der Sekretionstätigkeit des Sexualzentrums im Hypothalamus ein Rückkopplungsmechanismus besteht: Ein Anstieg des Keimdrüsenhormonspiegels führt zur Drosselung der Ausschüttung von Releasinghormonen für die Gonadotropine.
 
Die Biosynthese der Keimdrüsenhormone beginnt mit der Abspaltung der Seitenkette von Cholesterin und mit der Bildung von Pregnenolon, aus dem im Hoden in erster Linie Testosteron, im Eierstock dagegen Progesteron beziehungsweise Östradiol und Östron gebildet werden. Chemisch unterscheiden sich die Gruppen der Androgene, Östrogene und Gestagene durch verschiedene Seitenketten und Doppelbindungen im Steroidgerüst, die die spezifischen Wirkungen verursachen.
 
Literatur:
 
Endokrinologie, bearb. v. K. Hierholzer u. a, Bd. 2 (1977);
 R. Reinboth: Vergleichende Endokrinologie (1980);
 
Gynäkolog. Endokrinologie u. Fortpflanzungsmedizin, hg. v. B. Runnebaum u. T. Rabe, 2 Bde. (1994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Geschlechtshormone der Frau und der Menstruationszyklus
 

Universal-Lexikon. 2012.