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Swing
Swịng 〈m. 6
1. 〈Mus.〉
1.1 ruhig-schwingender Stil im Jazz
1.2 Tanz in diesem Stil
2. 〈Wirtsch.〉 höchste Kreditquote, die sich zwei Staaten bei bilateralen Handelsverträgen gegenseitig einräumen
[engl., „Schwingen, Rhythmus“; zu swing „schwingen“]

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1Swịng [auch: swɪŋ ], der; -[s], -s [engl. swing, eigtl. = das Schwingen, zu: to swing = schwingen]:
1. <o. Pl.>
a) rhythmische Qualität des Jazz, die durch die Spannung zwischen dem Grundrhythmus u. den melodisch-rhythmischen Akzenten sowie durch Überlagerungen verschiedener Rhythmen entsteht;
b) (bes. 1930–1945) Jazzstil, bei dem die afroamerikanischen Elemente hinter europäischen Klangvorstellungen zurücktreten.
2. Kurzf. von Swingfox.
2Swịng , der; -[s] [engl. swing, eigtl. = das Schwingen, 1Swing] (Wirtsch.):
(bei zweiseitigen Handelsverträgen) Betrag, bis zu dem ein Land, das mit der Lieferung im Verzug ist, vom Handelspartner Kredit erhält.

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I
Swịng
 
[englisch, zu to swing »schwingen«] der, -(s),  
 1) Musik: populärer Jazzstil der 1930er-Jahre, der meist von Bigbands gespielt wurde. Swingbands wie die von B. Goodman, C. Basie, J. Lunceford u. a. erreichten hohe Verkaufsziffern mit einer Musik, bei der das eingängige Repertoire eine genauso wichtige Rolle spielte wie die Fähigkeit der einzelnen Musiker zum solistischen Improvisieren.
 
 
 2) Wirtschaft: die von zwei Ländern in einem bilateralen Handels- und Zahlungsabkommen einseitig oder gegenseitig eingeräumte Kreditlinie mit dem Ziel, einen meist zinslosen Verrechnungsspielraum zum Ausgleich zeitlich unterschiedlicher Zahlungseingänge und -ausgänge zu schaffen. Der Swing kann auf einen bestimmten Geldbetrag festgeschrieben oder mit dem Außenhandelsvolumen veränderlich sein. Swingvereinbarungen sind infolge der heutigen Konvertibilität vieler Währungen seltener geworden. Ein Beispiel war der Swing als gegenseitiger, zinsloser Überziehungskredit im Rahmen des innerdeutschen Handels, wobei die Kreditlinie in den 1950er-Jahren 200 Mio. Verrechnungseinheiten (VE) und Ende der 1980er-Jahre bis zu 850 Mio. VE betrug.
II
Swing
 
[amerikanisch, swɪȖ], in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre vor allem in den Bigbands von Fletcher Henderson (1898-1952) und Duke Ellington (1899-1974) sich herausbildender Stil des Jazz, der ab Mitte der Dreißigerjahre durch die spektakulären Erfolge des Orchesters von Benny Goodman (1909-1986) zu einem Massenphänomen wurde, das die Jugend der damaligen Zeit in seinen Bann zog und mit einer Reihe wilder Tanzmoden verbunden war. Eingeleitet wurde diese Entwicklung durch die, um des Schauwerts willen, vereinzelt vorgenommene Erweiterung des kleinen Jazz-Ensembles auf die Ausmaße einer Bigband, denn das zog zwangsläufig Veränderungen des Musizierens nach sich. So trat an die Stelle des bis dahin für den Jazz charakteristischen spontanen Aufeinander-Reagierens im Rahmen vorher getroffener Absprachen (Head-Arrangement) jetzt das geschriebene Arrangement, denn anders war das Zusammenspiel bei einer größeren Anzahl von Musikern nicht mehr zu organisieren. Hinter jeder erfolgreichen Band stand damit im Swing ein profilierter Arrangeur. Die Ausdrucksmöglichkeiten für die Musiker blieben nun völlig auf die eingefügten Soli beschränkt. Die durcharrangierten Stücke ließen dafür aber einen erheblichen Ausbau der harmonischen Basis zu, sodass immer kompliziertere Akkordfolgen mit spätromantisch-impressionistischen Einflüssen, chromatischen Vorhalts-, Durchgangs- und Wechselakkorden das musikalische Geschehen zu beherrschen begannen. Damit setzte sich auch der homophone Satzaufbau, der sich im Chicago-Stil schon angedeutet hatte, endgültig durch. Zum wichtigsten Kennzeichen der neuen Spielweise, das ihr ab Mitte der Dreißigerjahre dann auch den Namen gab, wurde jedoch eine swing genannte rhythmisch-dynamische Bewegungsform des Jazz, die hier mit durchgängigem Offbeat-Spiel (offbeat) ganzer Melodiepassagen (Offbeat-Phrasierung) eine besondere Dominanz erhielt und ihr das an rhythmischer Intensität zurückgab, was sie durch die schwerfälligere Bigband-Besetzung zwangsläufig verlor. So wurde zum Stilkriterium hier, was zuvor nur als Mittel der Ausdruckssteigerung an den melodischen Höhepunkten eingesetzt war.
 
Als erste weiße Band dieses Stils begann das Casa Loma Orchestra des Altsaxophonisten Glen Gray (1906-1963) ab Ende der Zwanzigerjahre mit der Popularisierung des Swing. Wirklich durchgesetzt hat er sich jedoch ab 1935 dann mit dem Orchester von Benny Goodman. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte der Rundfunk dabei, eine zwischen Dezember 1934 und Mai 1935 als Werbekampagne von der National Biscuit Company organisierte Radio-Show mit drei Bands unterschiedlicher Stilrichtung, darunter auch das Benny Goodman Orchestra, die über die Rundfunkstationen der NBC wöchentlich landesweit ausgestrahlt wurde und den Siegeszug des Swing einleitete. »Let's Dance« (1934), die Erkennungsmelodie des Goodman-Orchesters, wurde zum Synonym für den Swing. In der Folge dessen kam fast schlagartig noch eine Reihe anderer Bands zu großer Popularität, die dann neben dem Goodman-Orchester zu den Hauptrepräsentanten des Swing gehörten: die Band des Klarinettisten Artie Shaw (* 1910), die die ersten Aufnahmen im Jazz mit Streichern machte, das Ensemble des Pianisten Earl Hines (1905-1983) und die Dorsey Brothers Band der Brüder Jimmy und Tommy Dorsey (1904-1957 bzw. 1905-1956) mit Glenn Miller (1904-1944) als Arrangeur, der später selbst eine zu Welterfolg gekommene Band leitete. Dass die künstlerischen Leiter jetzt Instrumente vertraten, die bisher nicht als Lead-Instrumente (Lead) üblich gewesen sind, weist darauf hin, dass mit dem Swing-Stil sich auch die Funktion einzelner Instrumente veränderte. So wurden nun alle Rhythmusinstrumente auch als vollwertige und gleichberechtigte Soloinstrumente behandelt, was insbesondere dem Klavier eine weitaus größere Bedeutung eingebracht hat. Die Klarinette war jetzt häufig als Soloinstrument eingesetzt, und es entstand der Bläsersatz, der die Blasinstrumente wie einen einheitlichen, in sich geschlossenen und homogenen Klangkörper führt. Mit der E-Gitarre, dem Vibraphon und dem Xylophon kamen neue Melodieinstrumente hinzu. Immer deutlicher prägte sich im Swing auch der Doppelcharakter aus, den der Jazz im Spannungsfeld zwischen Tanzmusik und konzertanter Darbietung inzwischen angenommen hatte. Swing war sowohl eine Tanzmusik, die in den Dreißigerjahren zunächst in den USA, dann weltweit, eine Popularität erhielt wie nie Musik zuvor. Das führte freilich auch zur kommerziellen Anpassung an den massenhaften Publikumsgeschmack, der durch die Tin-Pan-Alley-Schlager (Tin Pan Alley) jener Jahre geprägt war und den Jazz von seinen ursprünglichen Wurzeln in der afroamerikanischen Musik weit entfernte.
 
Aus den Bigbands lösten sich aber auch kleine Experimentalformationen heraus, Trios, Quartette und Combo-Besetzungen (Combo) bis zu acht Mann, die den klanglichen Möglichkeiten unterschiedlicher Instrumentalkombinationen nachgingen und die Ausdrucksmittel des Jazz auf der Grundlage des Swing-Stils zu erweitern suchten — ein Prozess, der Mitte der Vierzigerjahre dann im Bebop eine Fortsetzung fand. Mit dem Konzert der Goodman-Band vom Januar 1938 in der New Yorker Carnegie Hall eroberte der Swing erstmals dem Jazz sogar auch den bürgerlichen Konzertsaal.
 
Ende der Dreißigerjahre nahmen dann noch zwei bis dahin nur lokal entwickelte Spielweisen großen Einfluss auf den Hauptstrom der Swing-Entwicklung, mit dem Orchester von Count Basie (1904-1984) der Kansas-City-Stil und mit den Chickasaw Syncopators des Saxophonisten Jimmie Lunceford (1902-1947) der im New Yorker Stadtteil Harlem entwickelte Harlem-Jump. Beides waren schwarze Spielweisen des Swing mit einem starken Blues-Einfluss. Das Ende der Swing-Ära wurde durch den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg ausgelöst, denn die sich häufenden Einberufungen zum Militär machte es in den meisten Fällen unmöglich, die Bigbands zu halten. Nach dem Krieg kam es innerhalb der kommerziellen Tanzmusik zu einer Renaissance des Swing-Stils, die Jazzentwicklung selbst führte mit dem Bebop nicht nur vom Swing, sondern von da ab auch von der Funktion des Jazz als Tanzmusik weg.

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1Swịng, der; -[s], -s [engl. swing, eigtl. = das Schwingen, zu: to swing = schwingen]: 1. <o. Pl.> a) rhythmische Qualität des Jazz, die durch die Spannung zwischen dem Grundrhythmus u. den melodisch-rhythmischen Akzenten sowie durch Überlagerungen verschiedener Rhythmen entsteht; b) (bes. 1930-1945) Jazzstil, bei dem die afroamerikanischen Elemente hinter europäischen Klangvorstellungen zurücktreten. 2. kurz für ↑Swingfox.
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2Swịng, der; -[s] [engl. swing, eigtl. = das Schwingen, 1Swing] (Wirtsch.): (bei zweiseitigen Handelsverträgen) Betrag, bis zu dem ein Land, das mit der Lieferung im Verzug ist, vom Handelspartner Kredit erhält: Die Bundesregierung habe keine Veranlassung, an dem der DDR gewährten zinsfreien Überziehungskredit (Swing) »herumzuspielen und herumzudrehen« (MM 8. 9. 76, 1).

Universal-Lexikon. 2012.