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Giscard d'Estaing
Giscard d'Estaing
 
[ʒiskardɛs'tɛ̃], Valéry, französischer Politiker, * Koblenz 2. 2. 1926; stammt aus einer Familie, die über mehrere Generationen hinweg im französischen Staatsdienst arbeitete, seit 1954 »Inspecteur des Finances«, 1956-73 Abgeordneter, 1959-62 Staatssekretär im Finanzministerium, war 1962-65 und 1969-74 Wirtschafts- und Finanzminister, 1967-74 auch Bürgermeister von Chamalières (Département Puy-de-Dôme). Politisch zunächst innerhalb des Centre National des Indépendants et Paysans (CNIP) tätig, gründete er 1966 nach dem Bruch dieser Partei mit den Gaullisten (1962) die gaullistenfreundliche Fédération Nationale des Républicains Indépendants (FNRI) und suchte als Vorsitzender, dieser Partei ein liberales und europäisch orientiertes Profil zu geben. Bei dem Referendum 1969, das zum Rücktritt Präsident C. de Gaulles führte, trat er gegen diesen auf, unterstützte aber dessen Nachfolger G. Pompidou (1969-74).
 
Am 19. 5. 1974 wurde Giscard d'Estaing mit 50,8 % der Stimmen zum Staatspräsidenten gewählt. Gestützt auf die Zusammenarbeit zwischen Gaullisten und Unabhängigen Republikanern, ernannte er zunächst den Gaullistenführer J. Chirac, nach einem Konflikt mit diesem den Parteilosen R. Barre zum Premierminister Mit der Gründung der Union pour la Démocratie Française (UDF) gelang ihm 1978 eine Erweiterung seiner parlamentarischen Basis in der Nationalversammlung. Giscard d'Estaing begann seine Amtszeit mit einem auf Liberalität bedachten Reformprogramm (u. a. Liberalisierung der Abtreibungs- und Scheidungsgesetzgebung). Ohne dauerhaften Erfolg bemühte er sich, Arbeitslosigkeit und Inflation einzudämmen. Bei den Präsidentschaftswahlen 1981 unterlag er dem Sozialisten F. Mitterrand mit 48,2 % der Stimmen.
 
Außenpolitisch unterhielt Frankreich unter Giscard d'Estaing gute Beziehungen sowohl zu den USA als auch zur UdSSR. In die strategischen Planungen Frankreichs bezog er - unter Betonung der französischen Unabhängigkeit - wieder stärker als seine Vorgänger die NATO-Vorstellungen ein. In seiner Europapolitik förderte er die integrativen Momente der Europäischen Gemeinschaft. Mit militärischen Interventionen (u. a. im Tschad, 1978) hielt er die französische Präsenz in Afrika aufrecht.
 
Nach seiner Wahlniederlage arbeitete Giscard d'Estaing weiter in der UDF (Vorsitzender 1988-96) und in parlamentarischen Institutionen (u. a. Präsident des außenpolitischen Ausschusses).
 
Am 16. 12. 2001 wurde Giscard d'Estaing auf dem EU-Gipfel in Laeken (Belgien) zum Vorsitzenden eines Konvents zur Vorbereitung der EU-Reform berufen.
 
Werk: Le pouvoir et la vie (1988; deutsch Macht und Leben. Erinnerungen); Le passage (1994, Roman).

Universal-Lexikon. 2012.