Integration
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◆ In|te|gral|rech|nung 〈f. 20; Math.〉 Umkehrung der Differenzialrechnung
◆ Die Buchstabenfolge in|te|gr... kann in Fremdwörtern auch in|teg|r... getrennt werden.
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In|te|g|ral|rech|nung, die (Math.):
1. <o. Pl.> das Rechnen mit Integralen.
2. Rechnung aus dem Gebiet der Integralrechnung (1).
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Integralrechnung,
Teilgebiet der Analysis, entstanden u. a. aus dem Problem, auch einem krummlinig begrenzten Gebiet eine reelle Zahl als Flächeninhalt zuzuordnen (für geradlinig begrenzte Figuren, z. B. Rechteck, Dreieck, existieren bekanntlich einfache Berechnungsformeln). Eine solche Figur ist z. B. F, gebildet aus dem Teil der x-Achse von a bis b, den Vertikalen in a und b und einem oberhalb der x-Achse verlaufenden Kurvenstück, das durch eine reelle beschränkte Funktion f auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] beschrieben wird.
Die Grundidee, die zum Begriff des riemannschen Integrals führte, besteht darin, die Figur F durch Figuren anzunähern, die Vereinigungen von achsenparallelen Rechtecken sind, und zwar solchen, die F »umfassen«, und anderen, die in F »enthalten« sind. Man unterteilt das Intervall [a, b] durch Teilpunkte a = x0 x1 x2 .. . xn = b und benutzt im halb offenen Intervall [xi—1, xi) : {x|xi—1 ≦ x xi} ein Rechteck mit oberer Begrenzung bei y = Hi so, dass für alle x dieses halb offenen Intervalls f (x) ≦ Hi gilt, entsprechend ein solches mit hi ≦ f (x). Das bedeutet: Definiert man durch T (x) : Hi und t (x) : hi für x ∈ [xi—1, xi) Treppenfunktionen T und t auf [a, b), so gilt für alle x ∈ [a, b) : t (x) ≦ f (x) ≦ T (x). Anschaulich verläuft also die zu f gehörende Kurve zwischen den Bildern der Treppenfunktionen t und T. Die Vereinigung aller Rechtecke, welche zu T gehören, hat den Flächeninhalt
(Untersumme). Verläuft die Kurve oder ein Teil unterhalb der x-Achse, so werden gemäß den Ausdrücken für OT und Ut die Rechteckflächen, die unterhalb der x-Achse liegen, negativ gezählt. Durch immer feiner werdende Einteilungen des Intervalls [a, b] wird F immer besser von »oben« und »unten« durch OT beziehungsweise Ut angenähert, wobei stets OT ≧ Ut gilt. Es existiert somit eine untere Grenze (Infimum) für OT und eine obere Grenze (Supremum) für Ut. Stimmen diese beiden Grenzen überein, so heißt die Funktion f auf [a, b] Riemann-integrierbar (kurz: integrierbar). Der gemeinsame Wert wird als das bestimmte (riemannsche) Integral von f (über [a, b]) bezeichnet und als geschrieben; f wird Integrand genannt, das Intervall [a, b] Integrationsbereich und die (gebundene) Variable x Integrationsvariable. Das bestimmte Integral dient aber nicht nur der Flächenberechnung, sondern auch der Bestimmung anderer geometrischer Größen. So kann man z. B. auf analoge Weise die Länge von Kurvenstücken oder den Rauminhalt geometrischer Körper bestimmen. Verallgemeinerungen des riemannschen Integrals stellen z. B. das Stieltjes-Integral und das Lebesgue-Integral dar.
Bei festgehaltenem a und einer veränderlichen oberen Grenze (unbestimmte Integration) wird durch
eine Funktion auf [a, b] definiert (unbestimmtes Integral). Ist f zusätzlich stetig auf [a, b], so gilt der Hauptsatz (Fundamentalsatz) der Differenzial- und Integralrechnung: F ist für alle x ∈ [a, b] differenzierbar (Differenzialrechnung), und es gilt
Eine Funktion F mit der Eigenschaft (2) heißt Stammfunktion von f. Der Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung erspart somit den anfangs beschriebenen Grenzfindungsprozess zur Auffindung des Wertes eines bestimmten Integrals, wenn man bereits eine Stammfunktion F (x) von f (x) kennt: Hier gilt nämlich einfach
Beispiel: Die Berechnung des bestimmten Integrals
Alle Stammfunktionen F (x) einer Funktion f (x) unterscheiden sich voneinander nur durch eine Konstante C. Man kann daher schreiben ∫ f (x) = F (x) + C. Der Hauptsatz macht deutlich, dass die Integration als Umkehroperation der Differenziation aufgefasst werden kann. Mit ihm kann man somit einige Stammfunktionen leicht bestimmen. So gilt z. B.:
Ein allgemeines Verfahren zum Auffinden von Stammfunktionen beliebiger Funktionen gibt es jedoch nicht, und man ist daher in vielen Fällen auf Näherungsmethoden angewiesen.
Aus den Rechenregeln der Differenzialrechnung gewinnt man Rechenregeln für die Integralrechnung: Aus der Produktregel (f g)' = f'g + fg' der Differenzialrechnung erhält man bei Anwendung der unbestimmten Integration die Formel der partiellen Integration:
Beispiel:
Besonders wichtig ist die Übertragung der Kettenregel (Substitutionsregel): Wird die Veränderliche x als Funktion einer Variablen t aufgefasst, x = ϕ (t), so gilt
wobei ϕ (ta) = a und ϕ-1(t) die aus x = ϕ (t) hervorgehende Umkehrfunktion ist, d. h., es ist zu beachten, dass die Integrationsgrenzen mit substituiert werden.
In ähnlicher Weise kann auch das Kurvenintegral (Linienintegral) f ds einer Funktion f längs der stetig differenzierbaren Kurve C (Integrationsweg) definiert werden; ist der Integrationsweg eine geschlossene Kurve, so schreibt man meist f (x) dx.
Ist R = R (t), a ≦ t ≦ b, eine Parameterdarstellung von C, wobei R (t) der zu den verschiedenen Kurvenpunkten führende Radiusvektor ist, so folgt für die praktische Berechnung
Zur Integration von Funktionen mehrerer Veränderlicher kann man auf verschiedenen Wegen kommen. Ist f (x1,.. ., xn) eine reellwertige Funktion von n Veränderlichen, so kann man
bilden; dabei sind die Variablen x2,.. ., xn wie Konstanten zu behandeln. Die Grenzen a und b können natürlich auch von x2,.. ., xn abhängen. Führt man dies n-mal durch, so ergibt sich ein n-faches Integral (bei n = 2 als Doppelintegral bezeichnet).
Eine andere Definition der mehrfachen Integration ergibt sich, wenn man z. B. im Fall n = 2 ein (ebenes) Gebiet G (mit endlichem Flächeninhalt) im Definitionsbereich der Funktion f betrachtet. Ist Gm eine Zerlegung von G in Teilgebiete mit dem Flächeninhalt ΔGm und Pm ein beliebiger Punkt aus Gm, dann ist f (Pm) ΔGm ein Näherungswert für das zwischen der Fläche z = f (x, y) und dem Gebiet G der (x, y)-Ebene liegende Volumen. Existiert der Grenzwert dieses Ausdrucks und ist er unabhängig von der Wahl der Unterteilung von G, so nennt man ihn das Gebietsintegral der Funktion f im Gebiet G, geschrieben ∫ f dG. Wählt man speziell für die Gm achsenparallele Rechtecke, so wird das Gebietsintegral zu dem oben eingeführten Doppelintegral. Auch die über ein Gebiet O einer Fläche erstreckten und den Flächeninhalt dieses Gebietes liefernden Oberflächenintegrale werden auf Doppelintegrale zurückgeführt. Für n > 2 kann man in analoger Weise n-fache Bereichsintegrale definieren.
Vorläufer der Integralrechnung ist die schon seit der Antike verwendete Exhaustionsmethode. - Die Integralrechnung ist aber wie die Differenzialrechnung im Wesentlichen eine Erfindung des 17. Jahrhunderts, obwohl die ursprüngliche Problemstellung der bestimmten Integration, die Berechnung des Flächeninhalts von krummlinig begrenzten Flächenstücken und des Rauminhalts von Rotations- und anderen Körpern, etwa bei der Frage nach dem Kreisinhalt, schon in vorgriechischer Zeit gestellt wurde. Doch von seltenen Ausnahmen abgesehen (z. B. Nikolaus von Kues), begann man sich erst wieder von der Mitte des 16. Jahrhunderts an solchen Aufgaben zuzuwenden. Die schwierigen indirekten Schlussweisen wurden durch direkte Methoden ersetzt. J. Kepler gelang eine große Zahl von Inhaltsbestimmungen von Weinfässern und anderen Drehkörpern. Ein vom keplerschen abweichendes Verfahren beschrieb B. Cavalieri in der 1635 erschienenen »Geometria indivisibilibus.. .« (Indivisibeln). Bei ihm, aber auch bei P. de Fermat, B. Pascal, G. P. de Roberval u. a. findet sich die Auswertung von ∫ xn dx. In Italien knüpfte E. Torricelli, in England J. Wallis an diese Untersuchungen an, während der Niederländer C. Huygens den auf fehlerhafter Anwendung der Indivisibeln beruhenden Irrtum in der Kreisquadratur des Gregorius a San Vincento aufdeckte und nur die strenge indirekte archimed. Schlussweise gelten lassen wollte. Den Zugang zu einer neuen Klasse von Aufgaben eröffnete die Rektifikation der semikub. Parabel durch H. van Heuraet und W. Neil (1657), wodurch erneut der aristotelische Einwand, Krummes sei nicht mit Geradem vergleichbar, widerlegt war. Die Erkenntnis, dass (unbestimmte) Integration und Differenziation inverse Operationen sind, brach sich ebenfalls um die Mitte des 17. Jahrhunderts Bahn; sie wurde ausgesprochen von Fermat, Roberval, Torricelli und I. Barrow.
Die Weiterentwicklung bei I. Newton, J. Gregory und G. W. Leibniz ging in Richtung formalisierter Verfahren unter Mitverwendung der Reihenlehre und der Entwicklung einer besonderen Symbolik. Die Letztere wurde von Leibniz in Analogie zur algebraischen Zeichensprache 1675 in so geschickter Weise eingeführt, dass sie bis heute unverändert in Gebrauch ist; das Integrationszeichen ∫ ging aus dem Anfangsbuchstaben s für summa (Summe) hervor. Unter Jakob und Johann Bernoulli und ihren Zeitgenossen nahm mit der gesamten Analysis auch die Integralrechnung einen ungeheuren Aufschwung. Das maßgebliche Lehrbuch, L. Eulers »Institutiones calculi integralis« (1768 bis 1770, 3 Bände), umfasste gleichzeitig die Theorie der Differenzialgleichungen und der Variationsrechnung. Hier findet sich bereits ein großer Teil dessen, was auch heute noch den Stoff jeder Vorlesung über Integralrechnungen bildet. Euler, J. L. Lagrange, G. C. Fagnano studierten auch die bereits im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts aufgetretenen elliptischen Integrale; ihre Arbeiten wurden von A. M. Legendre, J. Landen, C. F. Gauss, C. G. J. Jacobi, N. H. Abel u. a. fortgesetzt und führten unter Einbeziehung des Komplexen im 19. Jahrhundert zur Entwicklung einer eigenständigen Theorie der elliptischen Funktionen. Die Theorie der komplexen Funktionen wurde von A. Cauchy ebenfalls unter Verwendung von Integralformeln aufgebaut; bei B. Riemann und K. Weierstrass fand sie dann ihre klassisch gewordene Gestalt. Auf Riemann geht auch der heutige, exakt formulierte Begriff des Integrals einer reellen Funktion zurück, der durch H. Lebesgue u. a. wesentlich verallgemeinert wurde, sodass auch Funktionen, die nicht Riemann-integrierbar sind, integrierbar im allgemeinen Sinne sind (Maßtheorie).
Literatur: Analysis, Differenzialrechnung.
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In|te|gral|rech|nung, die: 1. <o. Pl.> das Rechnen mit Integralen. 2. Rechnung aus dem Gebiet der ↑Integralrechnung (1).
Universal-Lexikon. 2012.