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Cham
I
Chạm
 
[tʃ-], Tschạm, ehemaliges Hochkulturvolk in Zentral- und Südvietnam, heute nur noch eine kleine Minderheit. Wahrscheinlich wurden austroasiatische Stämme im 1. Jahrhundert n. Chr. von malaiopolynesischen Einwanderern, den Cham, überlagert; zu einer ersten Reichsbildung (Champa, chinesisch Linyi genannt) im mittleren Vietnam kam es chinesischer Berichten zufolge im 2. Jahrhundert n. Chr.; Hauptstadt war Champapura (Lage unbekannt). Bis zum 8. Jahrhundert bestimmten Kämpfe mit den Chinesen die Geschichte der Cham. Um die Mitte des 8. Jahrhunderts wurde der Schwerpunkt des Chamreiches (chinesisch nun Huanwang genannt) nach Süden in die Gegend der heutigen Städte Phan Rang und Nha Trang verlagert. Javanische Angriffe in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts führten u. a. zu einer zeitweiligen Zerstörung des hinduistischen Heiligtums von Po Nagar (bei Nha Trang). Ende des 9. Jahrhunderts gründete König Indravarman II. (875-898), der sich zum Buddhismus bekannte, in den nördlichen Provinz Champas (jetzt chinesisch Zhancheng genannt) ein neues Königreich; als Hauptstadt entstand seit Ende des 9. Jahrhunderts Indrapura (heute Dong Duong), doch wegen der Vorstöße des annamitischen Reiches (Vietnam, Geschichte) wurde bereits im Jahr 1000 Vijaya (heute Binh Dinh) neue Hauptstadt. Nach dem Krieg mit Annam verlor Champa seine drei nördlichen Provinzen an dieses Reich; 1203-20 stand es unter der Herrschaft Angkors (Khmerreich); 1283 wurde es von den Mongolen besetzt, 1471 fiel es endgültig an Annam.
 
 Kunst
 
Älteste gesicherte Zeugnisse der Chamkunst sind einige, in einem einheitlichen Stil vertretene Sandsteinskulpturen, vermutlich aus dem 7. Jahrhundert, in Mi Son. Diese offenbaren eine eigene, für die Cham charakteristische Formensprache mit Sinn für eleganten Dekor und anmutige Bewegung.
 
Als Beginn der eigentlichen Chamarchitektur gelten die als Stil von Hoa Lai bezeichneten Heiligtümer mit charakteristischem Aufbau: auf quadratischem Grundriss errichtete Türme (Kalan) mit pyramidenförmiger, geschossartiger Gliederung; die Linienführung wird unterstrichen durch fein gearbeitete Ornamente. Baumaterial waren fast ausschließlich Ziegelsteine. Unter der Regierung von König Indravarman II. beginnt die schöpferischste Phase der Chamkunst, die im 10. Jahrhundert in Indrapura ihren Höhepunkt erreicht. Der Baudekor dieser Zeit neigt zu alles überwuchernder Blattornamentik. Die Eigenständigkeit der Plastik entfaltete sich v. a. im Hochrelief; die überkommenen Rundplastiken von streng hierarch., massiger und wenig gegliederter Gestalt stellen den ethnischen Typ der Cham dar: Gesichter mit stark betonten, durchgehenden Brauen, hervorstehenden Augen, einer breiten, platten Nase und wulstigen Lippen. Die in die Zeit wieder einsetzender Belebung des Shivakultes (Anfang des 10. Jahrhunderts) zu datierenden Turmheiligtümer von Khuong My repräsentieren eine Übergangskunst. In dieser Zeit entstanden frei stilisierte Tierplastiken, die zu den ausdrucksstärksten Schöpfungen der Chamkunst gehören. Mit dem Niedergang des Chamreiches setzte der künstlerische Zerfall ein. Die nach der Verlegung der Hauptstadt nach Vijaya errichteten Sakralbauten sind Kopien der Khmer-Turmheiligtümer. Der Erhaltungszustand der Bauwerke ist durch das tropische Klima und die Zerstörungen im Vietnamkrieg recht schlecht. Die nicht mehr am Ort befindlichen Kunstwerke sind v. a. in den Museen von Ho-Chi-Minh-Stadt und Da Nang. In Europa besitzt das Musée Guimet in Paris eine einzigartige Sammlung.
 
 Literatur
 
Die ältesten Zeugnisse der Chamliteratur (3. Jahrhundert n. Chr.) sind zahlreiche Steininschriften (meist Gedenktexte vor oder in Heiligtümern). In Sanskrit oder Cham abgefasst, berichten sie über Weihegaben und Tempelbauten der Herrscher und der Hofgesellschaft und preisen deren Verdienste um die Religion. Die aus der Zeit nach dem Untergang des Chamreiches 1471 überlieferte Literatur umfasst vorwiegend religiöses Schrifttum (feierliche Kultgesänge und Gebete). Daneben besteht eine erst teilweise erschlossene Volksliteratur (Märchen, Legenden, Schwänke), in der auch alte totemistische Stammessagen der Cham überliefert sind.
 
 Sprache
 
Das in zwei Hauptdialekten in Vietnam und in Kambodscha gesprochene Cham gehört (mit den verwandten Idiomen Chrau, Hroy, Jarai, Rade, Rai und Roglai) zur austronesischen Sprachfamilie. In Wortschatz und Grammatik (Prä- und Suffigierung, Unveränderlichkeit des Nomens, Nachstellung der Pronomina, Demonstrativa und Adjektiva, fehlende Flexion des Verbs sowie syntaktische Merkmale) ähnelt es den indonesischen Sprachen. Das Wortgut ist durch Lehnwörter aus dem Sanskrit, Khmer, dem Vietnames., Chinesischen, Arabischen u. a. benachbarten Sprachen angereichert. Die von links nach rechts laufende Schrift der Cham, in der die inschriftlichen Denkmäler vom 3. bis 8. Jahrhundert aufgezeichnet sind, ist südindischem Ursprungs. Aus ihr entwickelte sich in der Folgezeit eine Kursivschrift mit mehreren zweckbedingten Varianten.
 
Literatur:
 
P. Stern: L'art du Champa et son évolution (Paris 1942);
 B. P. Groslier: Hinterindien, Kunst im Schmelztiegel der Rassen (a. d. Frz., 21962);
 G. Moussay u. a.: Dictionnaire Čam-Vietnamien-Français (Phan Rang 1971).
 
II
Cham
 
[kaːm],
 
 1) Kreisstadt in Bayern, 375 m über dem Meeresspiegel, am Regen, im Westen einer niedrigen Einsattelung des Böhmerwaldes (sehr alte Verkehrsverbindung über Furth im Wald nach Böhmen), 17 200 Einwohner; Schul-, Handels- und Behördenstadt; elektrotechnische, Kunststoff verarbeitende, Holz-, Metall- u. a. Industrie.
 
Stadtbild:
 
Von der Stadtbefestigung (13./14. Jahrhundert, spätere Veränderungen) sind Reste, u. a. das »Biertor« (als einziges von ursprünglich vier Toren), erhalten. Pfarrkirche Sankt Jakob (ursprünglich 13. Jahrhundert, später verändert; Chor 14./15. Jahrhundert), Spitalkirche Heiliger Geist (1514, im 18. Jahrhundert barockisiert). Das Rathaus (15. Jahrhundert) wurde mehrfach verändert (1875 neugotischer Erweiterungstrakt; 1985/89 Instandsetzung, Um- und Erweiterungsbau).
 
Geschichte:
 
Die Burg auf dem Galgenberg war Mittelpunkt der Mark Cham, auch »Böhmische Mark« genannt, die nach dem Aussterben der Markgrafen von Cham (1204) an die Wittelsbacher kam. 1135 ist die bei der Burg entstandene Siedlung Altenmarkt belegt, 1210 wird eine Neustadt Cham erwähnt, die 1293 Stadtprivilegien erhielt.
 
 
 2) Landkreis im Regierungsbezirk Oberpfalz, Bayern, 1 510 km2, 131 000 Einwohner; umfasst die Regen- und die Cham-Further Senke mit den umgebenden bewaldeten Gebirgen (im Norden bis in den Oberpfälzer Wald, im Süden bis in den Falkensteiner Vorwald reichend); im Osten grenzt Cham im Hinteren Bayerischen Wald an die Tschechische Republik, in diesem Gebiet spielt der Fremdenverkehr eine größere Rolle. Neben Grünlandwirtschaft wird auf meist armen Böden Ackerbau (Roggen, Hackfrüchte) betrieben; die Industrie ist durchschnittlich entwickelt (Metallverarbeitung und Elektroindustrie).
 
 
 3) Gemeinde im Kanton Zug, Schweiz, 421 m über dem Meeresspiegel, am Ausfluss der Lorze aus dem Zuger See, 11 900 Einwohner; verschiedene Industrie, Verwaltungssitz der Nestlé Alimentana AG.
 
Stadtbild:
 
Die Pfarrkirche Sankt Jakob ist ein Spätbarockbau von 1783-94, der spätgotische Turm einer älteren Anlage blieb erhalten. Die Villa Villette, ehemalige Sommerresidenz eines Züricher Bankiers, dient seit 1988 als Begegnungs- und Kulturzentrum. In der Nähe liegt Schloss Sankt Andreas (Kapelle von 1488/89).
 
Geschichte:
 
Cham wird 858 erstmals erwähnt. Hof und Kirche zu Cham gehörten ursprünglich der Fraumünsterabtei Zürich, erhielten aber im Mittelalter verschiedene andere Besitzer.
 
III
Cham
 
[kam], französischer Karikaturist, Noé, Amédée Charles Henry de.
 

Universal-Lexikon. 2012.