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Westjordanland
Wẹst|jọr|dan|land, das; -[e]s:
westlich des Jordans u. des Toten Meeres gelegenes palästinensisches Gebiet.

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Westjọrdanland,
 
Cisjordani|en, englisch West Bank [west bæȖk; »Westufer«], westlich des unteren Jordans und des nördlichen Toten Meeres gelegenes Gebiet von etwa 5 878 km2 mit (Zählung 1997) 1,873 Mio. Palästinensern und (nach Schätzungen 2000) 160 000 bis 200 000 israelischen Siedlern.Rd. 82 % der Bevölkerung des Westjordanlands sind sunnitische Muslime; der jüdische Bevölkerungsanteil ist durch die planmäßige israelische Siedlungspolitik auf rd. 10 % angewachsen (1972 rd. 1 000 Juden); etwa 7 % der Bevölkerung sind Christen. In Nablus leben etwa 500 Anhänger der Samaritaner.
 
Das Westjordanland wird sowohl von der PLO wie von der internationalen Staatengemeinschaft neben dem Gazastreifen als Kerngebiet des zu bildenden palästinensischen Staates angesehen.
 
Geschichte:
 
Als ehemaliger Teil des britischen Mandats Palästina (1920-48) im UN-Teilungsplan 1947 den Palästinensern zugesprochen (Ost-Palästina: Judäa und Samaria, Palästina, Geschichte), wurde das Gebiet 1950 Jordanien angegliedert (seitdem: Westjordanland). Ab 1967 von Israel besetzt und teils aus strategischen Überlegungen heraus, teils um günstigen Wohnraum für Einwanderer aus der Sowjetunion zu schaffen, besiedelt, bildete die staats- und völkerrechtliche Stellung des Westjordanlands fortan eine der Kernfragen bei den Bemühungen um eine dauerhafte Regelung des Nahostkonflikts. Nach dem Verzicht Jordaniens zugunsten der Palästinenser (1974) und der faktischen Übergabe an die PLO (1988) rief diese am 15. 11. 1988 den international nicht anerkannten Staat Palästina aus. Mit der - sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite umstrittenen - israelisch-palästinensischen Einigung über einen stufenweisen Übergang zur palästinensischen Selbstverwaltung bis 1999 (»Gaza-Jericho-Abkommen« vom 13. 9. 1993) begann die Abkopplung des Gebiets von Israel. Sie wurde konkretisiert durch den »Interimsvertrag« vom 28. 9. 1995 und die Wye-Abkommen, unterzeichnet am 23. 10. 1998 in Washington (D. C.) sowie am 5. 9. 1999 in Scharm esch-Scheich (Ägypten). Der Interimsvertrag sah eine Aufteilung des Westjordanlands in drei Bereiche unterschiedlicher Verwaltung vor: Zone A: 6 palästinensische Städte (Jenin, Nablus, Tulkarm, Qalqilyah, Ramallah und Bethlehem), Teile von Hebron sowie 420 Dörfer) = 3 %; Zone B: 450 Dörfer und Kleinstädte unter gemischter Kontrolle, d. h. rein ziviler Verwaltungskompetenz der Autonomiebehörde = 27 %; Zone C: jüdische Siedlungen und israelische Militärbasen sowie anderes aus israelischer Sicht strategisch wertvolles Gebiet unter voller israelischer Kontrolle = 70 % der Gesamtfläche. Trotz Teilrückzugs der israelischen Truppen aus großen Orten des Westjordanlands und einigen Dörfern (ab 1995 in mehreren Phasen) erfolgte die Umsetzung der Verträge jeweils nur schleppend. Im Hebron-Abkommen (1997) wurde das Stadtgebiet in eine H-1-Zone, in der 100 000 Palästinenser unter Autonomieverwaltung leben, und in eine H-2-Zone, in der 450 extremistische jüdische Siedler und 20 000 Palästinenser unter israelischer Militärherrschaft leben; außerdem sicherte sich Israel darin die Zusage der USA, die Auswahl der abzutretenden Territorien ohne Rücksprache mit den Palästinensern vorzunehmen.
 
Im Wye-Abkommen vom Oktober 1998 wurde ein israelischer Rückzug aus weiteren 13,1 % der besetzten Gebiete in drei Phasen zugesagt. Bis Ende 2000 waren noch über 50 % des Westjordanlands israelisch besetzt. In Wye war außerdem die »sofortige Aufnahme beschleunigter Gespräche über den endgültigen Status« vereinbart worden, zu der es jedoch erst nach dem Regierungswechsel von B. Netanjahu zu E. Barak Mitte September 1999 kam. Der ursprünglich bis September 2000 angestrebte Abschluss wurde wegen der ergebnislos gebliebenen Vermittlungsgespräche von Camp David zunächst auf November 2000 vertagt und danach infolge des Ausbruchs der »zweiten« oder »Al-Aksa-Intifada« auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Gestaltung der Endstatusverhandlungen erwies sich als äußerst schwierig, da Israel auch unter Barak zu seiner Sicherheit auf militärstrategisch begründeten Gebietsansprüchen nach dem Allon-Plan von 1967 beharrte, der einen strategischen Siedlungsgürtel entlang der Grenze zu Jordanien vorsah, sowie die Rückgabe der von den israelischen Siedlern beanspruchten Gebiete verweigerte. Außerdem will Israel etwa 15 % des Territoriums des Westjordanlands (Gebiete der Siedlungskonzentrationen) auch nach der Endstatusregelung noch unter seiner Kontrolle behalten, für die es einen Gebietstausch mit unbewohntem Land (Naturschutzgebiete, Wüste) angeboten hat. Darüber hinaus blieb die Klärung der staats- und völkerrechtlichen Stellung des Westjordanlands neben der Jerusalemfrage einer der Streitpunkte bei den erstmals umfassenden Friedensverhandlungen von Camp David (Juli 2000). Bei den im ägyptischen Taba in der zweiten Januarhälfte 2001 abgehaltenen Friedensgesprächen wurde eine weitere Annäherung der Standpunkte als je zuvor erreicht. Diese Gespräche wurden jedoch wegen der bevorstehenden Ministerpräsidentenwahlen in Israel unterbrochen. Nach der Wahl, die A. Scharon in dieses Amt brachte, erklärte sein Vorgänger Barak alle in Camp David und Taba erzielten Annäherungen für »null und nichtig«, um Scharon freie Hand zu geben. Dieser will jedoch nicht über einen Endstatus verhandeln, sondern nur über weitere Interimsregelungen. Zu diesen kam es bis Ende Juni 2002 nicht. Stattdessen entwickelte sich aus der Intifada ein regelrechter, äußerst asymmetrischer Kleinkrieg, in dem im Laufe von 21 Monaten über 2 000 Menschen getötet wurden. Auf palästinensischer Seite ist dieser Krieg insbesondere durch Anschläge auf israelische Siedlungen und Siedler sowie durch eine zunehmende Häufigkeit von Selbstmordattentaten im israelischen Kernland geprägt. Auf israelischer Seite ist er durch Zerstörung wichtiger Infrastruktureinrichtungen wie Polizei- und Rundfunkstationen und des internationalen Flughafens, aber auch durch gezielte »präventive Liquidierungen« von Personen, die des Terrorismus verdächtigt werden, und die mehrfache, zum Teil über Monate andauernde Besetzung fast aller autonomen Städte (außer Jericho) gekennzeichnet. Nach einer Häufung von Selbstmordattentaten beschloss Israel im Juni 2002, das Westjordanland mit einem elektronisch gesicherten Zaun abzusperren, der zum Teil entlang der »grünen Linie« verläuft und das Einsickern von Terroristen verhindern soll. Dieser Zaun, der mit einem Graben verbunden ist, soll Anfang 2003 fertig gestellt sein.
 
Infolge der Abriegelungen und Zerstörungen haben manche Zweige der palästinensischen Volkswirtschaft zwischen 70 und 90 % Einbußen erlitten. Dementsprechtend ist der Lebensstandard der Menschen im Westjordanland weiter gesunken (1999: Pro-Kopf-Einkommen 1 850 US-$ im Vergleich zu Israel 16 200 US-$).

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Wẹst|jor|dan|land, das; -[e]s: westlich des Jordans u. des Toten Meeres gelegenes Gebiet.

Universal-Lexikon. 2012.