Dog|ma|tik 〈f. 20〉 Lehre vom Dogma; Sy Glaubenslehre
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Dog|ma|tik [österr. auch: …'mat…], die; -, -en:
1. (Theol.) wissenschaftliche Darstellung der [christlichen] Glaubenslehre:
die katholische, christliche D.
2. (bildungsspr., oft abwertend)↑ dogmatische (2) Gesinnung; [unkritisches] Festhalten an einem ↑ Dogma (b):
die D. der Eltern.
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Dogmatik
[zu Dogma] die, -, im 17. Jahrhundert entstandene Bezeichnung für die Lehre von den Dogmen (Dogma), eine wissenschaftliche Disziplin, z. B. die Rechtsdogmatik oder praktische Rechtswissenschaft, d. h. die Erkenntnis des geltenden Rechts in seiner maßgeblichen Bedeutung (Auslegung) und in seinem systematischen Zusammenhang.
Im üblichen Sprachgebrauch ist die Dogmatik das theologische Fach, das den Gesamtinhalt der christlichen Glaubenslehre wissenschaftlich, d. h. methodisch-systematisch, auszulegen sucht. In ihrer Bindung an die Offenbarung Gottes bildet die Dogmatik als Glaubenswissenschaft die Mitte der Theologie; sie unterscheidet sich dadurch von den »frei« forschenden Religionswissenschaften. Weil das Wort »Dogmatik« inhaltliche Beschränkung auf dogmatisierte Kirchenlehre und die methodische Gefahr des Dogmatismus anzuzeigen scheint, sprechen evangelische Theologen lieber von systematischer Theologie. - Die theologischen »Summen« des Mittelalters und grundlegende reformatorische Schriften umfassen bereits den Hauptinhalt der späteren dogmatischen Traktate: über den dreieinigen Gott, über Schöpfung, Menschwerdung Gottes und Erlösung, Gnade und Sakramente, die »letzten Dinge«. Eine Lehre von der Kirche wurde erst seit dem 15./16. Jahrhundert ausgebildet. Blütezeiten der klassischen Dogmatik waren die altprotestantische Orthodoxie um 1570-1720 und die katholische Neuscholastik des 19./20. Jahrhunderts, die das Bestreben zeigten, den thematischen Schwerpunkt und das Organisationsprinzip der Dogmatik in der Heilsgeschichte, v. a. in dem von Jesus verkündeten Gottesreich, zu finden; so in der Föderaltheologie (das ist Bundestheologie; v. a. J. Coccenjus), in der evangelischen Erlanger und der katholischen Tübinger Schule v. a. J. von Hofmann (* 1810, ✝ 1877) beziehungsweise J. S. Drey. Die neueren Entwürfe der Dogmatik werden weithin durch ihren methodischen Ansatz bestimmt: zumeist, seit Schleiermacher, bei dem dies in Engführung auf das fromme Selbstbewusstsein geschieht, durch die Orientierung am glaubenden oder zum Glauben zu bewegenden Menschen selbst. Am entschiedensten suchte K. Rahner in transzendentaler Reflexion nach den Möglichkeitsbedingungen der geistigen Erfahrung des Menschen, deren Inbegriff er in dem Geheimnis des unbegreiflich-unendlichen Gottes sieht, der sich im Schicksal Jesu eindeutig offenbart. Dogmatik bezieht v. a. in Lateinamerika unter dem Eindruck der sozialen Benachteiligung breiter Bevölkerungsgruppen deren soziale Lage in die Analyse ein, um darin die befreiende Botschaft Jesu zur Geltung zu bringen (Befreiungstheologie). Auch in den aus der Missionstradition sich emanzipierenden jungen Kirchen Afrikas und Asiens wird die Einwurzelung des christlichen Glaubens in die eigene kulturelle Überlieferung zum Gebot gegenwärtiger Dogmatik (Inkulturation). Diese Bestrebungen, deren gemeinsames Strukturprogramm ihr »kontextueller« Charakter ist, verwirklichen Ökumene im weiteren Sinn Dem kommt im europäischen Raum die Rückbesinnung auf den Grundbestand der altchristlichen Glaubensbekenntnisse entgegen. Dabei sucht die Dogmatik zu begründen, inwiefern gerade das Wort Gottes durch die Mysterien der Menschwerdung Gottes und der Auferstehung des Gekreuzigten das als »Person in Gemeinschaft« bestimmte Selbst des Menschen anspricht, um Wege aus der Selbstentfremdung des Menschen in tieferes und volleres Menschsein zu erschließen.
Mysterium salutis. Grundr. heilsgeschichtl. D., hg. v. J. Feiner u. M. Löhrer, 5 Bde. u. Erg.-Bd. (Einsiedeln 1965-81);
L. Ott: Grundr. der kath. D. (101981);
W. Beinert: D. studieren (1985);
Probleme u. Perspektiven dogmat. Theologie, hg. v. K. H. Neufeld (a. d. Ital., 1986);
O. Weber: Grundlagen der D., 2 Bde. (71987);
G. L. Müller: Kath. D. (42001).
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Dog|ma|tik, die; -, -en: 1. (Theol.) wissenschaftliche Darstellung der [christlichen] Glaubenslehre: die katholische, christliche D. 2. (bildungsspr., oft abwertend) dogmatische (2) Gesinnung; [unkritisches] Festhalten an einem ↑Dogma (b): dass die sokratische Auflösungstaktik zweifellos junge Leute veranlasst hat, mit dieser witzigen Methode daheim die brüchige D. ihrer Eltern und Erzieher zu ... zerstückeln (Thieß, Reich 75).
Universal-Lexikon. 2012.