Akademik

Sternheim
Stẹrnheim,
 
Carl, Schriftsteller, * Leipzig 1. 4. 1878, ✝ Brüssel 3. 11. 1942; frühe Bekanntschaft mit dem Theater; studierte Philosophie, Psychologie, Jura und Literatur u. a. in München, Leipzig und Göttingen (ohne Abschluss); ließ sich nach Reisen in München nieder, wo er 1908 mit F. Blei die Zeitschrift »Hyperion« gründete; ab 1912 in der Schweiz, in Belgien, den Niederlanden, in Dresden, am Bodensee, in Berlin, seit 1930 als Emigrant in Brüssel; bis 1918 waren einige seiner Stücke wegen »Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit« verboten, 1933 wurde sein Gesamtwerk verboten. Sternheim karikiert in seinen grotesk-expressionistischen, satirischen Werken die philisterhafte bürgerliche Gesellschaft der Wilhelminischen Ära. Großen Erfolg hatte er mit der Komödienreihe »Aus dem bürgerlichen Heldenleben« (»Die Hose«, 1911; »Die Kassette«, 1912; »Bürger Schippel«, 1913; »Der Snob«, 1914), in der er die nur nach außen wohlanständige Bürgerlichkeit als eine in Wirklichkeit das Streben nach Macht kaschierende Hülle zeigt, kunstvoll verdeutlicht auch mit sprachlichen Mitteln. Die Rezeption der Stücke Sternheims war häufig mit Kontroversen und Schwierigkeiten verbunden: Bis 1930 viel gespielt, dann vergessen, standen sie bis in die 60er-Jahre im Schatten B. Brechts. Erst in neuerer Zeit wurde ihre Bedeutung für die moderne Komödie erkannt.
 
Weitere Werke: Komödien: Der Heiland (1898); Der Kandidat (1914); Perleberg (1917, später unter dem Titel Der Stänker); Der entfesselte Zeitgenosse (1920); Der Nebbich (1922); Die Schule von Uznach oder Neue Sachlichkeit (1926).
 
Tragödie: Judas Ischarioth (1901).
 
Schauspiele: Tabula rasa (1916); Die Marquise von Arcis (1919); Manon Lescaut (1921); Das Fossil (1925); Oskar Wilde. Sein Drama (1925).
 
Lyrik: Fanale! (1901).
 
Novellen: Busekow (1914); Napoleon (1915); Libussa, des Kaisers Leibroß (1922).
 
Roman: Europa, 2 Bände (1919-20).
 
Essays: Die deutsche Revolution (1919); Tasso oder Kunst des Juste Milieu (1921).
 
Autobiographie: Vorkriegseuropa im Gleichnis meines Lebens (1936).
 
Ausgaben: Gesammelte Werke, herausgegeben von F. Hofmann, 6 Bände, (1963-68); Gesamtwerk, herausgegeben von W. Emrich u. a., 11 Teile (1963-76); Briefe, herausgegeben von W. Wendler, 2 Bände (1988).
 
Literatur:
 
R. Billetta: S.-Kompendium (1975);
 
C. S., Materialienb., hg. v. W. Wendler (1980);
 
C. S., hg. v. H. L. Arnold (1985);
 
C. S. Londoner Symposium, hg. v. A. Rogal u. D. Sturges (1995).

Universal-Lexikon. 2012.