EKD
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Evangelische Kirche in Deutschland,
Abkürzung EKD, auch (selten) EKiD, der rechtliche Überbau, zu dem sich 24 lutherische, reformierte und unierte Kirchen in Deutschland zusammengeschlossen haben. Zur EKD gehört weiterhin als 25. Gliedkirche die Evangelische Kirche der Union (EKU). Ihr angeschlossen sind die »Evangelische Brüder-Unität in Deutschland« (Brüdergemeine) und der »Bund evanglisch-reformierter Kirchen Deutschlands«. Die EKD ist ein Kirchenbund, dessen rechtliche Grundlage die am 3. 12. 1948 in Kraft gesetzte Grundordnung bildet. Mit (Ende 2000) rd. 26,9 Mio. Mitgliedern in über 18 000 Kirchengemeinden umfassen die EKD-Gliedkirchen den größten Teil der evangelischen Christen in Deutschland.
Die Gliedkirchen der EKD lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen: Lutherische Gliedkirchen: Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs, Nordelb. Evangelisch-Lutherische Kirche, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe, Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen - diese acht Kirchen sind zusammengeschlossen in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) -, Evangelisch-lutherische Kirche in Oldenburg, Evangelische Landeskirche in Württemberg. - Unierte Gliedkirchen: Evangelische Landeskirche Anhalts, Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, Pommersche Evangelische Kirche, Evangelische Kirche im Rheinland, Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz, Evangelische Kirche von Westfalen - diese sieben Kirchen gehören zur Evangelischen Kirche der Union (EKU) -, Evangelische Landeskirche in Baden, Bremische Evangelische Kirche, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche). - Reformierte Gliedkirchen: Lipp. Landeskirche (mit einer lutherischen »Klasse«, d. h. einem lutherischen Anteil), Evangelisch-reformierte Kirche (Synode evangelisch-reformierte Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland). - Zusammenschlüsse von Gliedkirchen innerhalb der EKD sind neben VELKD und EKU u. a. die Arnoldshainer Konferenz und der Reformierte Bund.
Die EKD und ihre Gliedkirchen verstehen sich als Volkskirche, d. h. als Kirche, in der die Bevölkerung zum überwiegenden Teil nach Herkommen und Gewohnheit der Kirche angehört und sich die Verkündigung und insgesamt die Arbeit der Kirche auf diesen Großteil der Bevölkerung richtet. Die EKD ist im Verhältnis zu ihren Gliedkirchen mit relativ geringen Kompetenzen ausgestattet, insbesondere sind alle Glaubens- und Bekenntnisfragen den Gliedkirchen vorbehalten. Hauptaufgabe der EKD ist es, die Gemeinschaft unter den Gliedkirchen zu fördern. Sie vertritt die gesamtkirchlicher Anliegen gegenüber allen Inhabern öffentlicher Gewalt und arbeitet in der ökumenischen Bewegung mit. Gesetzliche Bestimmungen mit Wirkung für die Gliedkirchen kann die EKD nur mit deren Zustimmung erlassen.
Organe:
Die Synode der EKD hat 160 Mitglieder, von denen 134 durch die Synoden der 24 Gliedkirchen gewählt und 26 vom Rat der EKD berufen werden. Sie hat die Aufgabe, kirchliche Gesetze zu beschließen, Stellungnahmen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen abzugeben und dem Rat der EKD Richtlinien zu geben. Im Einzelnen wird die Sacharbeit durch ständige Ausschüsse wahrgenommen, (1996) neun: »Schrift und Verkündigung«, »Diakonie, Mission und Ökumene«, »Recht«, »Kirche, Gesellschaft und Staat«, »Erziehung, Bildung und Jugend«, »Haushalt«, »Europa«, »Umwelt«, »Nominierung«. Die Synode tritt in der Regel einmal jährlich zu einer ordentlichen Tagung zusammen. Ihre Legislaturperiode dauert sechs Jahre. - Die Kirchenkonferenz wird von den Kirchenleitungen der Gliedkirchen gebildet. In ihr haben Gliedkirchen mit mehr als 2 Mio. Kirchenmitglieder zwei Stimmen, die anderen Gliedkirchen eine Stimme. Die Kirchenkonferenz hat die Aufgabe, die Arbeit der EKD und die gemeinsamen Anliegen der Gliedkirchen zu beraten und Vorlagen oder Anregungen an die Synode und den Rat zu geben. Sie wirkt bei der Gesetzgebung mit und wählt gemeinsam mit der Synode den Rat. Vorsitzender der Kirchenkonferenz ist stets der Ratsvorsitzende. - Der für die Dauer von sechs Jahren gewählte Rat der EKD leitet die EKD und vertritt sie nach außen. Ihm gehören 19 Mitglieder (Laien und Theologen) an. 18 werden von der Synode und der Kirchenkonferenz auf sechs Jahre gewählt; 19. Mitglieder ist der Präses der Synode kraft seines Amtes. Der Rat nimmt in verschiedenen Formen - z. B. Denkschriften und öffentliche Erklärungen - zu Fragen des religiösen und gesellschaftlichen Lebens Stellung. Dabei bedient er sich der Beratung durch Kammern und Kommissionen, die aus sachverständigen kirchlichen Persönlichkeiten gebildet werden. - Die Verwaltung der EKD erfolgt durch das Kirchenamt der EKD, das seinen zentralen Sitz in Hannover hat und von einem Kollegium unter dem Vorsitz eines Präsidenten geleitet wird. Eine Außenstelle des Kirchenamtes besteht in Berlin. In Bonn ist die EKD durch einen Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland vertreten, der sie zugleich bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel vertritt.
Der erste Versuch eines größeren Zusammenschlusses der seit der Reformation entstandenen Landeskirchen führte 1848 in Wittenberg zu einem Kirchentag, einer Konferenz kirchlicher Organe. Ihm folgte 1852 die Gründung der Eisenacher Konferenz (regelmäßige Beratungen über Einigungsbestrebungen), aus der 1903 der »Deutsche Evangelische Kirchenausschuss« als ständiges Organ der evangelischen Landeskirchen hervorging. Deren rechtliche und organisatorische Selbstständigkeit blieb jedoch erhalten, auch als 1918 mit dem politischen Wandel das landesherrliche Kirchenregiment und das Staatskirchentum zu Ende gegangen waren. 1919 kam es zum Zusammenschluss im »Deutschen Evangelischen Kirchentag«, der 1921 die Verfassung des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes annahm, der schließlich 1922 von allen deutschen Landeskirchen geschlossen wurde. Die Bemühungen um einen engeren Zusammenschluss führten erst 1933 mit der Gründung der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) zum Ziel. Kurz darauf griff jedoch das nationalsozialistische System in das innere Leben der Kirche ein, um aus der Deutschen Evangelischen Kirche eine dem nationalsozialistischen Regime willfährige Staatskirche zu machen (Deutsche Christen). - Als Gegenbewegung gegen die damit verbundenen Versuche der Verfälschung von Lehre und Verkündigung entstand die Bekennende Kirche (Kirchenkampf). Die Neuordnung der Gesamtkirche wurde nach dem Zusammenbruch 1945 unter dem Namen EKD verwirklicht. Zur Gründungsversammlung der EKD wurde die Kirchenversammlung in Treysa (27.-31. 8.), zu der der württembergische Landesbischof T. Wurm als Begründer des »Kirchlichen Einigungswerkes« die Leitungen der evangelischen Landeskirchen eingeladen hatte. Die Versammlung setzte einen »vorläufigen Rat« ein, dessen Vorsitzender Bischof Wurm wurde. Die ebenfalls beschlossene vorläufige Ordnung wurde 1948 durch die Grundordnung der EKD (am 13. 7. in Eisenach verabschiedet und am 3. 12. in Kraft gesetzt) abgelöst. - Die acht Landeskirchen auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR gehörten zunächst zur EKD. 1969 schieden sie rechtlich aus und bildeten einen eigenen Zusammenschluss, den Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK), hielten jedoch ausdrücklich an der (über das Maß allgemeiner ökumenischer Beziehungen hinausgehenden) »besonderen Gemeinschaft der ganzen evangelischen Christenheit in Deutschland« fest. Im Februar 1991 beschlossen die Synoden des BEK und der EKD ein Kirchengesetz zur Wiederherstellung der Einheit der EKD, das - nach Zustimmung der Synoden der Gliedkirchen der BEK - in Kraft trat. Am 28. 6. 1991 traten die ostdeutschen Landeskirchen auf der EKD-Synode in Coburg der EKD wieder bei.
Der einzelne evangelische Christ ist Mitglied seiner Gemeinde und seiner Landeskirche (Mitglied der EKD sind allein die Gliedkirchen). Die Mitgliedschaft ist an Taufe und Wohnsitz geknüpft: Wer in einer evangelischen Landeskirche die Taufe empfangen und seinen Wohnsitz im Bereich einer EKD-Gliedkirche hat, ist damit automatisch Mitglied dieser Kirche. Verlegt er seinen dauernden Wohnsitz in das Gebiet einer anderen EKD-Gliedkirche, so wird er dort Kirchenmitglied.
Im Unterschied zu den Freikirchen erheben die Gliedkirchen der EKD von ihren Mitgliedern Kirchensteuer.
H. Brunotte: Die Grundordnung der EKD (1954);
Martin Schmidt: Ev. Kirchengesch. Dtl.s von der Reformationszeit bis zur Gegenwart (1956);
F. Merzyn: Das Recht der EKD (31964);
K. Kupisch: Die dt. Landeskirchen im 19. u. 20. Jh. (21975);
Der dt. Protestantismus im Jahr der natsoz. Machtergreifung, hg. v. G. van Norden (1979);
W. Leiser: Die Regionalgliederung der ev. Landeskirchen in der Bundesrepublik Dtl. (1979);
Die Protokolle des Rates der Ev. Kirche in Dtl., bearb. v. C. Nicolaisen u. a., auf mehrere Bde. ber. (1995 ff.).
Universal-Lexikon. 2012.