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Westsahara
Wẹstsahara,
 
Gebiet an der Nordwestküste Afrikas und in der westlichen Sahara, zwischen Marokko und Mauretanien, im äußersten Osten an Algerien grenzend, 252 120 km2, (2000) 245 000 Einwohner; Hauptstadt ist El-Aaiún. Die flachwelligen Plateaus, von Wadis zerschnitten, liegen vorwiegend 300-350 m über dem Meeresspiegel; die höchste Erhebung im Nordosten erreicht 823 m über dem Meeresspiegel. Das extrem aride Wüstenklima weist (in Dakhla) eine mittlere Jahrestemperatur von 22 ºC (bei hohen Schwankungen im Tagesverlauf) und 50 mm Jahresniederschlag an durchschnittlich neun Regentagen auf. Vorherrschend sind Sanddünen; im gebirgigen Teil spärliche Vegetation; es gibt nur wenige Oasen.
 
Die Landesbewohner sind die Sahraoui (sunnitische Muslime, überwiegend der malikitischen Rechtsschule). Amtssprache ist Arabisch, Verkehrssprache weitgehend Hasanía, ein arabisches Dialekt. Der größte Teil der Bevölkerung sind Nomaden, die mit ihren Herden saisonal auch die Grenzen zu den Nachbarländern überschritten. Durch den Bau von Verteidigungswällen im Nordosten ist die Nomadenwirtschaft empfindlich eingeschränkt. 1976 floh ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung v. a. nach Algerien in die Oase Tindouf (1997 lebten dort noch etwa 80 000). Die wenigen Siedlungen zeigen überproportionale Zuwachsraten; El-Aaiún (1994) 140 800 Einwohner (darunter viele marokkanische Zuwanderer und Militärpersonal); weitere städtische Siedlungen sind Dakhla (34 200 Einwohner) und Smara (28 700 Einwohner).
 
Nur knapp 19 % der Westsahara können landwirtschaftlich genutzt werden; Vieh- (Ziegen, Kamele, Schafe) und Oasenwirtschaft (Datteln, Gerste, Weizen). Reiche Phosphatvorkommen finden sich bei Bou Craa; Verschiffung über den Hafen El-Aaiún; Flughafen bei El-Aaiún und Dakhla.
 
Geschichte:
 
Das Gebiet der westlichen Sahara gehörte im 11. und 12. Jahrhundert zum Reich der Almoraviden. Danach gab es in dieser Region keine größeren Staatsbildungen mehr, die über Stammesbündnisse hinausgingen. In der Zeit des europäischen Kolonialismus rivalisierten v. a. Spanien und Frankreich um die politische Kontrolle über die westliche Sahara. In einem längeren militärischen Prozess ergriff Spanien zwischen 1884 und 1934 Besitz von ihr. Unter dem Namen Spanisch-Sahara unterstand sie 1901-34 dem Gouverneur der Kanarischen Inseln, 1934-58 einer eigenständigen Kolonialbehörde. Nachdem 1958 ein Gebiet im Norden an Marokko abgetreten worden war, erklärte die spanische Regierung Spanisch-Sahara zur spanischen Provinz. Den Norden bildete Saguia el-Hamra, den Süden Río de Oro (heute Tiris al-Gharbija). Seit der Entdeckung (1960) ergiebiger Phosphatlager intensivierten Marokko und Mauretanien ihre Ansprüche auf Spanisch-Sahara. Im Kampf gegen die spanische Herrschaft und die marokkanisch-mauretanischen Besitzansprüche bildete sich 1973 der Frente Polisario. Im Oktober 1975 lehnte der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Ansprüche Marokkos und Mauretaniens ab. Gegen den Willen des Frente Polisario und Algeriens übergab Spanien mit dem Vertrag vom 14. 11. 1975 Spanisch-Sahara an Marokko und Mauretanien; ohne die vorgesehene Volksabstimmung durchzuführen, teilten diese die frühere Kolonie, nunmehr Westsahara genannt, unter sich auf. Nach dem Abzug der Spanier (26. 2. 1976 rief der Frente Polisario am 27. 2. 1976 die »Demokratische Arabische Republik Sahara« (DARS) aus. Zwischen deren Streitkräften einerseits sowie denen Marokkos und Mauretaniens andererseits entwickelte sich seit 1975/76 ein langjähriger Krieg. Nach dem Verzicht Mauretaniens auf das von ihm besetzte Gebiet Westsaharas (Friedensabkommen vom 5. 8. 1979 mit der DARS) übernahm Marokko auch dort die politische und militärische Kontrolle. Im Kampf gegen die Truppen der DARS baute Marokko zwischen 1980 und 1987 mehrere Verteidigungswälle. Gegen seinen Protest nahm die Organization of African Unity (OAU) 1982 die DARS, die inzwischen von zahlreichen Staaten anerkannt worden war, als Mitglied auf. Am 6. 9. 1991 trat unter UN-Vermittlung ein Waffenstillstand in Kraft, der auch ein Referendum über die politische Zukunft der Westsahara beinhaltete. Im September 1997 einigten sich Marokko und der Frente Polisario unter amerikanischer Vermittlung schließlich auf die Durchführung eines Referendums zur Unabhängigkeit. Die Vereinten Nationen bestimmten ursprünglich den 7. 12. 1998 als Abstimmungstermin, der jedoch wegen der umstrittenen Wählerregistrierung mehrmals verschoben wurde.
 
Literatur:
 
L. F. Sipe: Western Sahara. A comprehensive bibliography (New York 1984);
 U. Clausen: W.: Mißlungene Dekolonisierung u. der Freiheitskampf der Sahrauis gegen Marokko, in: Vergessene Kriege in Afrika, hg. v. R. Hofmeier u. a. (1992);
 A. G. Pazzanita u. T. Hodges: Historical dictionary of Western Sahara (Betuchen, N. J., 21994).

Universal-Lexikon. 2012.