Monroedoktrin
Der Abfall der spanischen Kolonien vom Mutterland löste 1820 in Spanien selbst einen Aufstand gegen die absolutistische Herrschaft des bourbonischen Königs Ferdinand VII. aus. In die spanischen Unruhen griffen die in der Heiligen Allianz verbündeten europäischen Großmächte ein. Auf ihrem Kongress von Verona im Herbst 1822 beriefen sie sich auf ihr Interventionsrecht und beauftragten Frankreich, in Spanien zugunsten des Königtums militärisch einzugreifen und im Lande Ruhe und Ordnung wiederherzustellen.
Frankreichs Zielsetzung war es, nicht nur das spanische bourbonische Königreich wieder stärker an das französische heranzuführen, sondern auch bei der nachfolgenden Rückeroberung der spanischen Kolonien Gewinne für die französische Monarchie zu erzielen. Gegen derartige Bestrebungen wandte sich der Präsident der Vereinigten Staaten, James Monroe. In einer Botschaft an den Kongress am 2. Dezember 1823 bezeichnete er jede Absicht europäischer Staaten, ihren Kolonialbesitz in Amerika auszudehnen, als unfreundlichen Akt gegenüber den Vereinigten Staaten.
»Dank der Freiheit und Unabhängigkeit, welche die amerikanischen Kontinente erworben haben und aufrechterhalten, sind sie von nun an nicht mehr als Subjekte zukünftiger Kolonisierung durch europäische Mächte anzusehen.« Mit dieser später als »Monroedoktrin« bezeichneten Botschaft richtete sich der amerikanische Präsident gegen russische Besitzansprüche über Alaska hinaus nach Süden, gegen die von der Heiligen Allianz verfolgten Pläne der Rekolonisation und gegen die von Frankreich geplante Einmischung in Südamerika.
Zugleich gab er die Versicherung ab, dass die USA bestehende europäische Besitzverhältnisse in Amerika respektieren und sich wie in der Vergangenheit auch in Zukunft nicht in die inneren Angelegenheiten europäischer Mächte einmischen würden. Indem Großbritannien 1824 die Unabhängigkeit der früheren spanischen und portugiesischen Kolonien als erste europäische Macht anerkannte, distanzierte es sich eindeutig von der Heiligen Allianz und stellte sich hinter die Erklärung Präsident Monroes.
II
Monroedoktrin
[mən'rəʊ-], der von Außenminister J. Q. Adams formulierte Teil der Jahresbotschaft vom 2. 12. 1823 von Präsident J. Monroe, wonach die USA auf jede Einmischung in Europa verzichten, aber alle Kolonisationsversuche, Gebietsübertragungen und Interventionen nichtamerikanischer Mächte gegenüber unabhängigen Staaten der westlichen Hemisphäre als unfreundliche Akte betrachten wollten. Die im Hinblick auf die Interessenübereinstimmung mit der britischen Seemacht einseitig abgegebene (völkerrechtlich nie verbindliche) Erklärung richtete sich gleichermaßen gegen die russische Expansion in Alaska wie die Interventionsabsichten der Heiligen Allianz in den abgefallenen Kolonien. Bis 1895, als es zwischen Venezuela und Großbritannien zum Streit um die Ostgrenze von Britisch-Guayana kam, hatte die Monroedoktrin kaum den Charakter eines gegen europäischen Staaten gerichteten politischen Instrumentariums. Im Zusammenhang mit der britisch-deutsch-italienischen Seeblockade (1902/03) über Venezuela erweiterte T. Roosevelt am 6. 12. 1904 die Monroedoktrin im Sinne einer internationalen Polizeifunktion der USA in der westlichen Hemisphäre (Roosevelt Corollary, Roosevelt-Korollarium). Diese hegemoniale Haltung, die von den lateinamerikanischen Staaten Wohlverhalten erwartete, wurde nach 1929 von der von H. C. Hoover und F. D. Roosevelt propagierten Politik der »guten Nachbarschaft« (Fortsetzung der panamerikanischen Konferenzen) abgelöst, die jedoch zeitweilige Rückgriffe auf die alte Interventionspolitik zuließ. Die gegen die europäischen »Rivalen« gerichtete Komponente der Monroedoktrin wurde aufgegeben. Im Zuge des Ost-West-Konflikts erhielt die Monroedoktrin, unter Betonung der nationalen Sicherheit, eine gegen die Sowjetunion beziehungsweise gegen kommunistische Regierungen in Lateinamerika gerichtete Funktion (u. a. Kubakrise 1962; Invasion der USA in Grenada 1983).
C. V. Crabb, jr.: The doctrines of American foreign policy (Baton Rouge, La., 1982).
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Mon|roe|dok|trin [mən'roʊ...], die; - [engl. Monroe doctrine, nach dem amerik. Präsidenten J. Monroe (1758-1831)]: (in der amerikanischen Außenpolitik des 19. u. der ersten Jahrzehnte des 20. Jh.s geltender) von J. Monroe aufgestellter Grundsatz der gegenseitigen Nichteinmischung.
Universal-Lexikon. 2012.