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Lüneburg
Lüneburg,
 
1) Hauptstadt des Regierungsbezirks Lüneburg und Verwaltungssitz des Landkreises Lüneburg in Niedersachsen, an der Ilmenau im Norden der Lüneburger Heide, 17 m über dem Meeresspiegel, 64 600 Einwohner; Niedersächsisches Oberverwaltungs-Gericht; Universität Lüneburg (seit 1989, 1946 als PH gegründet), Fachhochschule Nordostniedersachsen, Museum für das Fürstentum Lüneburg, Deutsches Salzmuseum (Industriedenkmal Saline Lüneburg), Ostpreußisches Landesmuseum, Brauereimuseum, Naturkundemuseum, Stadtarchiv, Ost-Akademie, Ratsbücherei, Theater. Lüneburg hat Textil- und Bekleidungs-, Elektronik-, chemische und Nahrungsmittelindustrie, Maschinenbau, Kunststoffverarbeitung; Hafen am Elbeseitenkanal. Für den Kurbetrieb wird Sole gefördert, die Salzproduktion wurde 1980 eingestellt. Den Kalkberg (86 m über dem Meeresspiegel) im Stadtgebiet von Lüneburg, Rest des Gipshutes eines Zechstein-Salzstocks, umgibt ein auf den jahrhundertelangen Salinenbetrieb zurückzuführendes Senkungsfeld mit großflächigen Sackungserscheinungen.
 
Stadtbild:
 
Lüneburg besteht aus vier Siedlungskernen: »Marktviertel« mit der Michaeliskirche (1376-1434), Barockorgelprospekt (1708); »Sandviertel« mit der Johanniskirche (13./14. Jahrhundert), 108 m hoher Turm (1406 ff.), Hochaltar (1430-85), bedeutendste Orgel in Norddeutschland (1551/1714); »Salzviertel« (die Lambertikirche wurde 1860 wegen Senkung des Untergrundes aufgrund der Salzablaugung abgebrochen); »Wasserviertel« mit der Nikolaikirche, einer spätgotischen Backsteinbasilika, Krypta (15. Jahrhundert), Hochaltar (um 1450). Ältester Teil des Rathauses ist die Gerichtslaube (1328-31) mit bemalter Renaissance-Holztonnendecke (1529), ferner Alte Kanzlei (um 1433); Bürgermeisterkörkammer (1489-91), Fürstensaal (Mitte 15. Jahrhundert), Altes Archiv (1491-1521), Renaissanceportale zur Großen Ratsstube (1568-84); barocke Marktfassade (1720, spätere Überarbeitung der dekorativen Teile). Herzogliches Stadtschloss (1695-1700); Heiliggeisthospital (14.-19. Jahrhundert); barockes Kaufhaus (nach Brand Neubau 1966, Fassade von 1741-45 erhalten); Alter Kran (ursprünglich 14. Jahrhundert, heutige Gestalt nach mittelalterlichem Vorbild, 1797). »Am Sande« ist ein rein gotisch erhaltener Platz (275 m × 40 m) mit zahlreichen Giebelhäusern des 15./16. Jahrhunderts; häufige Verwendung des »Taustabes« (gedrehter Formbackstein). - In der Nähe Kloster Lüne, eine 1172 gegründete Benediktinerinnenabtei (heute Damenstift); große, malerisch verwinkelte Anlage des 14.-18. Jahrhunderts mit schlichter gotischer Backsteinkirche (2. Hälfte 14. Jahrhundert, reiche Ausstattung 15.-18. Jahrhundert); kostbare Weißstickereien und Bildteppiche (13.-16. Jahrhundert).
 
Geschichte:
 
Lüneburg - der Name geht auf das 795 belegte altsächsische »hliuni« (Zufluchtstätte) zurück - war die Stätte einer Billungerburg am Kalkberg (um 950; erste urkundliche Erwähnung der Saline 956) und erhielt - vermutlich durch Heinrich den Löwen - vor 1200 Stadtrecht (bestätigt 1247). Bis 1371 war Lüneburg Residenz des gleichnamigen, 1267 (endgültig 1269) entstandenen Fürstentums. Dann gewann die Stadt in einem Aufstand die einer freien Reichsstadt gleichkommenden Rechte, die sie bis 1637 aufrechterhalten konnte. Lüneburg war vom 14. bis 16. Jahrhundert eine der führenden Salzgewinnungs- und Salzhandelsstädte in Norddeutschland (Saline erst nach 1799 wieder zeitweilig bedeutsam) und zählte zu den bedeutenden Hansestädten. Lüneburg kam mit Hannover 1866 zu Preußen, 1946 zu Niedersachsen.
 
Literatur:
 
W. Reinecke: Gesch. der Stadt L., 2 Bde. (1933, Nachdr. 1977, 1 Bd.);
 K. Friedland: Der Kampf der Stadt L. mit ihren Landesherren (1953);
 I. Ferger: L. Eine siedlungsgeograph. Unters. (1969);
 U. Hennings: Die L.er Salzmonopole. Entwicklung u. Niedergang (1987).
 
 2) Landkreis im Regierungsbezirk Lüneburg, Niedersachsen, 1 323 km2, 164 300 Einwohner. Das Kreisgebiet erstreckt sich von der Lüneburger Heide im Westen über die Elbmarsch im Norden bis zum Waldgebiet der Göhrde im Osten. Zum 1. 7. 1993 wurde das rechtselbische Gebiet Gemeinde Amt Neuhaus vom Land Mecklenburg-Vorpommern in den Landkreis Lüneburg rückgegliedert. Den Höhenunterschied zwischen Elbmarschen und Geest überwindet im Elbeseitenkanal das Schiffshebewerk Scharnebeck, das größte und modernste Europas. Der Kreis liegt verkehrsgünstig (Eisenbahnstrecken, Autobahn, Bundesstraßen, Elbeseitenkanal) im südöstlichen Vorfeld von Hamburg, das für viele seiner Erwerbspersonen Pendlerzielort ist. In dem landwirtschaftlich geprägten Kreis werden v. a. Getreide-, Kartoffel-, Zuckerrüben- und Gemüsebau sowie Rinder-, Schweine- und Geflügelzucht betrieben. Der Fremdenverkehr stellt einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar. Wichtigste Industriestandorte sind neben Lüneburg die Gemeinden Embsen, Melbeck, Dahlenburg und Bleckede. Außer Lüneburg besitzt nur Bleckede Stadtrecht.
 
Literatur:
 
Der Landkreis L., bearb. v. K. Harries (1977).
 
 3) Regierungsbezirk in Niedersachsen, 15 506 km2, 1,661 Mio. Einwohner; umfasst die Landkreise Celle, Cuxhaven, Harburg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Soltau-Fallingbostel, Stade, Uelzen und Verden.
 
 4) ehemaliges Fürstentum, Häuser und Linien der Welfen; entstanden 1267/69 durch die erste Erbteilung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg; Residenz war bis 1371 die Stadt Lüneburg. Nach dem Aussterben dieses älteren Hauses Lüneburg (1369) konnte die Göttinger Linie des alten Hauses Braunschweig ihre Erbansprüche im Lüneburger Erbfolgekrieg (1369/71-88) gegen die askanischen Herzöge von Sachsen-Lauenburg durchsetzen; sie musste jedoch die Residenz nach Celle verlegen, nachdem die Stadt Lüneburg 1371 in einem Aufstand den Herzögen die Burg auf dem Kalkberg entrissen hatte. Durch Erbteilung 1409/28 entstand das mittlere Haus Lüneburg. Als großflächiges Territorium (schon seit 1428 annähernd umfanggleich mit dem heutigen Regierungsbezirk Lüneburg) und wegen der ertragreichen Elbzölle bei allen späteren welfischen Erbteilungen bevorzugt gewählt, bestand das Fürstentum Lüneburg(-Celle) bis zum Tod des letzten »Heideherzogs« Georg Wilhelm 1705. Danach wurde es mit Hannover vereinigt. - U. a. durch Abspaltung der lüneburger Nebenlinie Dannenberg (1569) war das neue Haus Braunschweig begründet worden, das 1635 Wolfenbüttel übernahm (später Hannover genannt). Das 1569 begründete neuere Haus Lüneburg übernahm 1617 (Braunschweig-)Grubenhagen, 1635 (Braunschweig-)Calenberg. (Braunschweig, Fürstentum)
 
Literatur:
 
M. Krieg: Die Entstehung u. Entwicklung der Amtsbezirke im ehemaligen Fürstentum L. (1922);
 G. Franz: Verwaltungsgesch. des Reg.-Bez. L. (1955);
 C. von Arnswaldt: Die Lüneburger Ritterschaft als Landstand im Spät-MA. (1969).
 

Universal-Lexikon. 2012.