Scaliger,
italienisch Scaligeri [-dʒ-], Dẹlla Scala, norditalienische ghibellinische Adelsfamilie, seit dem 11. Jahrhundert bezeugt, war in Verona seit 1259 sehr einflussreich und hatte dort 1277-1387 die Stadtherrschaft (Signorie) inne. Nach der Vertreibung des Stadtherrn Antonio Scaliger (* 1362, ✝ 1388) durch Gian Galeazzo Visconti (19. 10. 1387) ging der weiter bestehende Zweig der Familie (später unter dem deutschen Namen von der Leiter) allmählich im bayerischen Landadel auf; 1598 starb die Familie im Mannesstamm aus. (Scaliger-Gräber)
Bedeutende Vertreter:
1) Cangrande I., Stadtherr (Signore) von Verona (seit 1308/11), * Verona 9. 3. 1291, ✝ Treviso 22. 7. 1329, Onkel von 3); 1308 von seinem Bruder Alboino (✝ November 1311) zum Mitsignoren erhoben, zusammen mit diesem im März 1311 zum Reichsvikar von Verona ernannt. Er unterwarf Vicenza, Feltre, Belluno, Padua und Treviso. 1318 wählte ihn der lombardische Ghibellinenbund zum Generalkapitän.
2) Mastino I., eigentlich Lonardino (Leonardino), Begründer der Scaligerherrschaft in Verona, ✝ (ermordet) Verona Oktober 1277; wurde als Anhänger Ezzelinos III. da Romano im Januar 1259 Podestà der Kommune Verona. Nach dem Tod Ezzelinos im Herbst 1259 leitete er unter verschiedenen Titeln (Podestà del Popolo, seit 1262 Capitano del Popolo) den Kampf der von den Zunftvorstehern regierten Stadt gegen die Guelfen und legte so mittelbar den Grund für die spätere Signorie seiner Familie.
3) Mastino II., Stadtherr (Signore) von Verona (seit 1329), * 1308, ✝ 4. 6. 1351, Neffe von 1); trat zusammen mit seinem Bruder Alberto II. (* 1306, ✝ 1352), der politisch im Hintergrund blieb, die Nachfolge seines Onkels an, dessen Expansionspolitik er fortzusetzen suchte (Gewinn von Brescia, Parma und Lucca; durch den Widerstand von Venedig, Florenz und Mailand auf Verona und Vicenza zurückgeworfen).
Scaliger,
1) Joseph Justus, französischer klassischer Philologe italienischer Herkunft, * Agen 5. 8. 1540, ✝ Leiden 21. 1. 1609, Sohn von 2); wirkte nach Übertritt zum reformatorischen Glauben (1562) und mehrfacher Teilnahme an den französischen Religionskriegen 1572-74 an der Akademie in Genf und wurde später (1593) Professor in Leiden. Scaliger war wegweisend als Textkritiker und Sprachforscher sowie durch seine Forschungen zur antiken Chronologie, Numismatik und Epigraphik. Auf Scaliger gehen die nach seinem Vater benannten Chronologien der julianischen Periode und des julianischen Datums zurück. Zu seinen Schülern zählte u. a. H. Grotius.
2) Julius Caesar, Humanist und Naturforscher, * Riva del Garda 23. 4. 1484, ✝ Agen 21. 10. 1558, Vater von 1); lebte nach Studien in Bologna seit etwa 1525 in Agen, wo er neben lateinische Gedichten und Gelegenheitsschriften einen Kommentar zu Hippokrates' »De somniis« (1539) und die philosophisch geprägte lateinische Grammatik »De causis linguae latinae« (1540) verfasste. Mit Erasmus von Rotterdam, F. Rabelais und G. Cardano war er in literarischen Fehden über wissenschaftliche Fragen verwickelt. Erst postum erschienen sein Kommentar zur Pflanzenkunde Theophrasts (1566), seine lateinische Übersetzung der Zoologie des Aristoteles (1619) und sein bedeutendstes Werk, die »Poetices libri septem« (1561); ausgehend von der Autorität der Antike, bestimmte Scaliger in dieser einflussreichsten unter den humanistischen Poetiken die dichterische Theorie und Praxis in den europäischen Literaturen bis ins 18. Jahrhundert entscheidend im gelehrt-humanistischen Sinn.
Ausgabe: Poetices libri septem, herausgegeben von L. Deitz und G. Vogt-Spira, auf mehrere Bände berechnet (1994 ff., lateinisch-deutsch).
Universal-Lexikon. 2012.