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Gewaltenteilung
Ge|wạl|ten|tei|lung 〈f. 20; Rechtsw.〉 Gliederung der staatl. Obrigkeit in Gesetzgebung, Rechtsprechung u. Verwaltung; Sy 〈schweiz.〉 Gewaltentrennung

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Ge|wạl|ten|tei|lung, die <o. Pl.>:
Trennung von gesetzgebender, ausführender u. richterlicher Staatsgewalt u. ihre Zuweisung an voneinander unabhängige Staatsorgane:
das demokratische Prinzip der G.

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Gewaltenteilung,
 
Gewaltentrennung, Unterscheidung der drei Staatsfunktionen Exekutive (vollziehende Gewalt), Legislative (Gesetzgebung), Judikative (Rechtsprechung) und deren Zuweisung an voneinander unabhängige Staatsorgane zur Verhinderung von Machtmissbrauch und zur rechtsstaatlichen Sicherung der bürgerlichen Freiheiten. - Schon in der Antike (Herodot, Platon, Aristoteles, Polybios, Cicero) und im Mittelalter wurden die drei Staatsgewalten unterschieden und wurde in der Lehre von der gemischten Verfassung (status mixtus) auf die Koordinierung differenzierter Kräfte durch die Verbindung monarch., aristrokratischer und demokratischer Formen der Herrschaft verwiesen. Die Formulierung der Gewaltenteilung als grundlegendes Ordnungs- und Strukturprinzip moderner Verfassungen entstammt der Aufklärung und wurde zuerst von J. Locke (1690) formuliert. Er trennte die mit einer Prärogative dem König zugeordnete Exekutive im Vollzug der Gesetze, aber abgesonderter Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten von der Legislative, kannte aber keine eigenständige dritte richterliche Gewalt. Erst Montesquieu gilt als Vater der neuzeitlichen liberalen Gewaltenteilungslehre. Er weist (»De l'esprit des lois« 1748) die drei Staatsfunktionen der Exekutive, Legislative und Judikative unterschiedlichen Staatsorganen zu, ordnet diese den tragenden politisch-sozialen Kräften seiner Zeit (Königtum, Adel, Bürgertum) zu und fügt sie in gegenseitiger Verschränkung und Mitbeteiligung zu einem System kontrollierenden Gleichgewichts. - In der Verfassungswirklichkeit der USA (seit 1776/87) mangels monarch. Tradition zu charakteristischer Ausprägung gelangt, erhielt die Gewaltenteilung in der Französischen Revolution 1789 im Artikel 16 der »Déclaration des droits de l'homme et du citoyen« grundgesetzlichen Charakter.
 
Während die marxistisch-leninistische Staatstheorie den Grundsatz der Gewaltenteilung als Verschleierung der einheitlichen und ungeteilten Klassenherrschaft ablehnt und durch den verfassungstheoretischen Leitgedanken des demokratischen Zentralismus ersetzt hat, halten die in der liberalen Verfassungs-Tradition stehenden Demokratietheorien grundsätzlich am Postulat der Gewaltenteilung als eines der Charakteristika der Demokratie fest.
 
Im parlamentarischen System (Parlamentarismus) stehen sich heute - bei grundsätzlicher Festhalten an der Trennung von Exekutive und Legislative - aufgrund der »Kompatibilität« (Vereinbarkeit) von Amt und Mandat gegenüber: Regierung (einschließlich Parlamentsmehrheit) und Opposition. In einem präsidentiellen System (Präsidialsystem) ist die traditionelle Gewaltenteilung infolge der Inkompatibilität (Unvereinbarkeit) von Amt und Mandat und der Wahl des Präsidenten durch das Volk stärker als im parlamentarischen System gewahrt. Durch Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften im großen Umfang nimmt die Exekutive an der Rechtsetzung teil. Während der Parteieneinfluss die Wirkung der Gewaltenteilung oft verringert, wird sie durch den Föderalismus meist gestärkt; bei einem föderalistischen Staatsaufbau sind Exekutive, Legislative und Judikative als Strukturelemente des Staates im Sinne einer »vertikalen Gewaltenteilung« sowohl auf Gesamtstaatsebene als auch auf Teilstaatsebene vorhanden und verfassungsmäßig geschützt. Die Trennung zwischen der Exekutive und der Legislative einerseits und der Judikative andererseits ist in den heutigen Verfassung strikter gewahrt.
 
In Deutschland setzte sich das Prinzip der Gewaltenteilung erst in der Weimarer Reichsverfassung (1919) durch. Die nationalsozialistische Diktatur beseitigte sie besonders im Zuge der Gleichschaltung (Nationalsozialismus). Für Deutschland ist die Gewaltenteilung in Art. 20 Absatz 2 GG festgelegt und in Art. 1 Absatz 3 hervorgehoben. Diese Bestimmungen gehören zu den Verfassungs-Vorschriften, die nicht geändert werden dürfen. Im GG besteht eine enge Verschränkung zwischen der Regierung und der Parlamentsmehrheit.
 
Für das österreichische Verfassungsrecht ist der Grundsatz der Gewaltenteilung ausdrücklich lediglich für den Bereich der Justiz und Verwaltung ausgesprochen (Art. 94 Bundesverfassungsgesetz).
 
Für das schweizerische Verfassungsrecht des Bundes und der Kantone gilt eine dem deutschen Recht entprechende Regelung.
 
Literatur:
 
E. von Hippel: G. im modernen Staate (3.-5. Tsd. 1950);
 H. Peters: Die Gewaltentrennung in moderner Sicht (1954);
 H. Girardi: Abschied von Montesquieu (1982);
 W. Beeler: Personelle Gewaltentrennung u. Unvereinbarkeit in Bund u. Kantonen (Zürich 1983);
 C. de Montesquieu: Vom Geist der Gesetze (a. d. Frz., Neuausg. 1984);
 
Gewaltentrennung im Rechtsstaat, hg. v. D. Merten (1989).

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Ge|wạl|ten|tei|lung, die <o. Pl.>: Trennung von gesetzgebender, ausführender u. richterlicher Staatsgewalt u. ihre Zuweisung an voneinander unabhängige Staatsorgane: das demokratische Prinzip der G.; die Lehre Montesquieus von der G.

Universal-Lexikon. 2012.