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Jugendbewegung
Ju|gend|be|we|gung 〈f. 20; unz.〉 Bewegung innerhalb der deutschen Jugend nach 1900 bis etwa 1930, die sich einen neuen Lebensinhalt zu schaffen suchte, bes. durch Wanderungen, Laienspiel, Volkstanz u. Volksmusik

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Ju|gend|be|we|gung, die <o. Pl.> [nach dem Untertitel des Buches »Wandervogel. Die Geschichte einer Jugendbewegung« von H. Blüher (1888–1955)]:
(um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum entstandene) Bewegung, deren Anhänger, in vielen neu gegründeten Jugendgruppen zusammengeschlossen, nach einer neuen individuellen Lebensgestaltung in Einfachheit u. Naturverbundenheit streben, wobei sie bes. Wanderungen durchführen u. altes Volksgut pflegen.

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Jugendbewegung,
 
eine pädagogische, geistige und kulturelle Erneuerungsbewegung, die um 1900 entstand. Sie gehört dem breiten Strom der Kulturkritik um die Jahrhundertwende (v. a. F. Nietzsche, J. Langbehn) an und wurde in antibürgerlicher Wendung v. a. von Teilen der bürgerlichen Jugend getragen. Wesensverwandt fühlte sie sich den Anfängen der Burschenschaft, dem Sturm und Drang und der Frühromantik.
 
In der Absicht, aus eigener Kraft eine wahrhaftige Lebensgestaltung zu finden, bildeten sich Jugendgruppen, die beim Wandern, auf Fahrt, am Lagerfeuer und beim Heimabend das Erlebnis der Einfachheit und Naturverbundenheit und eine auf Freundschaft gegründete Gemeinschaft, den Bund unter selbst gewählten Führern suchten. Romantisch stilisierte Vorstellungen von Vagantentum, Landsknechts-, Ritter- und Scholarenleben bestimmten den Ausbruch aus Stadtleben und Industriegesellschaft, verbunden mit völkischen Elementen. Mit dem Begriff »Jugendkultur« forderte G. A. Wyneken ein soziales System mit eigener Wertordnung. In diesem Sinn entwickelte die Jugendbewegung »jugendgemäße« Lebensformen, die weite Kreise der Jugend anzogen: Jugendfeste (Bundes-, Gautage, Sonnwendfeiern) mit Singwettstreit, Volkstanz, Laienspiel im Freien, Festfeuer, Beratung (»Thing«).
 
Der Beginn der Jugendbewegung kann mit der Gründung von Wandergruppen durch H. Hoffmann 1896 in Steglitz angesetzt werden. Seit 1901 verbreiteten sie sich als Wandervogel in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland (Böhmen, Mähren, Österreich, Schweiz). Auch auf verwandte Bestrebungen strahlte die Bewegung aus (Quickborn, Arbeiterjugendbewegung). H. Breuers Volksliedersammlung »Zupfgeigenhansl« (1908) erschloss das alte Liedgut (Jugendmusikbewegung). Als Gegengewicht zu völkischem Schwärmertum wurden 1908 die Deutschen Akademischen Freischaren gegründet, im Frühjahr 1913 kam es zum Zusammenschluss der Freideutschen Jugend und der Formulierung der Meißnerformel mit dem Gedanken der Selbsterziehung (Oktober 1913). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde in der bündischen Jugend völkisch-nationales Gedankengut tradiert, während das Kriegserlebnis bei anderen zu sozialkritischer, religiöser, auch pazifistischer Einstellung führte und die Gründung neuer Lebensgemeinschaften zur Folge hatte: Neuwerk, Bruderhofgemeinschaft (Bruderhöfe), Berneuchener Bewegung. Kerngruppen der bündischen Jugend schlossen sich 1926 zum Bund der Wandervögel und Pfadfinder, seit 1927 Deutsche Freischar, und mit weiteren Jugendverbänden zum Großstädtischen Bund zusammen. Soweit Verbände der Jugendbewegung nicht in der Hitler-Jugend (HJ) aufgingen, wurden sie durch die Nationalsozialisten 1933 verboten; eine Minderheit von Angehörigen verbotener bündischer Gruppen, die deren Tradition zu erhalten suchte, war als Teil der Jugendopposition und des Widerstandes ab Mitte sowie Ende der 30er-Jahre der Verfolgung durch HJ und nationalsozialistischen Staat ausgesetzt (z. B. Edelweißpiraten, Kittelbachpiraten, »Cliquen, Blasen und Horden«), ebenso die »Swing-Jugend« (Anhänger amerikanischer Jazzmusik) sowie jüdische Jugendliche.
 
Nach 1945 wurden Jugendverbände unter anderen Vorzeichen gegründet oder wieder gegründet. Vermächtnis der Jugendbewegung ist das Recht der Jugend auf Selbsterziehung neben Familie, Kirche, Schule und Beruf. Unmittelbare Wirkungen der Jugendbewegung waren u. a. die Gründung von Jugendorganisationen (»Jugendpflegeverbände«) der gesellschaftlichen Institutionen, die Gründung des »Reichsausschusses der deutschen Jugendverbände« (1921) und die Jugendgesetzgebung der Weimarer Republik. Besonders in der Jugendpflege (Jugendarbeit) und Sozialpädagogik wirkten Anregungen der Jugendbewegung weiter fort.
 
Literatur:
 
Grundschr. der dt. Jugend, hg. v. W. Kindt (1963);
 
Die Wandervogelzeit, hg. v. W. Kindt: (1968);
 
Die dt. J. 1920 bis 1933, hg. v. W. Kindt: (1974);
 W. Laqueur: Die dt. J. Eine histor. Studie (Neuausg. 21983);
 
»Mit uns zieht die neue Zeit«, der Mythos Jugend, hg. v. T. Koebner u. a. (1985);
 C. Lütkens: Die dt. J. Ein soziolog. Versuch (Neuausg. 1986);
 U. Treziak: Dt. J. am Ende der Weimarer Rep. Zum Verhältnis von Bünd. Jugend u. Nationalsozialismus (1986);
 M. von Hellfeld: Bünd. Jugend u. Hitlerjugend. Zur Gesch. von Anpassung u. Widerstand 1930-1939 (1987);
 F. F. Musall: Frühe J., Sexualität u. adoleszente Politisierung (1987);
 
Typisch deutsch: Die J., hg. v. J. H. Knoll u. a. (1988);
 I. Klönne: »Ich spring' in diesem Ringe«. Mädchen u. Frauen in der dt. J. (1990);
 A. Klönne: Jugend im Dritten Reich. Die Hitler-Jugend u. ihre Gegner (Neuausg. 1995).

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Ju|gend|be|we|gung, die <o. Pl.> [nach dem Untertitel des Buches „Wandervogel. Die Geschichte einer Jugendbewegung“ von H. Blüher (1888-1955)]: um die Jahrhundertwende im deutschsprachigen Raum entstandene Bewegung, deren Anhänger, in vielen neu gegründeten Jugendgruppen zusammengeschlossen, nach einer neuen individuellen Lebensgestaltung in Einfachheit u. Naturverbundenheit strebten, wobei man besonders Wanderungen durchführte u. altes Volksgut in Laienspiel, Volksmusik u. Volkstanz pflegte.

Universal-Lexikon. 2012.