Zytokine
[zu griechisch kineĩn »bewegen«], Singular Zytokin das, -s, auf Zellfunktionen regulatorisch wirkende Proteine oder Glykoproteine, die meist von mehreren körpereigenen Zelltypen gebildet werden und auch verschiedene Zelltypen beeinflussen. Ihre Wirkung wird über membranständige Rezeptoren vermittelt. Überschneidungen im Wirkprofil beugen Störungen durch Ausfall einzelner Zytokine vor. Biosynthese und Freisetzung werden sowohl durch andere Zytokine als auch durch äußere Faktoren gesteuert.
Nach der Art der hauptsächlichen Bildungszellen unterscheidet man von Lymphozyten synthetisierte Lymphokine und von Monozyten beziehungsweise Makrophagen produzierte Monokine. Immunmodulierend wirkende Zytokine sind die Interleukine (IL), Interferone (IF), Tumornekrosefaktoren (TNF) und koloniestimulierende Faktoren (CSF).
Als Interleukine werden Zytokine bezeichnet, die vorzugsweise die Lymphozytenfunktion stimulieren. Das v. a. von Makrophagen gebildete Interleukin-1 (IL-1) fördert die Vermehrung von B- und T-Lymphozyten und damit indirekt die Sekretion von IL-2, IL-4 und IL-6 sowie von koloniestimulierenden Faktoren. IL-1 ist darüber hinaus ein körpereigener (endogener) Fieber erzeugender Stoff, auch ist es wesentlich an Entzündungsreaktionen beteiligt. IL-2 verstärkt das Wachstum von T-Lymphozyten und die Freisetzung anderer Lymphokine. Durch die Interleukine IL-4, IL-5 und IL-6 werden v. a. B-Lymphozyten stimuliert. IL-3 gehört als Stimulator von Stammzellen des Knochenmarks zu den Blut bildenden Wachstumsfaktoren.
Eine ähnliche Funktion wie IL-1 besitzen die Tumornekrosefaktoren (tumorabtötende Stoffe). Entgegen ihrer Bezeichnung werden durch TNF Tumorzellen nicht ausschließlich in ihrem Wachstum gehemmt oder zerstört, sondern teilweise auch in ihrem Wachstum beschleunigt. Der therapeutische Einsatz von TNF ist dadurch erheblich erschwert.
Zu den koloniestimulierenden Faktoren gehören der Granulozyten-Makrophagen-koloniestimulierende-Faktor (GM-CSF) und der Granulozyten-koloniestimulierende-Faktor (G-CSF). GM-CSF fördert, wie aus dem Namen hervorgeht, die Bildung von Granulozyten und Makrophagen. Der zu einem späteren Zeitpunkt der Zelldifferenzierung weißer Blutzellen eingreifende G-CSF führt dagegen zu einer selektiven Vermehrung von Granulozyten.
Chemokine sind relativ kleine Proteine, die auf Immunzellen chemotaktisch wirken, d. h. sie an den Ort ihrer höchsten Konzentration (in der Regel Bildungsort, z. B. an einen Entzündungsherd) locken.
Neben dem Immunsystem gehören Stoffwechsel und hormonales System zu den weiteren Angriffspunkten der Zytokine. So führen z. B. IL-1 und TNF zu verminderter Nahrungsaufnahme. Der Energieverbrauch wird durch Steigerung der Körpertemperatur (Fieber) erhöht. Beispiele für den Eingriff von Zytokinen in den Hormonhaushalt sind die Steigerung der Synthese von Cortisol und eine Hemmung der Freisetzung von Thyroxin.
Bedeutung als Arzneistoffe haben bisher insbesondere die koloniestimulierenden Faktoren und die Interferone erlangt. Koloniestimulierende Faktoren werden zur Anregung der Bildung weißer Blutzellen genutzt, Interferone bei Viruserkrankungen und einigen Tumoren eingesetzt. Ferner stellt die Hemmung der Zytokinesynthese den Mechanismus einiger Immunsuppressiva (z. B. von Ciclosporin) und entzündungshemmender Arzneistoffe (z. B. Glucocorticoiden) dar.
Universal-Lexikon. 2012.