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Brunnen
Quelle; Born

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Brun|nen ['brʊnən], der; -s, -:
mit einer Einfassung, Ummauerung, einem Becken o. Ä. versehene Stelle, an der Wasser entnommen werden kann:
einen Brunnen bohren.
Zus.: Dorfbrunnen, Marktbrunnen.

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Brụn|nen 〈m. 4
1. Anlage zur Förderung von Grundwasser durch Schöpfeimer od. Pumpe (Zieh\Brunnen)
2. Brunnenbecken
3. Wasser einer natürl. Quelle, bes. Heilquelle (Mineral\Brunnen)
4. 〈süddt.〉 Wasserhahn (u. Ausguss)
● einen \Brunnen anlegen, bohren, graben; einen \Brunnen machen 〈süddt.〉 Wasser lassen; \Brunnen trinken; den \Brunnen zudecken, wenn das Kind hineingefallen ist 〈sprichwörtl.〉 erst dann Maßnahmen treffen, wenn ein Unglück geschehen ist ● ein artesischer, künstlicher, natürlicher \Brunnen; ein heißer, salziger, warmer \Brunnen [<ahd. brunno, engl. bourn „Gießbach“, got. brunna „Quelle, Brunnen“]

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Brụn|nen , der; -s, - [mhd. brunne, ahd. brunno, eigtl. = (Auf)wallender, Siedender, verw. mit brennen]:
1. technische Anlage zur Gewinnung von Grundwasser:
ein natürlicher B.;
artesischer B. (natürlicher Brunnen, bei dem das Wasser durch Überdruck des Grundwassers selbsttätig aufsteigt; nach frz. [puits] artésien = [Brunnen] aus Artois, da hier solche Brunnen zuerst gebohrt wurden);
der B. ist versiegt;
einen B. bohren;
den B. [erst] zudecken, wenn das Kind hineingefallen ist (Maßnahmen erst ergreifen, wenn bereits etwas passiert, wenn ein Unglück geschehen ist).
2. [künstlerisch gestaltete] Einfassung, Ummauerung eines Brunnens mit Becken zum Auffangen des Wassers:
ein B. auf dem Marktplatz;
Wasser am/vom B. holen.
3. Wasser einer Quelle, bes. Heilquelle:
ein salziger B.;
B. trinken.

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I
Brunnen,
 
künstlich hergestellte Anlage zur Gewinnung, Beobachtung oder Absenkung von Grundwasser.
 
 Arten
 
Der Schachtbrunnen oder Kesselbrunnen besteht aus einem meist runden, gemauerten oder betonierten Schacht, der bis in die Wasser führenden Schichten reicht. Das Wasser tritt durch die offene Sohle ein, manchmal auch durch Schlitze, die bis zur Höhe des Grundwasserspiegels im Mauerwerk ausgespart sind. Zur Herstellung des Schachtes wird ein eiserner Brunnenkranz mit nach unten weisender Schneide allmählich abgesenkt; die Brunnenwände werden aufgemauert oder mit fertigen Betonringen oder (bei großen Durchmessern) aus Stahlbeton hergestellt. Bei großen Tiefen und starkem Wasserandrang wendet man auch Druckluftgründung oder Gefrierverfahren an. Das Wasser wird durch Schöpfeimer mit Haspelrad, bei älteren Anlagen auch durch einen langarmigen Hebel mit Schöpfgefäß (Ziehbrunnen) oder durch Pumpen gefördert. Der Pumpenkolben darf höchstens in 7 m Höhe über dem niedrigsten Wasserspiegel angeordnet werden, da sonst die Wassersäule im Saugrohr abreißen würde.
 
Der Bohrbrunnen besteht aus einem weiten, zusammengesetzten Metallrohr (Durchmesser zwischen 100 und 500 mm), das nach der Bohrung in das Bohrloch eingesetzt wird. Die Wandungen besitzen in Höhe der Wasser führenden Schichten Öffnungen, durch die das Wasser eintritt (»Brunnenfilter). Der ringförmige Raum zwischen dem gebohrten Loch und dem Filter wird mit gesiebtem und gewaschenem Kies ausgefüllt, um den feinen Sand fern zu halten. Eine besondere Art der Bohrbrunnen sind die Abessinierbrunnen.
 
Bei artesischen Brunnen tritt das Wasser infolge eigenen Überdrucks aus einem gespannten (d. h. unter Überdruck stehenden) Grundwasserhorizont zutage. Sie werden in der Regel als Rohrbrunnen gebaut. Sie können überall dort angelegt werden, wo das Grundwasser zwischen zwei undurchlässigen (Ton-)Schichten fließt und an einer Stelle angebohrt wird, die tiefer liegt als die Zuflussstelle. Horizontalbrunnen zur Förderung größerer Grundwassermengen (Tagesleistung bis 30 000 m3) bestehen aus einem etwa 4 m weiten Schacht mit wasserdichter Sohle, der bis auf die Wasser tragende Sohle hinabreicht; von ihm aus werden schlitzgelochte Fassungsrohre horizontal nach allen Seiten 30-80 m in die Grundwasser führenden Schichten getrieben. Die Filterstränge werden mit Abflussschiebern versehen. Diagonalfilterbrunnen sind Horizontalbrunnen mit schräg zur Geländeoberfläche führenden Filtersträngen, die die Wasser führende Schicht durchkreuzen.
 
Beobachtungsbrunnen dienen der laufenden Beobachtung der Grundwasserspiegelhöhe zur Feststellung der Richtung und des Gefälles der Grundwasserströmung, zur Feststellung ihrer Beeinflussung durch die Wasserentnahme (Absenkungsbereich des Brunnens) und zur Überprüfung der Wasserqualität nach dem Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser. Der Versickerungsbrunnen (ein negativer oder Schluckbrunnen) dient der Einleitung von Wasser in den Untergrund (schadlose Ableitung oder künstliche Grundwasseranreicherung).
 
 Kulturgeschichte
 
Mit dem Beginn der Sesshaftwerdung begann der Mensch, zur Sicherung der Wasserversorgung in den Siedlungen Gruben als Wasserstellen herzurichten, die schon bald die Form des Schachtbrunnens annahmen. Diese Brunnen, in Mitteleuropa seit der Jungsteinzeit, im Orient seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. nachgewiesen, besaßen in der Regel zur Verstärkung der Brunnenröhre Einfassungen aus Ton, Stein oder Holz. Jahrhundertelang änderte sich die Technik des Brunnenbaus und der Wassergewinnung aus Brunnen (Ziehbrunnen) nur wenig. Erst im Spätmittelalter brachte das Pumpenwerk eine wesentliche Verbesserung. Die erste Trinkwasserhebeanlage in Deutschland wurde 1414 in Augsburg angelegt. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wird für den Brunnenbau die Tiefbohrtechnik angewendet.
 
Bei Naturvölkern finden sich meistens einfache, bis zum Grundwasser gegrabene Erdlöcher. Auf den Koralleninseln des Pazifischen Ozeans werden sie bisweilen mit Korallenkalk ausgekleidet. Bei den Maya auf Yucatán werden mit Grundwasser gefüllte Einsturzdolinen (Cenote), zum Teil mit Mauerwerk ausgekleidet, als Brunnen benutzt. Eine Sonderform stellen die das Grund- und Sickerwasser sammelnden unterirdischen Stollen (Kanat) in Vorderasien und Nordafrika dar. In wüstenhaften Gebieten, wo die Anlage von Brunnen nicht möglich ist, verstehen sich Buschleute und Australier auf das Emporsaugen von unterirdischem Wasser in den Wadis.
 
Künstlerisch gestaltete Brunnen waren seit dem Altertum üblich: Marktbrunnen und große Wandbrunnenanlagen (Septiconium in Rom), Zierbrunnen im Peristyl römischer Wohnhäuser (Pompeji) und in Binnenhöfen des Orients (Löwenbrunnen der Alhambra), Reinigungsbrunnen im Atrium christliche Basiliken und im Vorhof der Moscheen, Brunnenhäuser in Klosterkreuzgängen (Maulbronn). Im Spätmittelalter wurden viele Brunnen mit Bildwerken auf Stadtplätzen errichtet (Perugia, Siena), auch architektonisch reich ausgestaltet (»Schöner Brunnen in Nürnberg), in Deutschland meist mit einer figurenbekrönten Säule inmitten des Brunnenbeckens (Stockbrunnen). In der italienischen Renaissance entstanden Brunnen mit monumentalen, den Platz beherrschenden Figuren (von Giambologna in Bologna, von B. Ammanati in Florenz). Deutsche Städte schlossen sich dem italienischen Vorbild an (Nürnberg, Danzig und besonders Augsburg; A. de Vries). Zu höchster Prachtentfaltung entwickelte sich der Brunnenbau im italienischen Barock (Brunnen von G. L. Bernini, Fontana di Trevi u. a. in Rom). In den fürstlichen Parkanlagen gehörten Brunnen und Wasserspiele zu den wichtigsten Gestaltungsmitteln der Gartenarchitektur. Städtische Brunnen wurden dagegen nördlich der Alpen nur noch selten geschaffen (Brunnen von G. R. Donner in Wien). Mit der Einführung der Hauswasserleitung im 19. Jahrhundert verlor der Brunnen seine eigentliche Funktion, er wird dennoch als Mittel der Platzgestaltung bis heute verwendet.
 
In kleineren Gemeinden wird im Frühjahr (v. a. zu Pfingsten und Johanni) vielfach ein Brunnenfest veranstaltet. Das zu diesem Anlass vorgenommene Schmücken der Brunnen ist seit dem 16. Jahrhundert bezeugt. Den feierlichen Abschluss bildet häufig das zeremonielle Reinigen der Brunnen. Verbreitet ist auch der Brauch des Umreitens, der vermutlich auf alten Quellkult zurückgeht.
 
Literatur:
 
E.-E. Pfannschmidt: Wasserspiele. B., Quellen u. Fontänen (Zürich 1967);
 D. Boeminghaus: Wasser im Stadtbild. B., Objekte, Anlagen (1980);
 G. Weber: B. u. Wasserkünste in Frankreich im Zeitalter von Louis XIV. (1985).
 
II
Brụnnen,
 
Luftkurort im Kanton Schwyz, Schweiz, am östlichen Ufer des Vierwaldstätter Sees (Urner See) unweit der Mündung der Muota, 430 m über dem Meeresspiegel; Zementfabrik. Brunnen gehört zur Gemeinde Ingenbohl (7 000 Einwohner). Die Axenstraße nach Flüelen führt vorbei an der Tellsplatte mit der Tellskapelle.
 
Geschichte:
 
In Brunnen erneuerten am 9. 12. 1315 nach der Schlacht von Morgarten die drei Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden ihren 1291 geschlossenen »Ewigen Bund«.
 

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Brụn|nen, der; -s, - [mhd. brunne, ahd. brunno, eigtl. = (Auf)wallender, Siedender, verw. mit ↑brennen]: 1. technische Anlage zur Gewinnung von Grundwasser: ein natürlicher B.; artesischer B. (natürlicher Brunnen, bei dem das Wasser durch Überdruck des Grundwassers selbsttätig aufsteigt; nach frz. [puits] artésien = [Brunnen] aus Artois, da hier solche Brunnen zuerst gebohrt wurden); der B. fließt, ist versiegt; einen B. graben, bohren; Sie zog ... einen Eimer frisches Wasser aus ihrem B. herauf (Faller, Frauen 21); Ü ein lebendiger, unversieglicher B. der Freude; *den B. [erst] zudecken, wenn das Kind hineingefallen ist (Maßnahmen erst ergreifen, wenn bereits etwas passiert, wenn ein Unglück geschehen ist). 2. [künstlerisch gestaltete] Einfassung, Ummauerung eines Brunnens mit Becken zum Auffangen des Wassers: ein B. auf dem Marktplatz; Wasser am/vom B. holen. 3. Wasser einer Quelle, bes. Heilquelle: ein heißer, salziger B.; B. trinken.

Universal-Lexikon. 2012.