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Genregulation
Genregulation,
 
Regulation der Genaktivität; Veränderung der Expression eines Gens (Genexpression) in Abhängigkeit von den auf eine Zelle einwirkenden Einflüssen sowie des Reifungs- und Differenzierungsgrades einer Zelle. Der häufigste Kontrollpunkt bei der Expression eines Gens ist die durch RNA-Polymerasen katalysierte Transkription. Diese beginnt mit der Anheftung der RNA-Polymerasen an einen vor einem Strukturgen befindlichen Promotor. Eine koordinierte Expression von verschiedenen Genen, deren Produkte z. B. in Stoffwechselketten gleichzeitig erforderlich sind und deren Regulation daher gleichsinnig erfolgen muss, wird dadurch gewährleistet, dass vor derartigen Genen gleichartige Promotoren angeordnet sind oder sogar (bei Prokaryonten) lediglich ein einziger Promotor zur Expression mehrerer Strukturgene verwendet wird, was die Synthese polycistronischer m-RNA zur Folge hat. Die Anheftung der RNA-Polymerasen an den Promotor kann moduliert werden, sodass die Affinität (Bindungsstärke) des Enzyms zu der Promotorsequenz auf der DNA zunehmen oder abnehmen kann.
 
Faktoren, die die Genregulation beeinflussen, lassen sich in cis- und transaktive Elemente einteilen. Cisaktive Faktoren liegen in unmittelbarer Nähe des durch sie regulierten Gens und fungieren als Bindungsstellen für transaktive Transkriptionsfaktoren. Sie verlieren im Gegensatz zu transaktiven Elementen ihre Funktion, wenn ihre Position im Genom verändert wird. F. Jacob und J. Monod formulierten 1961 diese Prinzipien der Genregulation am Beispiel der Kontrolle der Laktoseverwertung in Bakterien als Operon-Modell (Jacob-Monod-Modell). Die Gene der für die Aufnahme und den Abbau von Laktose notwendigen Proteine sind auf dem Chromosom direkt hintereinander angeordnet. Vor diesen Strukturgenen befindet sich ein Promotor in Kombination mit einem cis-Element, dem Operator, an den sich ein allosterisches Repressorprotein, das Produkt eines transaktiven Regulatorgens, binden kann. Diese gesamte Einheit wird als Operon bezeichnet. Nach Bindung des Repressors an die Operatorsequenz ist die Transkription nicht mehr möglich (negative Genregulation). Die Anlagerung des Repressors an den Operator wird durch einen Effektor beeinflusst. Dieser ist ein Laktosederivat, das sich an den Repressor bindet und seine Bindung an den Operator herabsetzt. Kommt eine Bakterienzelle in Kontakt mit Laktose, wird die Synthese der Laktose abbauenden Enzyme induziert (Substratinduktion). Die Zelle ist so in der Lage, ihren Stoffwechsel an das Nährstoffangebot anzupassen. Wie katabole werden auch anabole Stoffwechselwege durch negative Genregulation kontrolliert. Dabei ist das Repressorprotein aber erst nach Bindung eines Effektors in der Lage, sich an den Operator anzulagern. Der Effektor ist in einem solchen Fall ein Endprodukt des Syntheseweges, der dadurch erst abgeschaltet wird, wenn genügend Endprodukt synthetisiert wurde (Endproduktrepression). Eine positive Genregulation wird durch die Erhöhung der Bindungsfähigkeit der RNA-Polymerase an den Promotor erreicht. Dabei bindet sich ein Aktivator an eine Aktivatorbindungsstelle, was die Anheftung einer RNA-Polymerase an den Promotor verbessert oder erst möglich macht. Die positive Genregulation findet sich v. a. bei Eukaryonten. Bei vielzelligen Organismen spielt die Genregulation durch Hormone eine wichtige Rolle. Diese wirken entweder selbst wie die Effektoren von Repressormolekülen durch die Modulierung der Funktion DNA-bindender Proteine oder setzen eine Signalwandlungwirkkette in Gang, die letztlich zu einer Veränderung der Transkription führt.
 
Neben der Kontrolle der RNA-Synthese sind auch posttranskriptionale Prozesse, die die Bildung eines Genproduktes beeinflussen, an der Genregulation beteiligt. In Euzyten (Euzyte) unterliegen sowohl RNA als auch Proteine verschiedenen Reifungsprozessen, die als Kontrollstellen für regulatorische Prozesse benutzt werden. So können Polyadenylierung (Proteinbiosynthese) und Spleißen oder das Editieren von m-RNA zellspezifisch erfolgen, was die Bildung verschiedener Produkte von ein und demselben Gen zur Folge hat. Schließlich wird während und nach der Proteinbiosynthese die Bildung und die Struktur eines Proteins regulativ beeinflusst. So kann die Translation einer m-RNA verhindert werden, indem sich Proteine an diese anlagern. Eine solche Regulation findet sich z. B. bei dem Eisen bindenden Protein Ferritin, dessen Synthese bei erhöhtem Eisenspiegel ansteigt, ohne dass die Konzentration seiner m-RNA in der Zelle ansteigt. Translationskontrollierend können auch Antisense-RNA-Moleküle wirken, indem sie sich an komplementäre Sequenzen von m-RNA anlagern.
 
Nur ein Bruchteil genomischer DNA ist kodierende DNA, die die Sequenz von Polypeptiden oder funktionellen RNA-Molekülen determiniert (festlegt). Vom menschlichen Genom beispielsweise werden weniger als fünf Prozent der DNA in RNA transkribiert. Für den Hauptteil der DNA kann bisher keine Funktion zugeordnet werden, sodass diese mitunter als »DNA-Schrott« (englisch: junk DNA) bezeichnet wird. Es darf aber angenommen werden, dass derartige DNA-Abschnitte ebenfalls Funktionen v. a. auch bei der Genregulation ausüben.
 
Für die Genregulation sind außerdem bestimmte zellspezifische Veränderungen der DNA von Bedeutung. So können Gene durch Methylierung von Basen inaktiviert werden. Diese Inaktivierung kann wie im Fall des X-Chromosoms nahezu ein ganzes Chromosom betreffen oder auch nur einzelne Gene, wie beim genetischen Imprinting. Auch Rekombinationsereignisse wie bei der Reifung von T- und B-Lymphozyten mit der Konsequenz der riesigen Vielfalt von Antikörpermolekülen können zur Genregulation gezählt werden.
 
Störungen der Genregulation haben vielfältige Auswirkungen. So wird die Entstehung von Krebserkrankungen u. a. als Folge der Veränderung der Transkription und damit als eine Dysregulation verschiedener Onkogene angesehen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Chromosomen · Gene · Genexpression · Nukleinsäuren · Proteinbiosynthese · Transkription

Universal-Lexikon. 2012.