Wäh|rungs|re|form 〈f. 20〉 Neuordnung einer (zerrütteten) Währung durch den Staat
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Wäh|rungs|re|form, die:
Neuordnung eines (in eine Krise geratenen) Währungssystems:
vor, nach der W.
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I Währungsreform,
die Neuordnung des Geldwesens eines Landes nach einer vollständigen Zerrüttung durch die Wiederherstellung einer funktionsfähigen Geldwirtschaft mit Stabilität des Geldwertes (und voller Konvertibilität der Währung). Die notwendigen Maßnahmen richten sich nach der Ursache der Währungszerrüttung, also auch danach, ob eine »zurückgestaute« oder offene Inflation vorliegt. Zu jeder Währungsreform gehört die Ablösung des alten und die Einführung des neuen Geldes (»Währungsschnitt«), aber auch eine damit verbundene Reform der Wirtschaftspolitik. Der Geldumtausch kann mit der Einführung einer neuen Währungseinheit verbunden sein, oder die bisherige Währungseinheit wird beibehalten (Währungsumstellung durch »Streichung von Nullen«).
Die deutsche Währungsreform von 1923 wurde durch die Finanzierung der Kriegführung und der Kriegsfolgen des Ersten Weltkrieges nötig, wodurch der Wert der Mark 1923 auf ein Billionstel ihres Nennwertes gesunken war. Diese Währungsreform wurde mit der Schaffung der Rentenmark durchgeführt.
1948 beendete die Währungsreform in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands eine »zurückgestaute« Inflation, die durch die »geräuschlose« Rüstungs- und Kriegsfinanzierung, Preis- und Lohnstopp und eine vollständige Devisenbewirtschaftung etwa seit 1936 hervorgerufen worden war. Auch nach 1945 war die Wirtschaft durch die Inflation weitgehend gelähmt, da die Militärregierung Preis- und Lohnstopp sowie Devisenbewirtschaftung beibehielten, ein unzureichendes Warenangebot bestand und umfangreiche Demontagen erfolgten. Ziel der Währungsreform war es, den entstandenen Geldüberhang von rd. 250 Mrd. Reichsmark (RM) zu beseitigen und die Reichsschuld auf ein für die Volkswirtschaft tragbares Maß zu reduzieren. Die Währungsreform wurde durch Erlass gleich lautender Gesetze zur Neuordnung des Geldwesens der amerikanischen, britischen und französischen Militärregierung durchgeführt: Das Währungsgesetz enthielt grundlegende Bestimmungen über die Einführung der neuen Währung, über Anmeldung und Ablieferung von Altgeld sowie über die Erstausstattung mit neuem Geld. Das Emissionsgesetz verlieh der Bank deutscher Länder das Notenausgaberecht und enthielt Bestimmungen über die Haltung von Mindestreserven. Im Umstellungsgesetz wurde die Überleitung von Verbindlichkeiten in alter Währung in neue Währung sowie die Ausstattung der Kreditinstitute, Versicherungen und Bausparkassen mit Ausgleichsforderungen geregelt, durch das Festkontogesetz die endgültige Höhe der aus alter in neue Währung überführten Bankguthaben.
Mit Wirkung vom 21. 6. 1948 löste die Deutsche Mark (DM) die Reichsmark ab; die in den westlichen Sektoren Berlins ausgegebenen neuen Banknoten wurden mit einem B gestempelt (»Bärenmark«). Umgestellt wurde grundsätzlich im Verhältnis 1 : 1 zwischen RM und DM. Die eigentliche Währungsreform ist jedoch durch viele davon abweichende Sonderbestimmungen zu charakterisieren. Am Währungsstichtag erhielten Private im Umtausch gegen Altgeld sowie unter Anrechnung späterer Umwandlungsansprüche ein »Kopfgeld« von 40 DM, zu dem wenig später noch 20 DM hinzukamen. Unternehmen konnten 60 DM je Beschäftigten an Übergangshilfe umtauschen. Die Gebietskörperschaften erhielten ein Sechstel ihrer Einnahmen zwischen dem 1. 10. 1947 und dem 31. 3. 1948, Bahn und Post jeweils ein Zwölftel. Die Guthaben der öffentlichen Hand und der Kreditinstitute erloschen; Letztere erhielten dafür Ausgleichsforderungen zugewiesen. Den Inhabern privater Altgeldguthaben wurde für je 10 RM 1 DM gutgeschrieben, zur Hälfte frei verfügbar (Freikonto) und zur Hälfte gesperrt (Festkonto). Das Festkonto wurde in der »Nachreform« zum 4. 10. 1948 nochmals um 70 % gekürzt, sodass sich ein Umstellungsverhältnis von 100 : 6,5 ergab. Das Umstellungsverhältnis für alle am 21. 6. 1948 bestehenden RM-Verbindlichkeiten betrug grundsätzlich 10 : 1. In voller Höhe (1 : 1) wurden umgestellt: 1) Verbindlichkeiten wie Löhne, Gehälter, Miet- und Pachtzinsen sowie der Versorgung dienende Altenteile, Renten und Pensionen, die nach dem 20. 6. 1948 fällig wurden; 2) Verbindlichkeiten aus Kauf- und Werkverträgen, soweit die Waren und Leistungen erst nach dem 21. 6. 1948 geliefert wurden; 3) Auseinandersetzungsansprüche aus gesellschafts-, familien- und erbrechtlichen Verhältnissen. Für Härtefälle war ein Vertragshilfeverfahren vorgesehen. Forderungen gegen das Deutsche Reich, die NSDAP, die Reichsbahn und -post wurden nicht umgestellt; dieses überließ man dem Kriegsfolgenschlussgesetz. Ergänzungen und Korrekturen folgten durch das Rentenaufbesserungsgestz vom 11. 6. 1951, das Auslandsschuldenabkommen vom 27. 2. 1953 sowie die Gesetze über den Lastenausgleich. Im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Übergang zur Marktwirtschaft erwies sich die Währungsreform als besonders erfolgreich (Beginn des »Wirtschaftswunders«). Für zahlreiche Güter wurden Bewirtschaftung und Preisbindung bereits am 24. 6. 1948 aufgehoben. Die Erstausstattung mit Geld wurde aufgrund des Nachholbedarfs schnell auf dem Markt wirksam. Dieser Nachfragestoß traf aber auch auf ein großes Angebot, da sowohl vom produzierenden Gewerbe als auch vom Groß- und Einzelhandel Waren in großem Umfang bis zum Tag der Währungsreform gehortet wurden.
Da wegen der Spannungen und unterschiedlichen Zielvorstellungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion eine Währungsreform für ganz Deutschland nicht zustande kam, bedeutete die Währungsreform in den Westzonen einen Schritt zur Teilung Deutschlands. Doch hatte bereits 1945 in der SBZ eine Reform des Bank- und Geldwesens stattgefunden (z. B. Schaffung der Deutschen Notenbank), sodass die Währungsreform am 23. 6. 1948 nur eine Formsache als Antwort auf die Währungsreform in den Westzonen war. Im Verhältnis 1 : 1 wurden Banknoten bis zu 70 RM je Kopf umgetauscht, die übrigen Banknoten im Verhältnis 10 : 1, ebenso Spareinlagen zwischen 1 000 und 5 000 RM, unter 1 000 RM im Verhältnis 5 : 1 und unter 100 RM 1 : 1. Dabei erhielt die bisherige Reichsmarkwährung einen Spezialkupon aufgeklebt (»Tapetenwährung«). Erst in der Zeit vom 25. bis 28. 7. 1948 wurden die Banknoten in Deutsche Mark der Deutschen Notenbank umgetauscht.
In Österreich wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine erste Währungsreform (Schillinggesetz vom 30. 11. 1945 ) wieder die Schillingwährung eingeführt (1 S = 1 RM). Zudem mussten u. a. die Bargeldbestände auf Bankkonten eingezahlt werden (60 % dieser Einlagen wurden gesperrt); jede Person erhielt außerdem 150 Schiling in bar ausgezahlt. Eine zweite Währungsreform (Währungsschutzgesetz vom 19. 11. 1947, in Kraft getreten am 10. 12. 1947) schuf die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Dabei erhielt u. a. jede Person wiederum 150 Schiling im Verhältnis 1 : 1; darüber hinausgehende Beträge wurden im Verhältnis 3 : 1 umgetauscht. Die gesperrten Bankeinlagen wurden gestrichen.
Für die DDR war die mit dem Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. 5. 1990 verbundene Umstellung ihres Währungssystems auf D-Mark eine weitere Währungsreform, für die Bundesrepublik Deutschland eine Erweiterung des Währungsgebiets (Währungsunion). - Die Einführung des Euro im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion stellt keine Währungsreform, sondern eine Währungsumstellung dar. Aufgrund eines einheitlichen Umstellungskurses für alle Vermögensgrößen und laufenden Zahlungen soll ein Kaufkraftverlust vermieden werden und der reale Wert der Ersparnisse erhalten bleiben.
M. Brackmann: Vom totalen Krieg zum Wirtschaftswunder (1993);
W. Weimer: Dt. Wirtschaftsgesch. Von der W. bis zum Euro (1998).
II
Währungsreform
Eine Vorbedingung für die Einbeziehung der Westzonen in den Marshallplan war die grundlegende Bereinigung der Währungsverhältnisse. Durch die nationalsozialistische Kriegswirtschaft war eine riesige Geldmenge entstanden, der nur ein geringes Warenangebot gegenüberstand. Nachdem am 1. März 1948 die Bank deutscher Länder gegründet worden war, wurde am 19. Juni 1948 - einem Samstag - ein Währungsgesetz der drei westlichen Militärgouverneure über Rundfunk und Extrablätter bekannt gegeben. Die Währungsreform wurde am 20./21. Juni durchgeführt. Jeder Bewohner der Westzonen erhielt im Umtausch gegen 60 Reichsmark ein Kopfgeld von 40 Deutschen Mark, im August noch einmal 20 DM; Unternehmen erhielten für jeden beschäftigten Arbeitnehmer 60 DM. Löhne, Gehälter, Pensionen, Renten, Mieten und Pachtzinsen wurden im Verhältnis 1:1 umgestellt, die meisten anderen Verbindlichkeiten 10:1. Besonders hart getroffen waren die Besitzer von Sparguthaben, weil diese im Verhältnis 100:6,5 abgewertet wurden. Demgegenüber wurden die Besitzer von Sachwerten wie Grund und Boden, Häusern, Produktionsbetrieben, Lagern begünstigt. Die Währungsreform war damit auch eine Grundentscheidung über die künftige Vermögensverteilung.
Am 20. Juni 1948 verkündete Ludwig Erhard, der Direktor für Wirtschaft in der Trizonenverwaltung, eigenmächtig - ohne Zustimmung der Besatzungsmächte - die weitgehende Aufhebung der Bewirtschaftung und Preisbindung. Über Nacht wurde nun plötzlich in den Geschäften alles, was bisher gesetzwidrig zurückgehalten worden war, angeboten; der Schwarzmarkt verschwand spurlos. Die Sowjetzonenverwaltung zog am 23. Juni 1948 mit einer eigenen Währungsreform nach, die auf ganz Berlin ausgedehnt werden sollte. Als die Westmächte die DM-Währung in den Westsektoren Berlins einführten, begannen die Sowjets mit der Berliner Blockade, die von den Westmächten mit einer Luftbrücke beantwortet wurde.
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Wäh|rungs|re|form, die: Neuordnung eines (in eine Krise geratenen) Währungssystems: Im Juni ... bekamen wir neues Geld. W. (Lentz, Muckefuck 330); vor, nach der W.; Noch als Finanzminister hatte Cardoso im März 1994 mit dem »Plano Real« eine W. eingeleitet, die nach Jahrzehnten der Inflation Wohlstand, Wachstum und Stabilität versprach (Zeit 21. 1. 99, 19).
Universal-Lexikon. 2012.