Fabius,
altrömisches Patriziergeschlecht (Fabi|er), das schon zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. in Rom eine führende Stellung innehatte. Sein Kampf und der Untergang der älteren Fabier im Kampf gegen Veji (477 v. Chr., Cremera) wurden von der Legende ausgestaltet. Im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. wirkten Angehörige jüngerer Zweige des Geschlechts entscheidend am Aufstieg Roms mit. Bedeutende Vertreter:
1) Quintus Fabius Mạximus Rullianus, römischer Konsul (322, 310, 308, 297 und 295 v. Chr.), Diktator (315 und 313 v. Chr.) und Zensor (304 v. Chr.), Vater von 2); kämpfte siegreich gegen Samniten und Etrusker und gewann 295 v. Chr. zusammen mit P. Decius Mus die Entscheidungsschlacht bei der umbrischen Stadt Sentinum (heute Sassoferrato, Marken).
2) Quintus Fabius Mạximus Gụrges (wohl »der Verschwender«), römischer Konsul (292 und 276 v. Chr.), Sohn von 1); siegte 290 und 276 v. Chr. über die Samniten und war 273 Führer der römischen Gesandtschaft an Ptolemaios II. Philadelphos von Ägypten (Aufnahme von freundschaftlichen Beziehungen).
3) Quintus Fabius Mạximus Verrucosus (»warzig, warzenbehaftet«), Beiname Cunctator (»der Zauderer«), römischer Konsul (233, 228, 215, 214 und 209 v. Chr.) und Zensor (230), * um 280 v. Chr., ✝ 203 v. Chr., Urenkel von 1). Während des 2. Punischen Krieges (218-201 v. Chr.) erreichte er den Höhepunkt seines Wirkens als Feldherr und Staatsmann. Nach der Niederlage der Römer am Trasimen. See (217 v. Chr.) zum Diktator ernannt, vermied er planvoll jede Schlacht gegen die im offenen Kampf überlegenen Karthager, suchte jedoch durch hinhaltenden Widerstand (der ihm den Beinamen einbrachte) die stärksten Kräfte des Gegners zu binden und so die Voraussetzungen für Erfolge auf anderen Kriegsschauplätzen zu schaffen. Diese Taktik wurde jedoch erst in den Jahren nach der nochmals offensiv geführten Schlacht bei Cannae (216 v. Chr.) bestimmend für die römische Kriegführung in Italien. Wenn er auch, abgesehen von der Wiedereinnahme Tarents 209 v. Chr., keine durchgreifenden militärischen Erfolge erzielte, verdankte doch Rom nicht zuletzt seinem persönlichen Einfluss in den Jahren nach Cannae die Kraft zum erfolgreichen Widerstand.
A. Lippold: Consules (1963).
4) Quintus Fabius Pịctor (»der Maler«), der erste römische Geschichtsschreiber, lebte in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr.; verfasste in griechischer Sprache ein Werk über die Geschichte Roms von den Anfängen der Stadt bis zum 2. Punischen Krieg (218-201 v. Chr.), das der hellenistischen Welt den politischen Standpunkt des römischen Adels darzulegen suchte. Es wurde von Polybios, Livius, Dionysios von Halikarnassos und Diodor von Sizilien als Quelle benutzt und später auch in lateinischer Sprache bearbeitet.
Ausgabe: Fragmente, in: Historicorum romanorum reliquiae, herausgegeben von H. Peter, Band 1 (Neuausgabe 1967).
M. Gelzer: Röm. Politik bei F. P., in: M. Gelzer: Kleine Schriften, hg. v. H. Strasburger u. a., Bd. 3 (1964).
II
Fabius
[fa'bjys], Laurent, französischer Politiker, * Paris 20. 8. 1946; Jurist, im Parti Socialiste (PS) enger Mitarbeiter F. Mitterrands, 1978 Abgeordneter in der Nationalversammlung, nach der Wahl Mitterrands zum Staatspräsidenten Minister für Forschung und Industrie in der Regierung Maurois (1983/84), nach deren Rücktritt selbst Premierminister (1984-86). 1988 bis Januar 1992 Präsident der Nationalversammlung, dann Erster Sekretär des Parti Socialiste, nach parteiinternen Auseinandersetzungen 1993 Rücktritt. Ab Ende 1992 war Fabius Vorwürfen ausgesetzt, in seiner Zeit als Premierminister die Verwendung von HIV-verseuchtem Blut für Transfusionen verantwortet zu haben (Gerichtsverfahren seit 1994, Freispruch 1999). Die politische Laufbahn Fabius' setzte sich zunächst mit Ämtern in der Provinz fort; 1995-97 war er Fraktionsvorsitzender des PS in der Nationalversammlung, dann wieder deren Präsident, bis ihn im März 2000 Premierminister L. Jospin zum Minister für Wirtschaft, Industrie und Finanzen ernannte.
Universal-Lexikon. 2012.