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Verbundwerkstoffe
Verbundwerkstoffe,
 
Werkstoffe mit einer gezielt aufgebauten Struktur aus mindestens zwei verschiedenartigen, fest miteinander verbundenen Materialien (Composite). In Verbundwerkstoffen werden wesentliche Eigenschaften der einzelnen Komponenten vorteilhaft miteinander kombiniert und dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst. Die Eigenschaften von Verbundwerkstoffen ergeben sich additiv aus denen der Einzelwerkstoffe (Summeneigenschaften). Durch die Variation von Form, Größe und räumliche Verteilung einer der Komponenten können Verbundwerkstoffe aber auch Eigenschaften aufweisen, die denen der einzelnen Werkstoffe überlegen sind (Struktureigenschaften). Je nach Form und Anordnung der verstärkenden Elemente unterscheidet man Faserverbundwerkstoffe, Teilchenverbundwerkstoffe, Durchdringungsverbundwerkstoffe (Tränklegierungen) und Schichtverbundwerkstoffe.
 
Faser- und Teilchenverbundwerkstoffe bestehen aus einer Matrix, in die die Fasern, Fäden, Drähte oder Whisker beziehungsweise Partikel des anderen Materials eingebettet sind. Bei Faserverbundwerkstoffen hängen Festigkeit und Steifigkeit weitgehend vom Fasermaterial ab. Die Matrix schützt die Fasern vor Umwelteinwirkungen und Beschädigungen, verleiht dem Verbundwerkstoff eine gewisse Risszähigkeit und bestimmt Wärme- und Stromleitfähigkeit. Die Fasern können als Endlosfasern parallel oder als kurze Fasern mehr oder weniger orientiert in die Matrix eingebettet sein. Es ist ebenfalls möglich, die als dünne Schichten ausgebildeten Verbunde aus Endlosfasern und Matrix zu einem Laminat, einem Schichtverbundwerkstoff, zusammenzusetzen. Dabei lassen sich zur weiteren Verbesserung der Eigenschaften aus Endlosfasern gewebte, gestrickte, gewirkte oder geflochtene Gewebe als Zwischenlage einbringen. Die Fasern können auch ohne Laminieren zu einem dreidimensionalen gewebten oder geflochtenen Verbund zusammengefasst werden, d. h. die Klebehaftung zwischen den Schichten wird durch eine Verflechtung in vertikaler Richtung ersetzt, was die Festigkeit nochmals verbessert. Mechanisches Verhalten und Zugfestigkeit von Faserverbundwerkstoffen werden aber nicht nur durch die Anordnung der Fasern, sondern auch durch das Zusammenspiel von Fasern und Matrix bestimmt. Bei dem Bruch einer Faser behält diese, im Gegensatz zur Anordnung ohne Matrix, einen Teil ihrer Verstärkungswirkung bei, da die elastische oder plastische Verformung der daran hängenden Matrix Scherkräfte ausübt, die allmählich die Spannung in die Bruchstücke zurückleitet. Umgekehrt werden Risse in der Matrix durch die Fasern an ihrer Ausbreitung gehindert. Als Matrix verwendet man u. a. Polymere (z. B. bei glasfaserverstärkten Kunststoffen), Metalle (Aluminium, Magnesium, Titan), Keramik (Siliciumcarbid, Siliciumnitrid, Aluminiumoxid) oder Kohlenstoff. Die Wahl der Faser ist abhängig von den geforderten mechanischen Eigenschaften (Zug- und Schlagfestigkeit, Steifigkeit) und - mit Rücksicht auf die Einbettung in den Matrixwerkstoff - von der chemischen Verträglichkeit, von der Herstellungstemperatur und der Benetzbarkeit. Verwendet werden v. a. Glasfasern, keramische, polymere und monoatomare Fasern (z. B. Kohlenstoff, Borfasern). Kombinationen von Werkstoffen ein und derselben Gruppe treten bei Durchdringungsverbundwerkstoffen, z. B. bei den Tränkmetallen, auf. Bei diesen Verbundwerkstoffen wird ein poröser metallischer oder keramischer Grundwerkstoff mit einem Metall getränkt (infiltriert), das die Poren ausfüllt.
 
Teilchenverbundwerkstoffe entstehen durch Einlagerung sehr feiner, gleichmäßig verteilter Teilchen (Oxide, Carbide, Nitride, Silicide, Boride, Graphit) in ein Grundgefüge. Zu den Teilchenverbundwerkstoffen zählen dispersionsgehärtete Werkstoffe, deren harte, in der Matrix auch bei höheren Temperaturen nicht lösliche Teilchen eine erhebliche Steigerung der Warmfestigkeit bewirken (z. B. Cermets). Da die Teilchen (Dispersoide) die Versetzungsbewegung hemmen, tritt eine Verfestigung ein. Dispersionswerkstoffe werden v. a. auf dem Wege der Pulvermetallurgie hergestellt.
 
Faserverbundwerkstoffe werden u. a. als Konstruktionswerkstoff für hoch beanspruchte Bauteile in der Luft- und Raumfahrttechnik, im Schiffbau und beim Bau von Sportgeräten eingesetzt. Anwendungsbereiche für Durchdringungs- und Teilchenverbundwerkstoffe sind z. B. selbstschmierende Gleitlager, Kontaktwerkstoffe für die Elektrotechnik sowie Schleifkörper, Wendeschneidplatten und Elektroinstallationsmaterial. In vielen Verbundwerkstoffen sind die Verbundprinzipien mehrerer Arten von Verbundwerkstoffen miteinander kombiniert, z. B. bei dem Material von Autoreifen (Gummimatrix mit Füllstoffen, Einlagerung von Drähten und Gewebe), bei Stahlbeton (geriffelte Stahlstäbe, Zement und Zuschlagstoffe) und bei furnierten Holzspanplatten (Furnierbeschichtung auf Teilchen- oder Faserverbund aus Spänen).
 
Literatur:
 
Einf. in die Technologie der Faserverbundwerkstoffe, hg. v. W. Michaeli u. a. (1989);
 
Composite materials technology. Processes and properties, hg. v. P. K. Mallick u. a. (München 1990);
 
International encyclopedia of composites, hg. v. D. F. Adams u. a., 6 Bde. (New York 1990-91);
 E. Hornbogen: Werkstoffe. Aufbau u. Eigenschaften von Keramik-, Metall-, Polymer- u. V. (61994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Verbundwerkstoffe: Vereinigung von Eigenschaften
 
Verbundwerkstoffe: Teilchen-, Faser- und Schichtverbunde
 

Universal-Lexikon. 2012.