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De|lhi :
Hauptstadt von Indien.
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Delhi
['deːli],
1) Stadt in Nordindien mit (1991) 7,21 Mio. Einwohner, deren südlicher, seit 1912 erbauter Stadtteil Neu-Delhi (New Delhi) die Hauptstadt Indiens ist. Im 1 483 km2 großen Unionsterritorium Delhi leben insgesamt 13,78 Mio. Menschen. Delhi liegt 215 m über dem Meeresspiegel an der Yamuna, am Westrand des Doab, eines flachen Zwischenstromlandes zwischen Ganges und Yamuna. Mit der Änderung des Flusslaufes verlagerte sich Delhi im Lauf der Zeit immer weiter nach Nordosten. Die rasche Bevölkerungszunahme seit 1947 (1941: 917 400 Einwohner) verstärkte den Bevölkerungsdruck in der Altstadt (Alt-Delhi: fast 60 000 Einwohner je km2); es entstanden (angeregt von der Delhi Development Authority) weiträumige Vororte mit Mehrfamilienhäusern und Industrieanlagen. Delhi hat vier Universitäten, eine medizinische und eine landwirtschaftliche Hochschule, Forschungsinstitute, Bibliotheken, Museen; katholischer Erzbischofssitz. Delhi ist nach Bombay und Kalkutta der drittwichtigste Industriestandort Indiens. In 45 000 Industriebetrieben, viele von ihnen mit modernen Fertigungsmethoden, werden Textilien, Gummi- und Metallwaren, Fahrzeuge, Nahrungsmittel u. a. hergestellt. Delhi ist heute der wichtigste Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt Nordindiens mit dem internationalen Flughafen Palam.
Die Altstadt Delhis wird von der »siebten« Stadt, Shahjahanabad, gebildet, errichtet 1638-58; die »rote Burg« (Lalkila), vollendet 1648, enthält luxuriöse Paläste, Audienzhallen und Prachttore sowie die Perlmoschee (Moti Masjid, 1662); zwischen Burg und Stadt entstand 1644-58 auf einer großen Terrasse die Freitagsmoschee (Jama Masjid). An die Altstadt schließt die moderne Haupt- und Geschäftsstadt Neu-Delhi an, die großzügig mit Anlagen und Parks als Gartenstadt gestaltet ist. Sie wächst immer mehr in die südlich gelegenen verschiedenen Ruinenstätten hinein. In der mächtigen Feste Lalkot befinden sich u. a. die Qutb- oder Quwwat-ul-Islam-Moschee (1193 ff.), die die nicht rostende eiserne Säule (5. Jahrhundert) enthält, das über 70 m hohe Qutb-ud-din-Minar (1193-1230), der Torbau Alai Darwaza (um 1305) und das Grabmal des Iltutmisch (1235); sämtlich zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben. Auch von der »dritten« alten Stadt, Tughluqabad, sind mächtige Festungsmauern erhalten; das Grabmal des Ghiyas-ud-din Tughluq (um 1325) ist ein typisches Beispiel dieser Periode. Von Firosabad stehen Burg- und Palastruinen sowie die starke Kalan Masjid (1386). Die wichtigsten Bauten aus der Periode der Sayyids und Lodi (1414-1526) sind einige Moscheen und Grabmäler. Das »alte Fort« (Purana Kila) gehört der Mogulepoche an und wurde ab 1530 errichtet. Die Kila-i-Kuhna-Moschee entstand um 1541, das Grabmal des Isa Khan 1547, das Grabmal von Humayun 1556-65.
Die Verlegung des Regierungssitzes nach Delhi (1911) brachte eine rege Bautätigkeit. 1931 waren die meisten Verwaltungsgebäude fertig gestellt, seit 1947 durch Bauten häufig in einem von Europa beeinflussten Stil ergänzt. Für die dicht besiedelte Stadt erlangten die mehrgeschossigen Wohnbauten (1977-79) des indischen Architekten Charles M. Correa (* 1930) herausragende Bedeutung.
Die äußerst günstige Lage an der engsten Stelle zwischen der großen indischen Wüste (im Südwesten) und dem Himalaja, zugleich an der Verbindungslinie zwischen den fruchtbaren und volkreichen Ebenen am Indus (Westen) und Ganges (Osten), haben im Gebiet von Delhi im Verlauf von mehr als drei Jahrtausenden die Hauptstädte der wichtigsten indischen Reiche (u. a. Sultanat von Delhi 2)) entstehen lassen. Die Reste von sieben alten Stadtanlagen (von etwa 15 bekannten) zeugen davon: Lalkot oder Qila Raj Pithura (rajputische Gründung des 11. Jahrhunderts, 1193 von muslimischen Heeren erobert), Siri (gegründet 1303 von Ala-ud-din Khilji, 1296-1316), Tughluqabad (gegründet 1321 von Ghiyas-ud-din Tughluq, ✝ 1321), Jahanpanah (entstanden durch Ummauerung von Lalkot und Siri unter Mohammed bin Tughluq, 1321-51), Firosabad (mit der Festung Kotla Firos Shah, errichtet von Firos Shah, 1351-88), Purana Qila (gegründet von dem Afghanen Sher Shah, der 1542-45 Nordindien unterwarf), Shahjahanabad (erbaut von dem Mogulherrscher Shah Jahan, 1627-58). 1803-1947 unter britischen Herrschaft, wurde Delhi 1911 anstelle von Kalkutta Sitz der Regierung Britisch-Indiens; das danach angelegte Neu-Delhi (1931 formell eingeweiht) ist seit 1947 Hauptstadt des unabhängigen Indien.
M. Dayal: Rediscovering D. The story of Shajahanabad (Neu Delhi 1975);
F. Brunel: D., capital de l'Inde (Boulogne-Billancourt 1980).
2) Sultanat von Delhi, muslimischer Staat in Indien, begründet 1206 durch den ehemaligen turkestanischen Sklaven Qutb-ud-din Aibak (✝ 1210); umfasste ganz Nordindien und zeitweise auch Zentral- und Südindien, bis er 1526 vom Großmogul Babur erobert und bis 1556 (Regierungsantritt Akbars) endgültig dem Mogulreich einverleibt wurde. Insgesamt regierten fünf Dynastien: die Sklavendynastie (1206-90), die türkische Dynastie der Khilji (1290-1320; bedeutendster Herrscher: Ala-ud-din Khilji, 1296-1316), unter der das Sultanat seinen Höhepunkt erlebte, die türkisch-indische Tughluqdynastie (1321-88), die in Firos Shah (1351-88) den letzten bedeutenden Sultan von Delhi stellte; nach einer Periode des Niedergangs und der Zerstörung der Stadt Delhi durch Timur (1398) folgte die Dynastie der türkischen Sayyids (1414-50), die nur noch im Umkreis von Delhi regierten, und der afghanischen Lodi (1450-1526), unter denen das Sultanat noch einmal zur Vormacht Nordindiens wurde (Verlegung der Hauptstadt von Delhi nach Agra unter Sikandar Lodi, 1489-1505).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Sultanat von Delhi: Koexistenz der Religionen
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De|lhi: Hauptstadt von Indien.
Universal-Lexikon. 2012.