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Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl,
 
Abkürzung EGKS, Montan|union, englisch European Coal and Steel Community [jʊərə'piːən 'kəʊl ənd 'stiːl kə'mjuːnɪtɪ], Abkürzung ECSC, französisch Communauté Européenne du Charbon et de l'Acier [kɔmyno'te ørɔpe'ɛn dy ʃar'bɔ̃ e dəla'sje], Abkürzung CECA, supranationale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die auf eine partielle wirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitgliedländer zielt und die den Anfang der europäischen Integration nach 1945 bildete. Die Montanunion wurde durch den »Pariser Vertrag« vom 18. 4. 1951 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden als überstaatliche Gemeinschaft zur Errichtung eines gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl begründet. Der Vertrag (seit 23. 7. 1952 in Kraft) geht auf die Initiative des französischen Außenministers R. Schuman zurück (Schumanplan). Im Gegensatz zu den zeitlich unbefristeten Verträgen von EWG (seit 1993 EG) und EURATOM ist der Vertrag auf 50 Jahre begrenzt. Die EGKS behielt auch im Rahmen der EU ihren Status als eigenständige Organisation bei. Nach Ablauf des auf 50 Jahre begrenzten Vertrages (23. 7. 2002) stellte die Organisation ihre Tätigkeit ein; ihre spezifischen Befugnisse sowie ihr Aktiv- und Passivvermögen gingen auf die EG über.
 
Organisation:
 
Organe der EGKS waren ursprünglich die Hohe Behörde, die Gemeinsame Versammlung, der Besondere Ministerrat und der Gerichtshof. Durch das Abkommen über gemeinsame Organe der drei Europäischen Gemeinschaften vom 25. 3. 1957 wurde 1958 ein gemeinsamer Gerichtshof und die Zuständigkeit des Europäischen Parlaments für EWG, EGKS und EURATOM bestimmt. Nach In-Kraft-Treten des Fusionsvertrages vom 8. 4. 1965 am 1. 7. 1967 ist die Hohe Behörde in der Europäischen Kommission, der Besondere Ministerrat im Rat der EG aufgegangen. Allerdings fällen die neuen Gremien ihre Entscheidungen und Beschlüsse bezüglich der EGKS weiterhin auf der Grundlage des ursprünglichen, mehrfach modifizierten Vertrages. Mitglieder sind alle Staaten der EU.
 
Ziele, Entwicklung:
 
Außenpolitisch sollten zunächst die direkten Kontrollbefugnisse der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs über die Ruhrindustrie abgelöst werden. Wirtschaftspolitisch wird eine rationelle Versorgung der Verbraucher mit Montanprodukten durch Zusammenfassung nationaler Märkte zu einem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl angestrebt. Sozialpolitisch sollen die Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Beschäftigten in der Montanindustrie harmonisiert und verbessert werden.
 
Die EGKS unterstützt die Kohle und Stahl produzierenden Unternehmen bei der Finanzierung von Investitionen durch Gewährung von Krediten, sichert die Versorgung durch Kontrolle der Preisgestaltung (Festlegung von Höchst- und Mindestpreisen innerhalb des gemeinsamen Marktes) und gewährt Arbeitnehmern in der Kohle- und Stahlindustrie Anpassungsbeihilfen (Umschulungs-, Überbrückungs- und Vorruhestandszuschüsse) und Wohnungsbaudarlehen. Ein Diskriminierungsverbot untersagt den Regierungen, die Produktions- und Absatzbedingungen für Kohle, Erz, Schrott und Stahl im Gemeinschaftsraum durch Handelsschranken (Zölle, Kontingente), Subventionen oder andere wirtschaftspolitischen Maßnahmen wettbewerbswirksam zu verfälschen. Unternehmenszusammenschlüsse müssen von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Die finanziellen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben beschafft sich die EGKS zum Großteil durch die Begebung von Anleihen an nationalen und internationalen Kapitalmärkten sowie durch Erhebung einer Umlage auf den Produktionswert von Kohle und Stahl bei den Montanunternehmen.
 
Angesichts der seit den 70er-Jahren im Kohle- und Stahlbereich immer wieder auftretenden Krisen sowie des Strukturwandels im Energiesektor ist die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Montanunion zurückgegangen. Darüber hinaus wurden - entgegen der eigenen Zielsetzung - staatliche Beihilfen an Unternehmen sowie an von Entlassungen betroffene Arbeitnehmer zugelassen, um die Kohleförderung der Marktlage anzupassen. Der Stahlkrise wurde mit einer strikten Begrenzung der Erzeugerquoten, einer Überwachung des Außenhandels und mit Subventionen begegnet (Stahlindustrie).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Europa: Integration als Antwort auf die östliche Herausforderung
 

Universal-Lexikon. 2012.