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Milton
Milton
 
['mɪltən], John, englischer Dichter, * London 9. 12. 1608, ✝ ebenda 8. 11. 1674; Sohn eines Notars; studierte, zunächst in Vorbereitung auf das geistliche Amt, in Cambridge (1632 Master of Arts). Nach einer Reise nach Italien und Frankreich, wo er mit H. Grotius und G. Galilei zusammentraf (1638/39), war er als Privatlehrer tätig, griff aufseiten der Puritaner in den politischen Kampf gegen die Monarchie ein und war im Staatsrat Sekretär für diplomatische (lateinische) Korrespondenz. Ab 1652 völlig erblindet, war er nach der Restauration der Monarchie 1660 kurze Zeit in Haft und widmete sich danach ausschließlich der Dichtung. - Vor seiner Auslandsreise entstanden, neben Versen in lateinischer und italienischer Sprache, in englischer Sprache die beiden Gedichte »L'allegro« und »Il penseroso« (beide um 1632, veröffentlicht 1645), die den Gegensatz von Heiterkeit und Melancholie ausloten, das philosophische Maskenspiel »Comus« (Uraufführung 1634, Erstausgabe 1637; deutsch) und die pastorale Elegie »Lycidas« (entstanden 1637, veröffentlicht 1645) als Klage über den Tod eines Freundes. Zwischen 1640 und 1660, der Zeit seines öffentlichen Engagements, kämpfte er in Streitschriften für religiöse und bürgerliche Freiheit, setzte sich für die Ehescheidung im Falle der Zerrüttung ein und forderte in Schriften zur Bildungsreform Praxisbezug und Berücksichtigung der Naturwissenschaften; in »Areopagitica« (1644) plädierte er für das grundsätzliche Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit; er rechtfertigte die republikanische Revolution und die Hinrichtung des Königs, argumentierte gegen den Absolutismus und für die Demokratie. Mit seinem noch vor 1660 begonnenen Hauptwerk »Paradise lost« (1667, endgültige Fassung 1674; deutsch u. a. als »Das verlorene Paradies«) greift Milton auf die Tradition des klassischen Epos (Homer, Vergil) zurück, doch behandelt er in sprachmächtigen Blankversen und mit den Mitteln mythologischer Vertiefung den biblischen Stoff des Sündenfalls, den er als Auflehnung gegen den göttlichen Schöpfungsplan in weltgeschichtlich-kosmischen Dimensionen deutet. Der Mensch kann jedoch, da er über Vernunft und freien Willen und somit moralische Eigenverantwortung verfügt, in die Harmonie mit Gott zurückkehren. Miltons Heilsoptimismus, der sich über das puritanische Dogma der Prädestination hinwegsetzt, prägt auch das Kurzepos »Paradise regained« (1671; deutsch »Wieder-erobertes Paradies«, auch unter dem Titel »Das wiedergewonnene Paradies«), das die Versuchung Christi in der Wüste behandelt. Das dem Vorbild der griechischen Tragödie folgende Versdrama »Samson Agonistes« (1671; deutsch) gestaltet am Beispiel Samsons das Thema von Fall, Versuchung und Entscheidung zum Sichfügen in den göttlichen Plan. - In Deutschland wirkte Milton besonders auf F. G. Klopstock (»Der Messias«, 1748-73) und regte die Diskussion um die Schöpferkraft des Dichters an. Den englischen Romantikern galt er als Freiheitsheld (W. Blake, »Milton«, 1808).
 
Ausgaben: The works of J. Milton, herausgegeben von F. A. Patterson und anderen, 23 Bände (1931-40); Complete prose works, herausgegeben von D. M. Wolfe und anderen, 8 Bände (1953-82); Complete poems and major prose, herausgegeben von M. Y. Hughes (1975).
 
Das verlorene Paradies. Das wiedergewonnene Paradies, herausgegeben von D. Mehl u. a. (1966); J. Milton und der Ursprung des neuzeitlichen Liberalismus. Studienausgabe der politischen Hauptschriften J. Miltons, herausgegeben von E. W. Tielsch (1980); Zur Verteidigung der Freiheit. Sozialphilosophische Traktate, herausgegeben von H. Klenner (1987).
 
Literatur:
 
W. R. Parker: M. A biography, 2 Bde. (Neuausg. Oxford 1969);
 
M. The critical heritage, hg. v. J. T. Shawcross, 2 Bde. (London (1970-72);
 H.-D. Kreuder: M. in Dtl. (1971);
 M. H. Nicolson: J. M. A reader's guide to his poetry (Neuausg. New York 1971);
 C. Hill: M. and the English revolution (London 1977);
 L. Potter: A preface to M. (Neuausg. ebd. 1986);
 C. A. Patrides: An annotated critical bibliography of M. (Brighton 1987);
 
The Cambridge companion to M., hg. v. D. Danielson (Cambridge 1989, Nachdr. ebd. 1992).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Milton und das Epos: Christliches Weltbild und säkulare Zeiterfahrung
 

Universal-Lexikon. 2012.