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Dalmatien
Dal|ma|ti|en; -s:
Landschaft in Kroatien.

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Dalmati|en,
 
serbokroatisch Dạlmacija [-tsija], Küstenlandschaft am Adriatischen Meer in Kroatien, mit kleinen Teilen im Süden zu Bosnien und Herzegowina sowie zu Montenegro gehörend, reicht vom schmalen Vorland des Velebit (im Norden) bis zur Bucht von Kotor. Dem Küstenstreifen sind die Dalmatinischen Inseln vorgelagert, die, schmal und gebirgig, stehen gebliebene Teile eines untergetauchten Küstenstreifens darstellen und durch Meeresstraßen vom Festland und voneinander getrennt sind. Die größten der über 800 Inseln sind (von Nordwesten nach Südosten): Pag (285 km2), Dugi otok (124 km2), Brač (395 km2), Hvar (300 km2), Korčula (276 km2), Mljet (100 km2). Das Klima ist durch warme, trockene Sommer und milde, niederschlagsreichere Winter gekennzeichnet. Die Vegetation hat - soweit nicht der nackte Fels ansteht - mediterranen Charakter (immergrünes Buschwerk, Agaven, Öl- und Feigenbäume, Orangen- und Zitronenhaine, Rebkulturen).
 
Bevölkerung
 
und Wirtschaft: Die Bevölkerung besteht aus Kroaten; auf den Inseln nimmt die Bevölkerung ab, in den Städten und Tourismuszentren ist ein Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Wichtigste Städte sind Zadar, Šibenik, Split und Dubrovnik. Hauptwirtschaftszweige sind Fremdenverkehr, Bergbau und Industrie (Bauxitvorkommen; Zementwerke, Werften, Eisenverarbeitung, Konserven-, Holzindustrie). Fischerei und Schifffahrt haben an Bedeutung verloren. - Die Nationalparks Kornati, Krka und Mljet dienen dem besonderen Schutz von Landschaft und Kulturdenkmälern.
 
Geschichte:
 
Der Name Dalmatia, im 1. Jahrhundert v. Chr. erstmals belegt, bezeichnete ursprünglich nur das von den illyrischen Delmaten bewohnte Gebiet zwischen den Flüssen Cetina und Neretva, später - mit wechselndem Hinterland - die Adriaküste zwischen Kvarner und Drinamündung. Auf den vorgelagerten Inseln entstanden schon im 4. Jahrhundert v. Chr. griechische Handelsstädte. Gegen das sich ausbreitende Piratenunwesen schritt Rom bereits in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ein, setzte sich 168 v. Chr. im Süden Dalmatiens fest und eroberte 155 v. Chr. die Hauptstadt Delmium. Den Erhebungen der Delmaten (Dalmaten) machte Kaiser Augustus zwischen 35 und 33 v. Chr. mit der von Istrien nach Süden vorangetriebenen Eroberung Dalmatiens ein Ende; es entstand die Provinz Illyricum (Illyrische Provinz). Nach der Niederschlagung des großen pannonisch-illyrischen Aufstandes (6-9 n. Chr.) wurden durch Teilung Illyricums die römischen Provinzen Dalmatia mit dem Hauptort Salona (heute Solin, Stadtteil von Split) und Istrien eingerichtet. Das handels- und verkehrsmäßig durch Städtegründungen und Kolonistenansiedlung erschlossene, oberflächlich romanisierte und zum Christentum bekehrte Dalmatien kam bei der Teilung des Römischen Reichs 395 zum Westreich, fiel 489 an das Reich Theoderichs und 535 an Byzanz. Die seit dem 6. Jahrhundert einfallenden Slawen und Awaren eroberten nach 614 mit Ausnahme der Städte Trogir, Zara (Zadar) und Budva sowie der vorgelagerten Inseln ganz Dalmatien; Flüchtlinge gründeten die neuen Städte Dubrovnik und Spalato (Split). Das Binnenland im Norden besiedelten Kroaten, im Süden Serben, die später von Spalato aus christianisiert wurden. Kirchlich gehörte Dalmatien zum byzantinischen Exarchat Ravenna (nach dessen Eroberung 751 durch die Langobarden entwickelte sich Zara zum geistlichen Zentrum), administrativ zum byzantinischen Thema Dalmatien.
 
Im 9. Jahrhundert kam das nördliche Dalmatien an Kroatien und wurde (in wechselnder Form) Bestandteil des dreiteiligen kroatischen Adelsstaates (»Regnum tripartium«). Im 9. und 10. Jahrhundert versuchten kroatische Könige vergeblich, auch die Inseln und die reichen Städte Dalmatiens einzunehmen. Als kroatische Piraten den Seehandel immer stärker beeinträchtigten, griff Venedig zur Sicherung seines Levantehandels im 11. Jahrhundert nach den Küsten- und Handelsstädten Dalmatiens. Seit der ungarisch-kroatischen Personalunion (1102) setzten sich die Könige von Ungarn an der Küste zwischen Zara und Spalato fest, während Venedig sich zwischen Kvarner und Zara behauptete, aber bosnische und serbische Übergriffe abzuwehren hatte. 1202 (teilweise) und 1409/20 (ganz) eroberte Venedig mit Ausnahme der Stadtrepublik Ragusa (Dubrovnik) den dalmatinischen Küstenstrich, verlor im 16. Jahrhundert einen Teil an die Türken (Osmanen), konnte jedoch seit der Mitte des 17. Jahrhunderts seine Besitzungen auf Kosten des Osmanischen Reiches wieder erweitern (Frieden von Karlowitz, 1699, und Passarowitz, 1718). Bis zum Frieden von Campoformio (1797), in dem Venedig sein gesamtes Adriareich verlor, blieb Dalmatien, zwischen 1468 und 1718 von einem in Zara residierenden Provveditore generale verwaltet, bei der Republik Venedig und fiel dann an Österreich. Nach dem Zwischenspiel der von Napoleon I. verfügten Angliederung an das Königreich Italien (1806-09) und der Zugehörigkeit zu den Illyrischen Provinzen (1809-13) seit dem Wiener Kongress 1815 wieder bei Österreich, wurde Dalmatien im Rahmen der Habsburgermonarchie 1816 mit Dubrovnik und Teilen Albaniens zum »Königreich Illyrien« erhoben (bis 1849); 1848/49 unterstützte Dalmatien die Wiener Regierung gegen Ungarn. 1861 als Kronland (seit 1849) der westlichen Reichshälfte (Cisleithanien) zugeteilt, aber nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich (1867) seit 1868 wieder bei Transleithanien, löste der unklare staatsrechtliche Status nach dem kroatisch-ungarischen Ausgleich von 1868 beim städtischen Bürgertum eine proitalische, auf Autonomie gerichtete Bewegung aus, während Bauern und untere Schichten mit der von Serbien ausgehenden südslawischen Einigungsbewegung (u. a. Illyrismus) sympathisierten.
 
Nachdem die Alliierten der Tripelentente Italien für seinen Eintritt in den Ersten Weltkrieg im Londoner Vertrag (26. 4. 1915 den Norden Dalmatiens zugesprochen hatten, konnte sich im Vertrag von Rapallo (12. 11. 1920 das spätere Königreich Jugoslawien ganz Dalmatien mit Ausnahme von Zara (Zadar), Fiume (Rijeka) und einigen Inseln sichern; 1941 annektierte Italien erneut den größten Teil Dalmatiens, musste ihn aber 1944 einschließlich seiner Erwerbungen aus dem Ersten Weltkrieg wieder an Jugoslawien abtreten (Adriafrage). Seit 1946 gehört Dalmatien zur (Teil-)Republik Kroatien; kleine Teile im äußersten Süden kamen zu Montenegro (Bucht von Kotor) und Bosnien-Herzegowina (Gebiet um Neum). Zwischen Ende 1991 und 1995 kam es zeitweise auch in Dalmatien, das ab 1991/92 eine Großzahl von kroatischen Flüchtlingen aus serbisch besetzten Gebieten aufnahm, zu schweren Kämpfen zwischen kroatischen und serbischen Verbänden, v. a. im Hinterland von Dubrovnik sowie von Split und Zadar; 1992-95 bestand im dalmatinischen Hinterland die so genannte Serbische Republik Krajina (Südteil).
 
Literatur:
 
C. Jireček: Die Romanen in den Städten D.s während des MA., 3 Bde. (Wien 1901-04);
 L. de Voinovitch: Histoire de Dalmatie, 2 Bde. (Paris 21934);
 G. Novak: Prošlost Dalmacije, 2 Bde. (Zagreb 1944);
 G. Alföldy u. A. Mócsy: Bev. u. Gesellschaft der röm. Prov. D. (Budapest 1965);
 J. J. Wilkes: Dalmatia (London 1969);
 
Die Kunst D.s vom MA. bis zur Renaissance, bearb. v. J. Höfler (Graz 1989).
 

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Dal|ma|ti|en; -s: Landschaft in Kroatien an der östlichen Adria; ↑Dalmatiner.

Universal-Lexikon. 2012.