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Risiko
Bedrohung; Gefahr; Vabanquespiel; Tollkühnheit; Wagestück; Unterfangen; Geratewohl; Wagnis; Spiel mit dem Feuer (umgangssprachlich); Unwägbarkeit; Eventualität; Chance; Möglichkeit

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Ri|si|ko ['ri:ziko], das; -s, Risiken ['ri:zikn̩], selten: -s:
mit einem Vorhaben o. Ä. verbundenes Wagnis, möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, Möglichkeit des Verlustes, Misserfolges:
das Risiko übernehmen, tragen; sich auf kein Risiko einlassen; die Risiken bedenken, abwägen.
Zus.: Gesundheitsrisiko, Sicherheitsrisiko, Verletzungsrisiko.

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Ri|si|ko 〈n. 15; Pl. a.: Ri|si|ken od. österr.: Rịs|ken〉
1. Gefahr
2. Wagnis
● ein (kein) \Risiko eingehen; das \Risiko tragen; das \Risiko fürchten, wagen; ein \Risiko übernehmen, auf sich nehmen; das \Risiko ist (nicht sehr) groß; auf eigenes \Risiko; die Sache ist mit einem \Risiko verbunden, ist völlig ohne \Risiko [<ital. risico, risco; zu risicare „Gefahr laufen, wagen“ <vulgärlat. *risicare „Klippen umschiffen“; zu grch. rhiza „Wurzel, Klippe“]

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Ri|si|ko , das; -s, …ken, selten -s, österr. auch: Rịsken [älter ital. ris(i)co, H. u.]:
möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind; mit einem Vorhaben, Unternehmen o. Ä. verbundenes Wagnis:
ein großes R.;
das R. eines Absturzes, abzustürzen, dass das Flugzeug abstürzt;
kein/ein R. eingehen, auf sich nehmen;
die Versicherung trägt das R.;
bei einer Sache das R. fürchten, scheuen, in Kauf nehmen;
die Risiken bedenken, abwägen;
das R. laufen (das Wagnis auf sich nehmen).

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Risiko
 
[von älter italienisch ris(i)co, eigentlich »Klippe (die zu umschiffen ist)«] das, -s/-s und ...ken, österreichisch auchRisken, Wagnis, die Möglichkeit, dass eine Handlung oder Aktivität einen körperlichen oder materiellen Schaden oder Verlust zur Folge hat oder mit anderen Nachteilen verbunden ist, im Unterschied zur Gefahr, die eher eine unmittelbare Bedrohung bezeichnet. Von Risiko spricht man nur, wenn die Folgen ungewiss sind; ein sicherer Verlust ist kein Risiko. Meist ist Risiko mit einer menschlichen Handlung verbunden, oft, aber nicht zwingend im Sinne eines bewusst eingegangenen, »kalkulierten« Risikos. Dies führt zum entscheidungsorientierten Risikobegriff, da alle menschlichen Tätigkeiten (z. B. Wirtschaften in Unternehmen oder Haushalten, Bau und Betrieb technischer Großprojekte, Teilnahme am Straßenverkehr) auf Entscheidungen beruhen, die auch dann getroffen werden müssen, wenn nicht alle relevanten Informationen bekannt sind. Dieses Informationsdefizit kann dazu führen, dass die mit den Entscheidungen verbundenen Zielsetzungen und Erwartungen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden. Betrachtet man lediglich die ungünstigen Abweichungen von Plan und Realisation, so spricht man von reinem Risiko (z. B. Absturz eines Flugzeugs). Berücksichtigt man auch die mit den verschiedenen Tätigkeiten verbundenen Chancen, d. h. günstige Abweichungen von Plan und Realisation, so spricht man von spekulativem Risiko (z. B. bei Wertpapiergeschäften). Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind versicherbare Risikos: Haushalte und Unternehmen können finanzielle Folgen bestimmter Risikos auf Versicherungsunternehmen überwälzen, die dann das versicherungstechnische Risiko zu tragen haben. Für die Beurteilung und Festlegung des Sicherheitszustands von Produkten wie Haushaltsgeräten, Kraft- und Luftfahrzeugen, Staudämmen und Pharmazeutika ist die Abschätzung des technischen Risikos wichtig.
 
Historisch hat der Begriff Risiko seinen Ursprung in der Handelsschifffahrt des 17. Jahrhunderts und fand dann Verwendung v. a. in der Versicherungswirtschaft, bei Kapitalanlagen und im Glücksspiel. In den letzten Jahrzehnten erlebte die Risikoforschung, bedingt durch die zunehmende öffentliche Besorgnis um die Gefahren von Großtechnologien (z. B. Kernenergie, Gentechnologie), einen steilen Aufschwung und stellt heute ein eigenes fächerübergreifendes Forschungsgebiet dar, das sich sowohl mit der Abschätzung als auch der Bewertung und Akzeptanz von Risiko sowie dem Einsatz risikopolitischer Instrumente (Risikopolitik) befasst.
 
 Risikomaße
 
Während über die qualitative Definition von Risiko weitgehend Einigkeit herrscht, ist die quantitative Messung von Risiko umstritten. Das heute vorherrschende Risikomaß ist der erwartete Verlust, d. h. die Höhe der möglichen Verluste oder Schäden (Schadensausmaß), multipliziert mit den Wahrscheinlichkeiten ihres Eintretens (Schadenswahrscheinlichkeiten). Ein Risiko ist umso größer, je höher Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß des potenziellen Verlustes (oder Schadens) sind. Risiko kann somit als messbare Ungewissheit angesehen werden, insoweit sich die Möglichkeiten eines Misserfolgs wahrscheinlichkeitstheoretisch quantifizieren lassen.
 
Häufig werden auch vereinfachte Risikoindikatoren verwendet. Solche sind z. B. die Anzahl der Todesfälle in einer Population, die eine Aktivität pro Jahr verursacht, die Wahrscheinlichkeit, pro Stunde der Ausübung oder des Ausgesetztseins zu Tode zu kommen, oder der Verlust an Lebenserwartung durch eine riskante Aktivität. Bei solchen Risiken einer Population (Kollektivrisiko) ist das meist zeitraumbezogene Schadensausmaß eine variable Größe. Demgegenüber wird das Risiko einer Person oder eines Objekts (Individualrisiko) für ein bestimmtes Schadensausmaß angegeben und als Wahrscheinlichkeit bezeichnet, mit der das Individuum gegebenenfalls in einem bestimmten Zeitraum den betrachteten Schaden (z. B. Tod durch Unfall) erleidet. Bei der Betrachtung von Risikoindikatoren ist Vorsicht geboten, da das Ergebnis von der verwendeten Bezugsgröße abhängt. So ist etwa das Fliegen in einem Verkehrsflugzeug pro Stunde der Ausübung etwas riskanter als die Teilnahme am Straßenverkehr. Bezogen auf die zurückgelegte Entfernung ist das Flugzeug aber in der Regel deutlich sicherer. Auch können Risikoindikatoren zu falschen Schlussfolgerungen führen, wenn sie Risiken von Ereignissen widerspiegeln, die zwar äußerst unwahrscheinlich, aber mit einem sehr großen Schadensausmaß verbunden sind. - Zum Gesundheitswesen Risikofaktoren.
 
 Risikoabschätzung
 
Da Risiko sich immer auf die Zukunft bezieht, handelt es sich bei seiner Angabe stets um eine prospektive Schätzung. Die Wahrscheinlichkeiten von Schäden, die relativ häufig zu beobachten sind (z. B. Verkehrsunfälle, Erkrankungen), können aus den Häufigkeiten ihres Eintretens in der Vergangenheit und der Annahme, dass sich hieran in der Zukunft nichts ändern wird, abgeschätzt werden. Nach diesem Prinzip werden in der Regel Versicherungsprämien berechnet und regelmäßig angepasst. Für viele Risiken gibt es jedoch keine historische Daten, weil Unfälle bisher zu selten eintraten (z. B. Kernkraftwerke, neue Flugzeugtypen) oder ihr Einfluss so gering oder langfristig und mit so vielen anderen Faktoren vermischt ist, dass sie nicht direkt beobachtet werden können (z. B. Schadstoffe in der Nahrung). In solchen Fällen kann das Risiko mittels Risikoanalysen (Sicherheits-, Störfallanalysen) geschätzt werden. Hierzu bedient man sich der Ereignisablaufanalyse und v. a. der Fehlerbaumanalyse. Besonders problematisch bei solchen probabilistischen Risikoanalysen ist die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Analyse (noch) unbekannte Phänomene und Wirkungszusammenhänge nicht berücksichtigt werden können. So liegen die Ursachen von Störfällen in großtechnischen Anlagen oft in Ereignisketten, die in den Risikoanalysen nicht bedacht wurden, wobei das menschliche Versagen (z. B. Konstruktions-, Wartungs-, Bedienungsfehler) eine große, offenbar unzureichend abzuschätzende Rolle spielt.
 
 Risikobewertung
 
Aus ethischer Sicht stellt sich die Forderung, Risiko nur dann einzugehen, wenn ihnen ein adäquater Nutzen gegenübersteht. So ist z. B. das Risiko einer medizinischen Behandlung mit dem Risiko der unbehandelten Erkrankung zu vergleichen. Nur wenn das Risiko der Behandlung geringer ist als das der Erkrankung, ist die Behandlung in Erwägung zu ziehen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Risiken grundsätzlich akzeptabel sind oder welche Risiken selbst bei noch so hohem möglichen Nutzen nicht akzeptabel sind. Bei der Beantwortung dieser Frage wird in der Regel versucht zu erfassen, welche Risiken in einer Gesellschaft gewohnheitsmäßig akzeptiert werden, um hieraus Maßstäbe für die Beurteilung der Akzeptanz neuer Risiken zu gewinnen. Persönliche Risikoakzeptanz hängt wesentlich von subjektiven Faktoren ab. So werden - bei gleichem Nutzen - freiwillig (z. B. beim Sport) wesentlich höhere Risiken akzeptiert, als wenn man dem Risiko unfreiwillig ausgesetzt ist (z. B. durch chemische Fabriken); die Risikoakzeptanz ist höher, wenn man glaubt, das Risiko selbst zu kontrollieren (z. B. beim Autofahren), als wenn man keine eigene Kontrolle ausübt (z. B. im Passagierflugzeug); häufigere individuelle Unfälle werden eher akzeptiert als seltene katastrophale, bei denen viele Menschen gleichzeitig betroffen sind; Risiken, deren Folgen unmittelbar sind, erscheinen akzeptabler als solche mit verzögerten Folgen (z. B. radioaktive Strahlung). - Die Frage, welche Risiken für den Einzelnen, für Gruppen, Organisationen oder für die Gesellschaft akzeptabel sind, kann nicht objektiv, z. B. im Sinne wissenschaftlich-rationaler Risikoabschätzungen, beantwortet werden, sondern muss der persönlichen oder unternehmerischen Entscheidung sowie der gesellschaftlichen und politischen Diskussion überlassen bleiben (Risikogesellschaft).
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Fortschritt · Gentechnologie · Kernenergie · Schadstoffe · Sicherheit · Technikfolgenabschätzung · Umweltverträglichkeitsprüfung · Verantwortung
 
Literatur:
 
A. F. Fritzsche: Wie sicher leben wir? R.-Beurteilung u. -bewältigung in unserer Gesellschaft (1986);
 
Leben ohne R.?, hg. v. G. Hohlneicher u. a. (1989);
 
Riskante Entscheidungen u. Katastrophenpotentiale, hg. v. J. Halfmann u. a. (1990);
 
Risk, organizations and society, hg. v. M. Shubik (Dordrecht 1991);
 R. Münch: Risikopolitik (1996).
 

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Ri|si|ko, das; -s, -s u. ...ken, österr. auch: Rịsken [älter ital. ris(i)co, H. u.]: möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind; mit einem Vorhaben, Unternehmen o. Ä. verbundenes Wagnis: ein großes R.; kein/ein R. eingehen, auf sich nehmen; die Versicherung trägt das R.; bei einer Sache das R. fürchten, scheuen, in Kauf nehmen; die Risiken bedenken, abwägen; ... dass die Bande auf eigenes R. arbeite (Brecht, Groschen 174); Wenn einer auf R. geht, geht's selten gegen ihn selbst, meistens gegen andere (Brot und Salz 201); *das R. laufen (das Wagnis auf sich nehmen): So hat Chruschtschow sich entschlossen, das R. zu laufen und das Kernstück aus dem Separatfriedensvertrag vorwegzunehmen (Dönhoff, Ära 78).

Universal-Lexikon. 2012.