Euler
[nach einem schwed. Sportler] (Thorén), im Eiskunstlauf Sprung von rückwärts-auswärts auf rückwärts-einwärts auf das andere Bein bei Hoch- und Seitwärtsspreizen des Spielbeins.
Euler,
1) August Heinrich, eigentlich A. Reith, Ingenieur und Flugpionier, * Oelde 20. 11. 1868, ✝ Feldberg (Schwarzwald) 1. 7. 1957; baute in der von ihm 1908 gegründeten Flugzeugfabrik die ersten deutschen Motorflugzeuge; 1910 erhielt er den deutschen Flugzeugführerschein Nummer 1 und stellte einen Dauerflugrekord von über drei Stunden auf. Auf seine Initiative erfolgte am 12. 6. 1912 der erste amtliche Postflug (zwischen Frankfurt am Main und Darmstadt). Euler leitete nach dem Ersten Weltkrieg bis 1921 das neu gegründete Reichsluftamt, bewirkte die Zulassung der ersten Luftverkehrsunternehmen in Deutschland und schuf die erste Luftverkehrsordnung.
2) Leonhard, schweizerischer Mathematiker, * Basel 15. 4. 1707, ✝ Sankt Petersburg 18. 9. 1783; Schüler von Johann Bernoulli; wurde bereits 1727 an die Petersburger Akademie berufen, wo er 1730 eine Physikprofessur übernahm und 1733 als Nachfolger von D. Bernoulli Professor für Mathematik wurde. 1741 folgte er einem Ruf von Friedrich II. nach Berlin und war dort 1744-65 Direktor der mathematischen Klasse der Akademie der Wissenschaften; 1766 Rückkehr an die Petersburger Akademie. Auch als Euler 1767 völlig erblindete, ließ seine Schaffenskraft nicht nach; er hinterließ fast 900 Arbeiten, die sowohl die reine und angewandte Mathematik als auch die Astronomie und Physik betrafen. Euler baute die schon von R. Descartes geforderte analytische Methode aus und wandte sie nicht nur auf die Geometrie, sondern auch auf Probleme der Mechanik an. Er förderte die Arithmetisierung und Formalisierung der Naturwissenschaften und wirkte weithin durch seine Lehrbücher zur Analysis und Algebra: die »Introductio in analysin infinitorum« (1748), die »Institutiones calculi differentialis« (1755) und die dreibändigen »Institutiones calculi integralis« (1768-70) sowie die »Vollständige Anleitung zur Algebra« (1770, in 2 Teilen). In seinen »Lettres à une princesse d'Allemagne sur quelques sujets de Physique et Philosophie« (1768-72), die für die 16-jährige Friederike von Brandenburg-Schwedt bestimmt waren, gab er nicht nur eine populäre Darstellung der Physik, u. a. der in seiner »Nova theoria lucis et colorum« (1746) gegebenen Wellentheorie des Lichtes, sondern behandelte auch die philosophisch-theologischen Probleme seiner Zeit.
Umfassende Darstellungen zur angewandten Mathematik sind seine analytische Mechanik (»Mechanica«, 1736), die »Theorie der Planetenbewegung« (1744), die »Neuen Grundsätze der Artillerie« (1745), die »Theorie des Schiffbaues« (1749) und die »Dioptrica« (1769-71). Euler war einer der Begründer der Hydrodynamik und Strömungslehre (lokale Beschreibung von Strömungsvorgängen). Er schuf die Grundlagen für die Theorie des Kreisels (eulersche Kreiselgleichungen, eulersche Winkel), formulierte 1744 als Erster exakt das von P. L. M. de Maupertuis aufgestellte Prinzip der kleinsten Wirkung, führte den Begriff des Trägheitsmoments sowie der freien Drehachse ein und benutzte schon die Vektorrechnung. Euler entwickelte auch aus den Ansätzen bei Jakob und Johann Bernoulli die Variationsrechnung (erste Darstellung 1744) und die kombinatorische Topologie (eulersche Polyederformel). Bedeutende Beiträge lieferte er zur Zahlentheorie, Geometrie und Reihenlehre sowie zur Theorie der gewöhnlichen und partiellen Differenzialgleichungen und zur Differenzialgeometrie. Eulers hervorragende Leistungen werden nicht dadurch geschmälert, dass er bei geringem Interesse an Existenzbeweisen nur heuristisch brauchbare Methoden verwendete.
Die erhebliche Bedeutung der philosophischen Schriften Eulers für die Vorgeschichte des kantischen Kritizismus wurde erst in neuerer Zeit erkannt. - Euler schrieb zahlreiche musikalisch-akustische Abhandlungen. In seinem »Tentamen novae theoriae musicae« (1739) zeigte er die Unzuständigkeit der Mathematik für die Begründung eines musikalischen Systems auf.
Ausgabe: Opera omnia, herausgegeben von F. Rudio und anderen, auf zahlreiche Bände berechnet (1911 folgende); Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie (aus dem Französischen, 1769-73, Nachdruck 1986, herausgegeben von A. Speiser).
O. Spiess: L. E. (Frauenfeld 1929);
R. Fueter: L. E. (Basel 31979).
Universal-Lexikon. 2012.