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Wohlfahrt
Armenpflege; Diakonie; Sozialfürsorge; Fürsorge

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Wohl|fahrt 〈f.; -; unz.〉
1. Wohlergehen (eines Volkes)
2. öffentliche Fürsorge
[<frühnhd. wolvart „gutes Ergehen“ <spätmhd. wolvarn „Wohlergehen“ <mhd. wol varn „glücklich leben“; → Wohl, fahren]

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Wohl|fahrt, die <o. Pl.> [unter Einfluss von Hoffart für spätmhd. wolvarn = Wohlergehen]:
1. (geh. veraltend) das Wohl, Wohlergehen des Einzelnen, der Gemeinschaft (bes. in materieller Hinsicht):
die W. der Menschen, eines Landes im Auge haben.
2. (früher)
a) öffentliche Fürsorge (2 a), Sozialhilfe; Wohlfahrtspflege:
von der W. betreut, unterstützt werden;
b) (ugs.) Wohlfahrtsamt.

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Wohlfahrt,
 
1) Sozialpolitik: veraltete Bezeichnung für Sozialhilfe.
 
 2) Sozialphilosophie, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte: Als sozialwissenschaftlicher Begriff mit langer Tradition beschreibt Wohlfahrt ein Grundanliegen der Menschen und findet sich heute v. a. in Komposita wie Wohlfahrtsstaat, Wohlfahrtsgesellschaft, Wohlfahrtsökonomik und Wohlfahrtsverband.
 
Der moderne sozialwissenschaftliche Wohlfahrtsbegriff wird im Sinne von Lebensqualität interpretiert. Er steht für Lebensverhältnisse, die nach den zur Verfügung stehenden (Experten-)Kriterien als gut zu bezeichnen sind und die zugleich von den Menschen als gut beurteilt werden. Dies setzt eine authentische Bedürfnisbefriedigung voraus. Insgesamt lässt sich sagen, dass Wohlfahrt einen der höchsten Werte in modernen Gesellschaften darstellt, ähnlich wie Gerechtigkeit, Freiheit und Sicherheit, und zugleich ein regulativer Fortschrittsbegriff ist, mit dessen Hilfe die Richtung des sozialen Wandels bestimmt und bewertet werden kann. In der Rekonstruktion der Wohlfahrtsentwicklung sieht die Sozialberichterstattung ein zentrales Anliegen. Unter Wohlfahrtsentwicklung wird dabei die Veränderung der objektiven Lebensbedingungen und des subjektiven Wohlbefindens, ihrer sozialstrukturellen Bedingungen und Folgen verstanden. 1978 wurden spezielle Umfragen (Wohlfahrts-Surveys) eingeführt, um die Wohlfahrtsmessung optimaler vornehmen und die Wohlfahrtsentwicklung besser beobachten zu können.
 
Grundprobleme der Wohlfahrt wurden bereits in der griechischen und römischen Philosophie thematisiert. So setzt Aristoteles in seiner Ethik gutes Leben und Handeln in eins mit »Glücklichsein«. Die Betonung der Nächstenliebe in der christlichen Ehtik hat ihren Bezugspunkt im Wohl der jeweils Hilfsbedürftigen. In den absolutistischen Staaten Europas des 16./17. Jahrhundert erhielt die Volkswohlfahrt den Stellenwert einer Grundforderung der Staatstheorie: »Das die wohlfahrt und wohlstand der underthanen das fundament sey, worauf die glückseligkeit eines Fürsten als Regenten solcher underthanen gegründet sey« (Wilhelm von Schröder, 1668). Im 18. Jahrhundert wurde Wohlfahrt zum sozialphilosophischen Schlüsselwort, geriet jedoch als politisches Wohlfahrtskonzept aufgrund der Erfahrungen der Französischen Revolution auch in Misskredit. So verwirklichte das oberste Exekutivorgan des französischen Nationalkonvents, der Wohlfahrtsausschuss, keine Wohlfahrt, sondern wurde zum Instrument einer Schreckensherrschaft. Die in diesem Zusammenhang bereits 1791 von W. von Humboldt formulierte Befürchtung, »dass das Prinzip, dass die Regierung für das Glück und das Wohl, das physische und moralische, der Nation sorgen muss, unter allen Regierungsformen, also auch in einer Republik, der ärgste. .. Despotismus ist«, hat seither immer neu zu Forderungen nach einer Begrenzung der »Staatssorgfalt« gegenüber den Einzelmenschen geführt. Trotzdem blieb der Begriff selbst in den europäischen Gesellschaften positiv besetzt.
 
Literatur:
 
M. Rassem: W., Wohltat, Wohltätigkeit, Caritas, in: Geschichtl. Grundbegriffe, hg. v. O. Brunner u. a., Bd. 7.(1992);
 W. Zapf: Modernisierung, W.-Entwicklung u. Transformation (1994);
 F.-X. Kaufmann: Herausforderungen des Sozialstaates (1997).
 
Weitere Literatur: Lebensqualität.

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Wohl|fahrt, die <o. Pl.> [unter Einfluss von ↑Hoffart für spätmhd. wolvarn = Wohlergehen]: 1. (geh. veraltend) das Wohl, Wohlergehen des Einzelnen, der Gemeinschaft (bes. in materieller Hinsicht): die W. der Menschen, eines Landes im Auge haben; in jenen Ländern ..., deren W. vom Verkauf des heimischen Rohöls abhängt (ADAC-Motorwelt 4, 1986, 3). 2. (früher) a) öffentliche ↑Fürsorge (2 a), Sozialhilfe; Wohlfahrtspflege: von der W. betreut, unterstützt werden; b) (ugs.) Wohlfahrtsamt.

Universal-Lexikon. 2012.