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Ex|e|ge|se 〈f. 19〉 Feststellung, Erklärung, Auslegung des Inhalts (von Schriftwerken, bes. der Bibel) [<grch. exegesis, eigtl. „Ausführung“, dann „Erklärung“]
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Ex|e|ge|se, die; -, -n [griech. exe̅̓gēsis = das Erklären, Auslegung] (bildungsspr., Fachspr.):
[wissenschaftliche] Erklärung u. Auslegung eines Textes, bes. der Bibel:
die E. eines Textes.
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Exegese
[griechisch »Erklärung«, »Auslegung«] die, -/-en, Auslegung von Texten, besonders von Gesetzestexten und der biblischen Schriften. Die biblische Exegese zielt darauf, Bedeutung und Sinn des in den Texten Gemeinten zu verdeutlichen. Hauptprobleme dieser Bemühung sind zum einen der überlieferte normative Charakter der biblischen Schriften als Heilige Schrift (die Texte gelten als Offenbarung und sprechen damit für sich selbst, bedürfen also keiner Auslegung), zum anderen die hermeneutische Problematik, dass die Texte Zeugnis für eine bestimmte geschichtliche Situation sind, gleichwohl für allgemein gültig gehalten werden, d. h. auch für alle Zeiten in gleicher Weise verbindlich (Hermeneutik). Obwohl schon im Alten Testament Aufnahme und Neuinterpretation älterer Traditionen nachweisbar sind, bildete erst das nachbiblische Judentum eine Schriftauslegung aus. Dabei kam es zur Verfestigung bestimmter Regeln, die die als göttliche Offenbarung verstandenen heiligen Schriften einerseits vor Willkür schützten, sie andererseits in den sich wandelnden Verhältnissen verstehbar machen sollten. Grundsätzlich kannte die jüdische Exegese v. a. die wörtliche und die allegorische Schriftdeutung (Schriftsinn). In den Methoden der Exegese schloss sich das Urchristentum an das Judentum an, sah aber im Alten Testament Weissagungen Jesu Christi sowie Vorabbildungen endzeitlicher, in der christlichen Gemeinde eingetroffener Ereignisse (Typologie). - Nach der Kanonisierung zählte in der alten Kirche auch das Neue Testament zu den heiligen Schriften und unterlag ebenso wie das Alte Testament der Spannung zwischen wörtlicher und allegorischer Exegese. Der Ertrag altkirchlicher Exegesen wurde in der Glossa ordinaria Grundlage auch für das Mittelalter. Der Humanismus führte die in der Hochscholastik begonnene philologische Arbeit fort, indem ein besserer Urtext und bessere Hilfsmittel, z. B. hebräische Grammatiken, geschaffen wurden. So gewann die wörtlich-grammatische Exegese gegenüber der allegorischen an Bedeutung. M. Luther knüpfte daran an und identifizierte den geistlichen Sinn der Schrift mit dem wörtlichen. Das so gewonnene sachkritische Prinzip ging in der lutherischen Orthodoxie durch die Lehre von der Verbalinspiration verloren, insofern als das Wort Gottes wieder mit den biblischen Schriften total identifiziert wurde. In der Neuzeit wurde die historische Exegese entwickelt. Auf der Grundlage textkritischer und einleitungswissenschsftlicher Arbeiten stellte J. S. Semler das historische gegen das dogmatische Bibelverständnis. Diese Unterscheidung befreite die Bibelwissenschaft von der Dogmatik. Das in der Aufklärung entwickelte historische Wahrheitsbewusstsein führte in der Exegese zur Kritik der Bibel und ihrer Quellen (z. B. in der Leben-Jesu-Forschung). Erst F. D. E. Schleiermacher führte die hermeneutische Frage wieder in die Bibelkritik ein. - Die moderne Exegese setzte ein mit der konsequenten historischen Erforschung des Neuen Testaments durch F. C. Baur, der infolge seines an G. W. F. Hegel orientierten Geschichtsschematismus die literarhistorischen Verhältnisse allerdings nicht erkannte. Das Scheitern der Leben-Jesu-Forschung und die Erkenntnis der religionsgeschichtlichen Schule von der Bedingtheit des Alten Testaments durch die altorientalische Religionsgeschichte, des Neuen Testaments durch die spätantike Religionsgeschichte bereiteten den Boden für die Formgeschichte. Sie zeigte, dass die literarkritisch erschlossenen Quellenstücke aus der Theologie der sie tradierenden Gruppen, ihrer jeweils gegenwärtigen Problemlage und ihren eigentümlichen Institutionen (»Sitz im Leben«) zu verstehen sind. Die literarische Endgestalt, die ihrerseits Zeugnis einer bestimmten historischen Lage war, wurde jedoch weithin vernachlässigt. Erst die Redaktionsgeschichte wandte sich programmatisch der Überlieferung und Auslegung der Quellenstücke in den Gesamtwerken zu. Die gegenwärtige historisch-kritische Exegese basiert in ihrem Methodenpluralismus auf der Geschichte der neuzeitlichen Exegese. Ihre Einzelmethoden sind auch unter den Konfessionen unumstritten. Strittig sind jedoch in und zwischen den Konfessionen die hermeneutischen Grundlagen. Dabei geht es grundsätzlich um das Verhältnis von Schrift und Offenbarung und deren geschichtliche Vermittlung.
R. Schlieben: Christl. Theologie u. Philologie in der Spätantike (1974);
H. Feld: Die Anfänge der modernen bibl. Hermeneutik in der spätmittelalterl. Theologie (1977);
G. Adam u. a.: Einf. in die exeget. Methoden (61979);
H. Brinkmann: Mittelalterl. Hermeneutik (1980);
H. J. Kraus: Gesch. der historisch-krit. Erforschung des A. T. (31982);
K. Berger: E. des N. T. (21984);
Gerhard Maier: Das Ende der historisch-krit. Methode (51984);
K. Berger: Hermeneutik des N. T. (1988);
K. Berger: E. des N. T. (31991);
W. Egger: Methodenlehre zum N. T. Einf. in linguist. u. historisch-krit. Methoden (41995).
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Exe|ge|se, die; -, -n [griech. exe̅́gēsis = das Erklären, Auslegung] (Fachspr., bildungsspr.): [wissenschaftliche] Erklärung u. Auslegung eines Textes, bes. der Bibel: die E. eines Textes; Wir legen ihr Verhalten ja bloß aus, das ist legitimer Journalismus. Praktisch jeder Leitartikel beruht auf E. (Molsner, Harakiri 29).
Universal-Lexikon. 2012.