Kịssinger
[englisch 'kɪsɪndʒə], Henry Alfred, amerikanischer Politiker und Politikwissenschaftler deutscher Herkunft, * Fürth (Bayern) 27. 5. 1923; emigrierte 1938 mit seinen jüdischen Eltern in die USA, wurde 1943 naturalisiert und diente 1943-46 als amerikanischer Soldat; lehrte 1954-71 an der Harvard University, seit 1977 an der Georgetown University in Washington (District of Columbia). Ab 1961 war Kissinger zeitweilig als Berater der Präsidenten J. F. Kennedy und L. B. Johnson tätig. Als Sicherheitsberater (1969-75) und Außenminister (1973-77) bestimmte er maßgeblich die Sicherheits- und Außenpolitik der Präsidenten R. M. Nixon und G. R. Ford. Seine auf dem Konzept des Gleichgewichts basierende Politik zielte v. a. auf Entspannung und Rüstungskontrolle im Ost-West-Konflikt, eine Annäherung der USA an die Volksrepublik China und eine Beendigung des amerikanischen Engagements im Vietnamkrieg ab. Der von ihm mit Le Duc Tho ausgehandelte Waffenstillstand (1973), für den beide den Friedensnobelpreis erhielten, ermöglichte den Abzug der amerikanischen Truppen aus Vietnam und Kambodscha. Im Nahostkonflikt, v. a. während und nach dem israelisch-arabischen Krieg vom Oktober 1973, suchte Kissinger im Rahmen einer intensiven Reisediplomatie zu vermitteln (Truppenentflechtungsabkommen, 1974). 1982 gründete er die Beratungsfirma »Kissinger Associates, Inc.«, die Regierungen und Unternehmen weltweit Informationen und Analysen anbietet. Er trat nach den gesellschaftlichen Umbrüchen von 1989-91 in Mittel- und Osteuropa (Zusammenbruch der dortigen kommunistischen Regime) und dem damit verbundenen Ende des Kalten Krieges (Aufhebung der Bipolarität der Welt) v. a. für eine Bewahrung und Festigung der transatlantischen Beziehungen zwischen Europa und den USA, für eine rasche Wiedervereinigung Deutschlands sowie eine Fortsetzung der europäischen Integration ein und forderte - angesichts der Globalisierung der Wirtschaft und der durch zahlreiche Konflikte unruhiger gewordenen Welt - eine Neubestimmung der politischen Ziele der USA und der westlichen Staaten. - 1987 erhielt er den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen.
Werke: A world restored. Castlereagh, Metternich and the restoration of peace 1812-22 (1957; deutsch Großmacht Diplomatie. Von der Staatskunst Castlereaghs und Metternichs, 1986 Neuausgabe unter dem Titel Das Gleichgewicht der Großmächte); American foreign policy (1969; deutsch Amerikanische Außenpolitik); The White House years (1979; deutsch Memoiren); For the record (1981); Years of upheaval (1982, deutsch Memoiren 1973-1974, 3 Bände); Die sechs Säulen der Weltordnung (deutsch 1992); Diplomacy (1994; deutsch Die Vernunft der Nationen).
G. Schweigler: Von K. zu Carter (1982);
C. Hacke: Die Ära Nixon-K.: 1969-74 (1983);
W. Isaacson: K. Eine Biogr. (a. d. Amerikan., 1993).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Vietnamkrieg: Amerikas Desaster
Universal-Lexikon. 2012.