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Os|teo|po|ro|se 〈f. 19; Med.〉 krankhaftes Poröswerden von Knochen [<grch. osteon „Knochen“ + poros „Öffnung“]
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stoffwechselbedingte, mit einem Abbau von Knochensubstanz einhergehende Erkrankung der ↑ Knochen (1 a).
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Osteoporose
[zu griechisch póros »Öffnung«, »Pore«] die, -/-n, Verminderung von Knochenmasse, -struktur und -funktion, die das alters- und geschlechtsspezifische Maß überschreitet und im fortgeschrittenen Stadium zu Knochenbrüchen führt. Für Osteoporose typische Knochenbrüche treten an der Wirbelsäule, dem Oberschenkelhals und am Handgelenk auf. Im Unterschied zu anderen Knochenerkrankungen (Osteopathien) ist die mineralische Zusammensetzung des Knochens nicht abnorm verändert. Ihr liegt eine Störung des physiologischen Gleichgewichts zwischen Knochenabbau und -neubildung zugrunde. Der natürlich vorkommende Abbau der Knochen im Alter wird hierbei weit überschritten. Durch den Knochenabbau tritt eine erhöhte Knochenbruchgefahr bei den Betroffenen auf. Vor allem die Wirbelsäule ist hiervon betroffen. Die Osteoporose kann in jedem Lebensalter auftreten, sie ist aber bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr am häufigsten vertreten. Die genauen Krankheitsursachen sind, im Unterschied zu den Risikofaktoren, bisher noch unbekannt. Osteoporose kann in den meisten Fällen durch physikalische und medikamentöse Therapie behandelt werden. Grundsätzlich werden eine primäre Form der Krankheit, die eigentliche Osteoporose, und eine sekundäre Form unterschieden, bei der die Knochenstoffwechselstörung als Folge anderer Krankheiten auftritt. Von der Weltgesundheitsorganisation wurde die Osteoporose sowohl hinsichtlich der Krankheitsfolgen, als auch der dafür aufzuwendenden Behandlungskosten in die Liste der zehn weltweit bedeutendsten Krankheiten aufgenommen. In Deutschland leiden bereits fünf bis sieben Millionen Menschen an dieser Erkrankung. Zu den medizinischen Zielen der Orthopädie gehören deshalb die Verhinderung dieser chronischen Krankheit durch Vorbeugung in jüngeren Jahren und eine fachgerechte Therapie der manifesten Osteoporose.
Die primäre Osteoporose betrifft vor allem Frauen nach der Menopause (Wechseljahre), also etwa ab dem 50. Lebensjahr. Als Hauptursache wird der Rückgang der Östrogenproduktion (Östrogene stellen einen Schutzfaktor der Knochen dar) angesehen. Es gibt aber auch eine juvenile Osteoporose, die Kinder zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr befällt und sich nach drei bis fünf Jahren vollständig zurückbildet. Die maligne Osteoporose wurde bisher nur bei Männern beobachtet. Diese bösartige Form der Krankheit verläuft besonders schwer und lässt sich nicht behandeln. Durch Knochenbrüche und Veränderungen der Wirbelsäule kann die Körpergröße um bis zu 30 cm abnehmen.
Die so genannten sekundären Osteoporosen sind Knochenstoffwechselstörungen, die in der Folge anderer Erkrankungen auftreten. Sie treten nicht zwingend zusammen mit der Grunderkrankung auf, sondern nur bei einem Teil der Fälle. Infrage kommen hier vor allem Störungen im Hormonstoffwechsel, beispielsweise eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose), eine Unterfunktion der Keimdrüsen (Hypogonadismus), der Diabetes mellitus und das Cushing-Syndrom (hierbei ist der Cortisolspiegel im Plasma stark erhöht). Wenn Hormone (beispielsweise Cortisonpräparate) zur Langzeitbehandlung als Medikamente eingesetzt werden, kann dies ebenfalls zu Knochenschwund führen. Neben den hormonalen Störungen kommen auch noch Krebserkrankungen der Knochen und komplexe Osteopathien (Knochenkrankheiten), Malabsorptionssyndrome, Mangelernährung sowie Darm-, Leber- und Nierenerkrankungen als Auslöser für Osteoporose in Betracht. Bei Hochleistungssportlerinnen hingegen kommt es häufig zu einem Östrogenmangel, der zu einem Knochensubstanzverlust führen kann. Dies wirkt sich besonders gravierend aus, weil sich der hormonal bedingte Knochenabbau zur Zeit der natürlichen Knochenaufbauphase (bis etwa 30 Jahre) ereignet, in der die maximale Knochenmasse noch nicht erreicht ist. Zu den Risikofaktoren für Osteoporose gehören sowohl bei Frauen als auch bei Männern erbliche Belastung, calciumarme und zu phosphatreiche Ernährung, Verdauungsstörungen mit chronischen Durchfällen, Vitamin-D-arme Lebensweise sowie mangelnde Bewegung (vor allem in Phasen längerer Bettruhe oder bei Lähmungen).
Mit etwa 40 Jahren beginnt der altersbedingte Abbau der Knochensubstanz beim Menschen. Im Alter von 70 Jahren hat jeder Mensch etwa ein Drittel seiner Knochenmasse verloren. Dieses Phänomen führt normalerweise zu keinen Beschwerden, solange die Knochen noch stabil genug sind, das Körpergewicht zu tragen. Im Falle der Osteoporose beginnt dieser Knochenabbau teilweise viel zu früh, teilweise verläuft er stark beschleunigt und teilweise geschieht beides gleichzeitig. Die genauen Ursachen der primären Osteoporose sind noch nicht bekannt. Zwar kann man einen Zusammenhang zwischen Östrogenmangel und der Krankheit nicht übersehen, doch ist nicht jede Frau mit Östrogenmangel von der Krankheit betroffen. Genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Zu den Ursachen einer Osteoporoseentwicklung bei Frauen gehört beispielsweise eine zu geringe Calciumaufnahme.
Bei Osteoporose ist die Knochenmasse vermindert, und die Mikrostruktur des Knochens (Auflockerung und Schwund der Knochenbälkchenstruktur) ist gestört. Dadurch ergibt sich eine erhöhte Knochenbruchgefahr. Im Frühstadium der Krankheit macht sich dies aber noch nicht bemerkbar. Erste Symptome sind zumeist leichte Rückenschmerzen, die später an Intensität zunehmen. Neben Rückenschmerzen tritt manchmal auch eine Verringerung der Körpergröße auf, in den späteren Stadien der Krankheit Knochenbrüche, vor allem am Oberschenkelhals (besonders typisch für ältere Menschen) und am Handgelenk. Rippenbrüche können beim Husten entstehen.
Die Rückenschmerzen resultieren aus Einbrüchen und Deformationen der Wirbelkörper der Wirbelsäule. Das Rückenmark bleibt dabei unverletzt, sodass eine Querschnittslähmung nicht eintreten kann. Die Muskulatur versucht in diesen Fällen die Stützfunktion der schwächer werdenden Wirbelsäule zu übernehmen, dies führt zu schmerzhaften Muskelverspannungen. Im Extremfall kommt es zu einer durch Brüche verkrümmten Wirbelsäule, zu einem Buckel.
Eine Diagnose im Frühstadium der Krankheit ist wünschenswert, da durch eine physikalische und medikamentöse Therapie im Normalfall der weitere Knochenabbau weitgehend gestoppt werden kann. Eine gängige Diagnosemethode ist die Knochendichtemessung (Osteodensitometrie). Die Osteodensitometrie ist das einzige wissenschaftlich anerkannte Verfahren, das frühzeitig eine Verminderung der Knochendichte erkennen läßt, bevor die für die Osteoporose charakteristischen Spätkomplikationen, die Knochenbrüche, aufgetreten sind. Bei ausreichend frühem Behandlungsbeginn ist eine Heilung der Osteoporose möglich. Die Osteodensitometrie ist die genaueste radiologische Methode (die gängigen Verfahren beruhen auf dem Prinzip der Photonenabsorption beziehungsweise der Computertomographie) zur Bestimmung des Mineralgehaltes des Knochens. Sie dient zur Diagnostik und Verlaufskontrolle der Osteoporose. Die Messergebnisse lassen unter anderem Rückschlüsse auf die Knochenbruchgefährdung zu und geben Auskunft über eine eventuell erforderliche medikamentöse Behandlung. Verhältnismäßig kleine Veränderungen der Mineraldichte sind mit großen Veränderungen der biomechanischen Kompetenz verbunden.
Die Knochenbruchvorhersage ist für Knochen am jeweiligen Messort am exaktesten, dennoch kann eine Messung an einem peripheren Messort signifikant Knochenbrüche am Stammskelett (Wirbelkörper, Oberschenkelknochen) voraussagen. Gegenwärtig verwendet man die Einenergie-Röntgenstrahlabsorptiometrie (SXA) beziehungsweise die Zweienergien-Röntgenstrahlabsorption (DXA). Diese Methode basiert auf der Absorption von Röntgenstrahlung durch Knochen- und Weichteilgewebe. Die Röntgenquelle ist mechanisch mit einem Kollimator verbunden. Der interessierende Knochenbereich wird bei der Einstrahlmessung mäanderförmig oder bei der Fächerstrahlmessung flächig abgetastet; die Absorptionen von Weichteil und Knochen werden dabei Punkt für Punkt gemessen und im Computer voneinander abgezogen. Die Dichte wird in g/cm2 angegeben. Die DXA-Methode kann fast am gesamten Skelett angewendet werden.
Richtige Ernährung, regelmäßige Bewegung und Sport helfen auf jeden Fall gegen Osteoporose, wobei aber extremer Leistungssport bei Frauen in jungen Jahren eher die Krankheit fördert. Calciumreiche Ernährung hilft auch, genau wie die Vermeidung von phosphatreichen Lebensmitteln, da Phosphat dem Körper Calcium entzieht. Vor allem Fertiglebensmittel und Cola-Getränke enthalten größere Phosphatmengen. Die wichtigsten Calciumlieferanten sind Milch und Milchprodukte, calciumreiche Mineralwasser sowie grüne Gemüse (Grünkohl, Brokkoli, Lauch). Für gesunde Knochen ist auch Vitanim-D von großer Bedeutung. Es ist vor allem in Seefisch enthalten, wird aber auch (im Sommer) in der Haut durch den Einfluss der Sonne (UV-Licht) gebildet. Zum Beispiel reichen bei Menschen unter 70 Jahren während der Sommermonate bereits zehn Minuten Aufenthalt im Freien mit »Bestrahlung« der Hände und des Gesichts, um den Tagesbedarf an Vitamin D zu decken. Für Frauen in den Wechseljahren, bei denen weitere Risikofaktoren vorliegen, ist eine vorbeugende Behandlung mit Östrogen und Gestagen zu erwägen.
Für die Behandlung stehen eine Reihe wirksamer Arzneimittel zur Verfügung, die bei richtigem Einsatz die Anzahl der Knochenbrüche entscheidend vermindern können. Es werden generell Calciumsalze und Vitamin D (zur besseren Calciumaufnahme) eingesetzt. Krankengymnastische Maßnahmen zur Förderung des Muskelaufbaus helfen bei allen Therapieformen. Bei der typischen Osteoporose, die bei Frauen nach der Menopause auftritt, wirken Östrogene krankheitshemmend. Calcitonine können in diesem Zusammenhang ebenfalls verwendet werden. Zur Steigerung der Knochenneubildungsrate werden Fluoride benutzt, ihre Wirkung ist aber noch umstritten. Seit 1996 werden auch die Salze von Diphosphonsäuren (Bisphosphonate) zur Therapie der Osteoporose eingesetzt. Diese Verbindungen verhindern, dass sich der anorganische Bestandteil der Knochensubstanz (Hydroxylapatit) auflöst. Im fortgeschrittenen Stadium sind vor allem schmerzstillende Maßnahmen erforderlich. Die Knochenbrüche, beispielsweise des Oberschenkelhalses, erfordern operative Maßnahmen. Selbsthilfegruppen unterstützen die Motivation und verbessern die Möglichkeiten zur Mobilisierung. Eine aktive Beteiligung der Betroffenen ist eine wichtige Voraussetzung zur erfolgreichen Besserung der Erkrankung. Die Beurteilung des Therapieeffektes erfolgt durch Knochendichtemessung und Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule sowie mitunter auch durch die Messung des Knochenumsatzes. Der Knochenstoffwechsel kann schon frühzeitig medikamentös beeinflusst werden. Eine ausreichende Calciumzufuhr und Vitamin-D-Gaben gehören zur Basisbehandlung.
J. D. Ringe: O. Differentialdiagnose u. Differentialtherapie (1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Knochenmarkentzündung und Osteoporose
Altern und Tod
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Universal-Lexikon. 2012.