Honigbienen,
Apis, seit dem Oligozän (vor rd. 38-25 Mio. Jahren) nachweisbare, heute durch den Menschen weltweit verbreitete Gattung Staaten bildender Bienen mit sechs aus den Tropen Südostasiens und Afrikas stammenden Arten; Blüten besuchende Insekten, deren Hinterbeine als Pollensammelapparat ausgebildet sind (Beinsammler); Unterschenkel und erstes Fußglied sind stark verbreitert, Ersterer mit eingedellter Außenseite (Körbchen); Innenseite des Fußgliedes mit Borstenreihen (Bürste), die in das Körbchen des gegenüberliegenden Hinterbeins Pollen abstreifen (Bildung so genannter Höschen). - Die Honigbienen verwenden zum Nestbau aus Drüsen abgesondertes Wachs (Bienenwachs), chemisch ein Gemisch aus langkettigen Fettsäuren (Wachssäuren) und deren Estern. - Der bei Arbeitsbienen und bei der Königin ausgebildete Giftstachel ist mit Widerhäkchen versehen, weswegen er nach einem Stich aus der elastischen Haut der Säugetiere nicht wieder herausgezogen werden kann.
Zu den Honigbienen gehören u. a. die folgenden Arten: Riesenhonigbienen (Apis dorsata), etwa hornissengroß, wild lebend in Indien und auf den Sundainseln; baut nur eine sehr große, über 1 m breite Wabe mit bis zu 70 000 Zellen; Zwerghonigbienen (Apis florea), in Süd- und Südostasien; zwei Hinterleibssegmente ziegelrot, die anderen schwarz mit weißen Querstreifen; Nester bestehen aus einer einzigen, handtellergroßen Wabe; wird in Indien zur Honiggewinnung genutzt. Die wichtigste Art ist die Honigbiene (Apis mellifica, Apis mellifera) mit zahlreichen Unterarten. Diese eigentlichen Honigbienen lebten ursprünglich in hohlen Ästen oder Baumstümpfen Eurasiens und Afrikas, wo sie parallel nebeneinander hängende Waben anlegten, deren beide Seiten (zur Aufzucht der Brut, Speicherung von Vorräten) sechseckige Zellen trugen (Staaten mehrjährig). Die Imker bieten den Tieren heute Bienenstöcke verschiedenster Art. - Um bessere Honigerträge zu erzielen, wurde in den 1950er-Jahren die schon früh von Siedlern nach Amerika eingeführte europäische Honigbienen im tropischen Südamerika mit einer afrikanischen Unterart (Apis mellifera scutellata) gekreuzt. Die daraus entstandenen »afrikanisierten Honigbienen« vermehrten und verbreiteten sich außerordentlich schnell. Sie sind sehr gute Honigproduzenten, jedoch auch äußerst aggressiv (v. a. unter tropischen Bedingungen), weshalb sie verschiedentlich auch als »Killer«- oder »Mörderbienen« bezeichnet werden.
Man unterscheidet drei Kasten: 1) Arbeiterinnen: 13-15 mm lange Weibchen mit verkümmerten Ovarien; Lebensdauer 4-5 Wochen. Sie müssen alle Arbeiten im Stock verrichten. Jedes Individuum wird (je nach Alter) nacheinander eingesetzt zum Zellenputzen (Putzbiene; etwa 1.-3. Lebenstag), Larvenfüttern (Ammenbiene; etwa 3.-12. Lebenstag), Wabenbau (Baubiene; etwa 12.-18. Lebenstag), Wachdienst vor dem Flugloch (Wehrbiene; etwa 19.-22. Lebenstag) und für den Rest seines Lebens zur Sammeltätigkeit (Trachtbiene). 2) Die nur der Befruchtung der Königin dienenden Drohnen: 15-17 mm lange Männchen, von den Arbeiterinnen unterschieden durch plumperen Körper, große, auf dem Scheitel zusammenstoßende Augen und fehlenden Stechapparat; werden von den Arbeiterinnen gefüttert; treten im Mai zu Hunderten auf und werden Ende Juli von den Arbeiterinnen aus dem Stock vertrieben, wobei sich wehrende Drohnen getötet werden können (Drohnenschlacht). 3) Die Königin (Weisel) ist 20-25 mm lang (mit langem Hinterleib) und ist nur zum Eierlegen (bis 1 500 Eier pro Tag) befähigt; sie muss von Arbeitsbienen gefüttert werden. Ihre Lebensdauer beträgt 3-5 Jahre. Sie wird nur ein einziges Mal auf dem Hochzeitsflug von einem oder mehreren Männchen begattet und speichert die Spermien in einer Samentasche. Jeder Staat (bis zu 70 000 Individuen) kann nur eine Königin haben. Je nachdem, ob die Königin die Eier befruchtet oder nicht, entstehen Weibchen beziehungsweise Männchen. Ob sich aus dem befruchteten Ei eine Arbeiterin oder Königin entwickelt, ist durch den Bau der Zelle (Königinnen benötigen eine größere Zelle: Weiselwiege) und durch die Zusammensetzung des Larvenfutters (Verfüttern von Gelée royale lässt eine Königin entstehen) festgelegt. Ist der Samenvorrat der Königin erschöpft, entstehen nur noch Drohnen (Drohnenbrütigkeit). Dasselbe geschieht, wenn (infolge Ausfalls der Königin) zur Eiablage eine oder mehrere (unbefruchtete) Arbeiterinnen veranlasst werden (Afterweisel, Drohnenmütterchen), wobei Buckelbrut entsteht. Jedes Frühjahr werden mehrere neue Königinnen herangezogen; sobald die Erste von ihnen schlüpfreif ist, verlässt die alte Königin mit einem Teil ihres Volkes den Stock (Schwärmen) und bildet in der Nähe des alten Stocks (z. B. an einem Baumast) zusammen mit den Arbeiterinnen eine große Traube (Schwarmtraube). Von der Traube fliegen Spurbienen aus, um eine neue Unterkunft zu suchen. Die zuerst schlüpfende Jungkönigin ist die neue Königin des im Stock verbliebenen Volkes. Die noch ungeschlüpften Königinnen werden in der Regel getötet.
Die Sinnesorgane der Honigbienen sind hoch entwickelt. Die Honigbienen vermögen Farben zu sehen. Im Vergleich zum Menschen hat sich bei ihnen das Spektrum in Richtung Ultraviolett verschoben, d. h., Rot erscheint ihnen wie Schwarz; dafür können sie Ultraviolettlicht sehen. Hoch entwickelt ist auch der Geruchssinn. Daneben besitzen Honigbienen ein sehr gutes Ortsgedächtnis und die Fähigkeit, ihre Stockgenossinnen über Lage, Entfernung und Art einer ergiebigen Futterquelle zu unterrichten (Bienensprache). Befindet sich die neue Nahrungsquelle innerhalb eines Umkreises von 80-100 m, wird ein Rundtanz getanzt. Bei weiterer Entfernung geben Schwänzeltänze Auskunft. Die der Trachtbiene anhaftenden Duftstoffe informieren darüber, welche Pflanzenart anzufliegen ist. Nach neuesten Untersuchungen besitzt die Honigbiene vor dem Hinterleib eine magnetisch beeinflussbare Region, die aus magnetischen Kristallen (vermutlich Magnetit) besteht, deren Pole gleich ausgerichtet sind. Auf diese Weise können Trachtbienen unter dem Einfluss des Erdmagnetfeldes den (nach dem Sonnenstand zur Trachtquelle ermittelten) Winkel auf die senkrechte Wabenfläche übertragen.
Honig und Honigbienenwachs wurden bereits in frühester Zeit verwendet, wie ein Wandbild aus einem Tempel von Çatal Hüyük aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. und die etwa gleich alte Darstellung von Honigsammlerinnen in einer ostspanischen Höhle belegen. Im alten Ägypten war das Bild der Honigbiene die Hieroglyphe für König; Honigbienen wurden in Tonröhren gehalten. Auch im Koran und in der Bibel werden Honigbienen erwähnt. Im antiken Griechenland und bei den Römern war die Honigbienenhaltung bekannt und weit verbreitet. Seit dem 16. Jahrhundert ging die Honigbienenzucht mit der Einfuhr des Rohrzuckers und der Entdeckung des Rübenzuckers zurück.
Symbolik, Heraldik:
In der Antike glaubte man, dass die Honigbienen ihre Brut nicht zeugen, sondern von den Blüten sammeln. Aufgrund dieser Vorstellung wurde die Honigbiene in der christlichen Welt als Symbol der Jungfräulichkeit und der jungfräulichen Geburt betrachtet; so erscheint der Honigbienenkorb häufig auf Marienbildern. Ferner galt die Honigbiene als Symbol der Arbeitsamkeit und des Ordnungssinns. - In der Heraldik wird sie meist nicht als einzelnes Wappentier dargestellt. Am bekanntesten wurde sie als Wappenbild der korsischen Familie Bonaparte. Napoleon I. verlieh einigen Städten als Auszeichnung ein rotes Wappenschildhaupt mit drei goldenen Honigbienen, so z. B. der Stadt Mainz.
R. Rimmele: Die Tänze der Bienen. Experimentelle Ergebnisse, kontroverse Deutungen, 2 Bde. (1985);
Universal-Lexikon. 2012.