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Woolf
Woolf
 
[wʊlf],
 
 1) Adeline Virginia, geborene Stephen [stiːvn], englische Schriftstellerin, * London 25. 1. 1882, ✝ im Fluss Ouse bei Lewes 28. 3. 1941, Tochter des Biographen und Kritikers Sir L. Stephen, ab 1912 Ȋ mit dem Schriftsteller und Verleger Leonard Woolf (* 1880, ✝ 1969), mit dem sie 1917 den Verlag Hogarth Press gründete. Ihr Haus war einer der Treffpunkte der Bloomsbury group. - In Abkehr von den edwardianischen Realisten (J. Galsworthy, A. Bennett, H. G. Wells), die sie als nur am Äußerlichen interessierte »Materialisten« bezeichnete, schuf Woolf experimentelle Romane, die der inneren Realität des menschlichen Bewusstseins gerecht zu werden versuchen. Die Handlung verliert gegenüber der Vielfalt subjektiver Sinneseindrücke an Gewicht; neben die Fülle der vom Bewusstsein aufgenommenen Alltäglichkeit (»Nicht-Sein«) treten die subjektiv bedeutsamen Momente intensiven Erlebens (»Seinsmomente«). Anhand innerer Monologe von Charakteren, die in impressionistischer Manier skizziert (»Jacob's room«, 1922; deutsch »Jakobs Raum«), nur noch als Stimmen präsent (»The waves«, 1931; deutsch »Die Wellen«), jedoch auch in eine konkreter geschilderte äußere Realität eingebettet sich entfalten (»The years«, 1937; deutsch »Die Jahre«), werden die Gleichzeitigkeit von Erleben, Erinnern und Fantasieren sowie die Diskrepanz zwischen subjektivem Zeitempfinden und objektivem Zeitablauf dargestellt. Lyrisch-bildhafte Sprachqualität, symbolische Verdichtung, Leitmotivik und komplexe Zeitbehandlung geben den die Gattungsgrenzen überschreitenden und souverän verschiedene Erzähltechniken variierenden Romanen Struktur. Neben ihrem Romanwerk, das sie als eine Hauptvertreterin der literarischen Moderne neben J. Joyce und M. Proust ausweist, fanden ihre literaturtheoretischen und -kritischen Arbeiten, darunter Rezensionen für das »Times Literary Supplement«, seit jeher Beachtung. Dagegen wurde ihr feministisches Engagement u. a. im essayistischen Werk (»A room of one's own«, 1929, deutsch »Ein Zimmer für sich allein«; »Three guineas«, 1938, deutsch »Drei Guineen«) erst von der neuen Frauenbewegung der 1960er-Jahre gewürdigt. Ihre umfangreichen, postum veröffentlichten Tagebücher zeigen ihre sensible Psyche sowie ihren stets kritischen Blick auf die Zeitgenossen. - Erschöpft von der Arbeit an ihrem letzten Roman (»Between the acts«, 1941; deutsch »Zwischen den Akten«) sowie unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges stehend, nahm sich die zeitlebens von einer labilen psychischen Konstitution bedrohte Autorin 1941 das Leben.
 
Weitere Werke: Romane: The voyage out (1915; deutsch Die Fahrt hinaus); Night and day (1919; deutsch Nacht und Tag); Mrs. Dalloway (1925; deutsch auch unter dem Titel Eine Frau von fünfzig Jahren); To the lighthouse (1927; deutsch Die Fahrt zum Leuchtturm); Orlando (1928, verfilmt; deutsch).
 
Erzählungen: A haunted house and other stories (herausgegeben 1943; deutsch Die Dame im Spiegel u. a. Erzählungen).
 
Essays: The common reader, 2 Teile (1925-32).
 
Ausgaben: Collected essays, herausgegeben von L. Woolf, 4 Bände (1966-67); The letters, herausgegeben von N. Nicolson u. a., 6 Bände (1975-80); The diary, herausgegeben von A. O. Bell und anderen, 5 Bände (1977-84); The essays, herausgegeben von A. McNeillie, 3 Bände (1986-88); The complete shorter fiction, herausgegeben von S. Dick (Neuausgabe 1989); Die schmale Brücke der Kunst, übersetzt von K. Stromberg (1994); Am Mittelmeer, herausgegeben von J. Bachstein (1995); Reisen mit V. Woolf, herausgegeben von J. Morris (1995).
 
Gesammelte Werke, herausgegeben von K. Reichert, auf 30 Bände berechnet (1989 folgende).
 
Literatur:
 
E. Dölle: Experiment u. Tradition in der Prosa V. W.s (1971);
 
V. W. The critical heritage, hg. v. R. Majumdar u. a. (London 1975);
 P. Rose: Woman of letters. A life of V. W. (Oxford 1978);
 L. Gordon: V. W. Das Leben einer Schriftstellerin (a. d. Engl., 1987);
 C. Schöneich: V. W. (1989);
 V. Nünning: Die Ästhetik V. W.s (1990);
 V. Nünning: u. A. Nünning: V. W. zur Einf. (1991);
 Q. Bell: V. W. Eine Biogr. (a. d. Engl., Neuausg. 1991);
 W. Erzgräber: V. W. Eine Einf. (21993);
 C. Hanson: V. W. (Basingstoke 1994);
 W. Waldmann: V. W. (31.-33. Tsd.1994);
 H. Lee: V. W. (London 1996);
 M. A. Leaska: Granite and rainbow. The hidden life of V. W. (New York 1998);
 N. Marsh: V. W., the novels (ebd. 1998).
 
 2) Arthur, englischer Ingenieur, * Camborne (heute zu Camborne-Redruth) 1766, ✝ The Strand (Guernsey) 26. 10. 1837; verbesserte 1804 die Mehrfachexpansionsmaschine (Dampfmaschine) durch seine doppelt wirkende Zweizylindermaschine mit Kondensation, bei der der Dampfdruck auf 3-4 atü gesteigert wurde.
 
Literatur:
 
T. R. Harris: A. W., the Cornish engineer, 1766-1837 (Truro 1966).

Universal-Lexikon. 2012.