Hö|fe|recht 〈n. 11; unz.〉 Art des Erbrechts, nach dem ein Besitz ungeteilt auf einen der Erben übergeht, falls der Erblasser nichts anderes bestimmt hat; →a. Hofrecht
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Höferecht,
landwirtschaftliches Sonderrecht, das der Zerstückelung landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen der Erbfolge entgegenwirken und wirtschaftlich gesunde Betriebe erhalten soll. Dieses Ziel wird durch eine Sondererbfolge (Anerbenrecht) erstrebt, nach der beim Erbfall nur einer der Miterben den Hof erbt. Die Miterben werden auf einen geldwerten Abfindungsanspruch beschränkt. Vorläufer der gültigen Regelungen war das nationalsozialistische Reichserbhofgesetz vom 29. 3. 1933, das das bis dahin geltende Landesrecht verdrängte; dieses Gesetz wurde 1947 aufgehoben. Auf die Höfeordnung der damaligen britischen Besatzungszone geht die gültige Höfeordnung in der Fassung von 1976 zurück, die als partielles Bundesrecht in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gilt. Landesgesetze existieren ferner in Bremen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. In den übrigen Ländern, in denen keine Sonderregelung besteht, auch in den neuen Ländern, gilt das Erbrecht des BGB.
Die Höfeordnung (1976) knüpft an den Begriff des Hofes an; Hof ist eine land- oder forstwirtschaftliche Besitzung, die einen Wirtschaftswert von mindestens 20 000 DM hat. Eine Besitzung, die einen Wert von 10 000 DM hat, wird Hof, wenn der Eigentümer erklärt, dass sie Hof sein soll, und der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird. Beim Erbfall fällt der Hof (Erbhof) kraft Gesetzes nur einem der Erben (Hoferbe) zu. Hoferbe ist der, den der Erblasser bestimmt hat (Grundsatz der Testierfreiheit). Hat er keine Bestimmung getroffen, so sind Hoferben (in dieser Reihenfolge) seine Kinder und deren Abkömmlinge, der Ehegatte, seine Eltern und seine Geschwister und deren Abkömmlinge. Sind jeweils mehrere Erben in einer Ordnung vorhanden (hatte der Erblasser z. B. drei Kinder), so fällt der Hof dem an, dem die Bewirtschaftung übertragen war, in zweiter Linie dem, hinsichtlich dessen der Erblasser durch Ausbildung oder Beschäftigung hat erkennen lassen, dass er den Hof übernehmen soll, und in dritter Linie, je nach Brauch, dem ältesten oder dem jüngsten der Miterben. Der Vorrang des männlichen Geschlechts bei der Hoffolge ist als verfassungswidrig aufgehoben. Bei einem Ehegattenhof (Hof im gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten) ist der überlebende Ehegatte hinsichtlich des Anteils des anderen Hoferbe. Die Miterben, die nicht Hoferben geworden sind (»weichende Erben«), haben einen Anspruch auf Abfindung in Geld, soweit im Übergabevertrag (insbesondere bei vorweggenommener Erbfolge) oder durch Verfügung von Todes wegen nichts anderes bestimmt ist. Dieser Anspruch, an dem der Hoferbe noch zusätzlich partizipiert, beträgt das Eineinhalbfache des Einheitswerts im Sinne des § 48 des Bewertungsgesetzes. Kommen besondere Umstände des Einzelfalles, die für den Wert des Hofes von erheblicher Bedeutung sind, in dem Hofeswert nicht oder ungenügend zum Ausdruck, so können auf Verlangen Zuschläge oder Abschläge nach billigem Ermessen gemacht werden. Gilt für einen landwirtschaftlichen Betrieb nicht das Anerbenrecht, so kann er nach dem Grundstücksverkehrsgesetz durch das Gericht auf Antrag einem Miterben zugewiesen werden.
Auch in Österreich soll mit dem Anerbengesetz von 1958 der Zerteilung von größeren Höfen durch Erbfolge und einer dadurch bedingten Schwächung des Bauernstandes entgegengewirkt werden. § 21 nimmt die Bundesländer Kärnten, Tirol und Vorarlberg vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes aus, doch haben nur Kärnten (Gesetz von 1903) und Tirol (Gesetz von 1900) eigene Höferechte. Inhaltlich gilt den deutschen Regelungen Entsprechendes.
Das schweizerische Recht (Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. 10. 1991) enthält im Hinblick auf das bäuerliche Erbrecht Bestimmungen, die ähnliche Ziele verfolgen und Wirkungen haben wie das deutsche Recht. Landwirtschaftliche Betriebe werden in der Erbteilung grundsätzlich dem Selbstbewirtschafter zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt zum Ertragswert; bei Betriebsveräußerungen bleiben die Miterben noch 25 Jahre ausgleichsberechtigt. Zudem darf der Betrieb während der ersten zehn Jahre nach der Zuweisung nur mit Zustimmung der Miterben veräußert werden.
Das Landwirtschaftserbrecht. Komm. zur Höfeordnung, zum BGB-Landguterbrecht u. zum GrdstVG-Zuweisungsrecht, begonnen v. O. Wöhrmann, fortgef. v. H. A. Stöcker (61995).
Universal-Lexikon. 2012.