Leọ́n,
Name von geographischen Objekten:
1) Leọ́n, Hauptstadt der spanischen Provinz León, im Nordwesten der Hochfläche von Altkastilien, am Bernesga, 838 m über dem Meeresspiegel, 146 200 Einwohner; Bischofssitz (seit 792); Universität; Museen; chemisch-pharmazeutische Industrie, Metall-, Nahrungsmittelverarbeitung; Bahnknotenpunkt, Autobahnverbindung mit Gijón, Flugplatz.
In der rechteckigen, zum Teil von turmbewehrten Mauern (11. Jahrhundert, römischer Unterbau aus dem 3./4. Jahrhundert) umgebenen Altstadt liegen die romanisch-mudéjare Kollegiatskirche San Isidoro (1149 vollendet), mit reicher Portalplastik und 15 romanischen Farbglasfenstern; an ihrer Westseite der Panteón de los Reyes (1054-66; Mausoleum der Könige von León), mit romanischen Fresken (2. Hälfte 12. Jahrhundert), zum Teil figuralen romanischen Kapitellen, reichem Kirchenschatz (u. a. Reliquienschrein des heiligen Isidor) und Bibliothek (»Sancho-Bibel«, 920-960) sowie Kreuzgang (16. Jahrhundert; westgotisches Taufbecken aus dem 8. Jahrhundert); ferner die frühgotische Kathedrale Santa María de Regla (13./14. Jahrhundert; im 19. Jahrhundert restauriert) mit Farbglasfenstern (13.-20. Jahrhundert), spätgotischer Kreuzgang (14. Jahrhundert, im 16. Jahrhundert umgebaut) und reichem Kirchenmuseum (u. a. »Lex Romana Visigothorum«, 11. Jahrhundert). Im alten Mauren- und Judenviertel die Kirche Salvador de Palaz del Rey (10. Jahrhundert) und der Palacio del Conde de Luna (14. Jahrhundert). In der Neustadt die Casa de Botines (1892-94) von A. Gaudí und der Palacio de los Guzmanes (16. Jahrhundert). Am Bernesga-Ufer das ehemalige Kloster San Marcos (1513-49; Stiftung der Katholischen Könige an den Santiago-Ritterorden; heute Nationaldenkmal) mit 100 m langer, reich ornamentierter Fassade, mudéjarem Kapitelsaal, gotische Kirche, Kreuzgang und unvollendeter barocker Kathedrale; im ehemaligen Klosterteil das Archäologiee Landesmuseum (keltische und römische Funde) sowie Hotel. 3 km außerhalb die Ruinen der römischen Villa Navate-Jera (3./4. Jahrhundert; Mosaiken, Skulpturen); 30 km südöstlich von León das Kloster von San Miguel de Escalada.
An der Stelle der altiberischen Festung Lạncia errichteten die Römer 68 n. Chr. das Truppenlager der VII. Legion (aus lateinisch »Legio« wurde »León«, »Löwe«), aus dem die Stadt, Sitz eines römischen Prokurators, entstand. 540 wurde León von den Westgoten erobert, 714-756 war es von den Arabern besetzt, 910- 1230 zeitweilige Hauptstadt des Königreiches León. 988 wurde León von Mansur (Almansor) besetzt und zum Teil zerstört, danach erlebte es eine große Blüte als Handels- und Verkehrszentrum an der Pilgerstraße nach Santiago de Compostela und war bis 1230 die bedeutendste Stadt des christlichen Spanien. 1808 wurde León von den Franzosen besetzt; ein neuer Aufschwung setzte erst Ende des 19. Jahrhunderts und besonders seit den 1960er-Jahren infolge Land-Stadt-Wanderung ein.
2) Leọ́n, Stadt in West-Nicaragua, nahe der Pazifikküste, 101 000 Einwohner; Bischofssitz; Universität; Nahrungsmittel-, Schuh- u. a. Industrie; Bahnknotenpunkt.
Die fünfschiffige Kathedrale (18. Jahrhundert) mit neoklassizistischer Fassade und Kuppel gehört zu den größten Sakralbauten Mittelamerikas.
Das heutige León wurde 1610 an der Stelle der alten Indianerhauptstadt Sutiaba gegründet, nachdem das alte León (1524 gegründet) am Managuasee durch ein Erdbeben zerstört worden war.
3) Leọ́n, Provinz in Spanien, in der Region Kastilien-León, 15 468 km2, 506 400 Einwohner; erstreckt sich von den Süd-Ausläufern des Kantabrischen Gebirges südwärts über die Hochfläche der Nord-Meseta; hat kontinentales Klima (300-400 mm Jahresniederschlag). Die Höhenzüge bedecken Macchie, Garigue und Steineichen, auf der Hochfläche Anbau von Weizen, Zuckerrüben und Wein; ferner Schaf- und Rinderhaltung. Steinkohlebergbau bei Matallana und Villablino, Eisenerzbergbau bei Manzanal. Industrie in der Provinzhauptstadt León und in Ponferrada.
4) Leọ́n, historisches Gebiet in Nordwestspanien, heute mit den Provinzen León, Zamora und Salamanca aufgegangen in der Region Castilla y León, ein dünn besiedeltes Hochland im Einzugsbereich des Duero. - Nach Abdankung König Alfons' III., des Großen, von Asturien (910) teilten dessen drei Söhne das Reich des Vaters unter sich auf, wobei die Königreiche León, Asturien und Galicien entstanden. García I. (910-914) war Erster in der Reihe der Könige von León, die sich zeitweise »Kaiser« (Emperador) nannten. 914 vereinigten sich León und Galicien, zehn Jahre später schloss sich auch Asturien an. Damit umfasste das Königreich León das ganze ehemalige Asturien. 1037/38 wurde Kastilien, ursprünglich eine Grafschaft von León, seit 951 unabhängig, mit León vereinigt; erster König von Kastilien und León (offizieller Titel zunächst: von León und Burgos) war - als Erbe des letzten Königs von León, dessen Tochter er geheiratet hatte - Ferdinand I., dem Großen, vorher Graf von Kastilien. Später gewann León zeitweilig (1065-72, 1157-1230) seine Unabhängigkeit zurück, bis schließlich Ferdinand III., der Heilige, 1230 endgültig die Einheit beider Kronen herbeiführte.
5) Leọ́n de los Aldạmas, Stadt im Bundesstaat Guanajuato, Mexiko, 1 880 m über dem Meeresspiegel, im fruchtbaren Hochtal des Río Turbio, 1,04 Mio. Einwohner; Bischofssitz; Textil-, Leder-, Maschinen-, Papier-, chemische, Nahrungsmittelindustrie, Gerbereien, Mühlen; Flugplatz.
Erste Niederlassung von Europäern 1552, offizielle Gründung 1576; seit 1836 Stadt.
Leọ́n,
Fray Luis de, spanischer Theologe und Schriftsteller, * Belmonte (Provinz Cuenca) 1527, ✝ Madrigal de las Altas Torres (Provinz Ávila) 23. 8. 1591; wurde 1544 Augustinermönch; seit 1561 Professor für Theologie in Salamanca; wenige Tage vor seinem Tod zum Ordensprovinzial gewählt. Als Repräsentant einer Synthese von Christentum, Humanismus und Renaissance verteidigte er den hebräischen Text des Alten Testaments gegenüber der Vulgata sowie die Bibellektüre in der Volkssprache. Dies führte zu Konflikten mit der Inquisition (1572-76 Kerkerhaft; 2. Prozess 1582-84). Seine religiösen Traktate sind Höhepunkte der spanischen Prosa: der »Hohe-Lied«-Kommentar, das bis ins 20. Jahrhundert viel gelesene Büchlein »La perfecta casada« (1583; deutsch »Die perfekte Gattin«) und der Dialog »De los nombres de Cristo« (1583). León übersetzte aus dem Hebräischen, dem Griechischen, Lateinischen (v. a. Horaz und Vergil) und dem Italienischen (F. Petrarca). Seine sprachlich an Garcilaso de la Vega orientierte Lyrik (34 Gedichte erhalten) verbindet antike und neuplatonische Motive mit christlichen Vorstellungen. Sie wurde erst 1631 (»Poesías«) von F. Gómez de Quevedo y Villegas als Beleg gegen den Prunk und die Dunkelheit der Lyrik von León de Góngora y Argote veröffentlicht.
Ausgaben: Opera, 7 Bände (1891-95); Obras completas castellanas, herausgegeben von F. García, 2 Bände (41967); La poesía, herausgegeben von O. Macrí (1970).
K. Vossler: L. de L. (1943);
R. Senabre: Tres estudios sobre fray L. de L. (Salamanca 1978);
Fray L. de L. y la escuela salmantina, hg. v. C. Cuevas García (Madrid 1982).
Universal-Lexikon. 2012.