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Berry
I
Berry
 
[bɛ'ri], historische Provinz (Herzogtum) in Mittelfrankreich, auf der von Cher, Indre und Creuse zerschnittenen Jurakalktafel des südlichen Pariser Beckens. Kernlandschaft ist die Champagne berrichonne mit Getreideanbau, im Osten auch Weinbau (A.-C.-Gebiete Sancerre, Menetou-Salon, Quincy, Reuilly; v. a. trockene Weißweine). Wo die Kalktafel nur flachgründig mit Lehm überdeckt ist, dominieren Heideflächen und extensive Schafweiden. Zentren sind die ehemalige Hauptstadt Bourges und Châteauroux.
 
Geschichte:
 
Berry, ursprünglich das Gebiet der keltischen Bituriger (Hauptort Avaricum, heute Bourges), war bis zum 9. Jahrhundert Teil von Aquitanien und gehörte mit diesem zunächst zum Westgotenreich (Ende 5. Jahrhundert), nach 507 zum Frankenreich. Unter den Karolingern wurde es selbstständige Grafschaft (Grafschaft Bourges), doch verlor das Gebiet bald seine Einheit: Niederberry (Bas-Berry) im Süden kam unter die Lehnshoheit der Herzöge von Aquitanien, während die neu entstandene Herrschaft Bourbon (Bourbonnais) sich verselbstständigte; Oberberry (Haut-Berry) im Nordosten, in mehrere kleine Territorien zersplittert, unterstand zum Teil den Grafen von Blois-Champagne, zum Teil den Grafen von Anjou. 1101 kam die Vizegrafschaft Bourges an die französische Krone, um 1200 auch die übrigen Gebiete des Berry, das 1360 von König Johann II., dem Guten, zum Herzogtum erhoben wurde. Dieses wurde mehrfach als Apanage an Prinzen des königlichen Hauses vergeben.
 
Literatur:
 
Histoire du B., hg. v. G. Devailly u. a. (Toulouse 1980).
 
II
Berry
 
[bɛ'ri], französisches Adelsgeschlecht:
 
 1) Charles Ferdinand de Bourbon [-bur'bõ], Herzog von, * Versailles 24. 1. 1778, ✝ (ermordet) Paris 14. 2. 1820, zweiter Sohn des Grafen von Artois, des späteren Königs Karl X. von Frankreich; seit 1816 Ȋ mit 3); wurde als letzter bourbonischer Thronerbe von dem Fanatiker Louis Pierre Louvel (* 1783, hingerichtet 1820) ermordet.
 
Literatur:
 
A. Castelot: Le duc de B. et son double mariage (Paris 1950).
 
 2) Jean de France [-frãs], Herzog von (seit 1360), * Vincennes 30. 11. 1340, ✝ Paris 15. 6. 1416, dritter Sohn von König Johann II., dem Guten, von Frankreich; zeitweise Mitregent für Karl VI.; erhielt als Apanage die 1360 neu geschaffenen Herzogtümer Berry und Auvergne, die er durch extrem hohe Steuern wirtschaftlich ausbeutete; Kunst- und Bücherliebhaber, einer der ersten Sammler im neuzeitlichen Sinn. Er gab die nach ihm benannten kostbar ausgestatteten Stundenbücher, u. a. die »Très belles heures« (vor 1402 vollendet; Brüssel, Bibliothèque Royale) und die »Très riches heures« (zwischen 1413 und 1416; Chantilly, Museé Condé), Hauptwerke der frankoflämischen Buchmalerei, in Auftrag.
 
Literatur:
 
F. Lehoux: Jean de France, duc de Berri, 4 Bde. (Paris 1966-68);
 E. Pognon: Das Stundenbuch des Herzogs von B. (a. d. Frz., 31985).
 
 3) Maria Carolina Ferdinanda Luisa, genannt Marie-Caroline, Herzogin von, * Palermo 5. 11. 1798, ✝ Schloss Brunnsee (bei Bad Radkersburg) 16. 4. 1870, Tochter des späteren Königs Franz I. von Neapel; seit 1816 Ȋ mit 1), Mutter des erst nach der Ermordung ihres Gatten geborenen Prinzen Henri, des späteren Grafen von Chambord. Sie versuchte, diesen als Heinrich V. auf den französischen Thron zu bringen und 1832 in der Vendée Aufstände gegen die Julimonarchie zu entfachen, woraufhin Louis-Philippe sie in der Festung Blaye arretieren ließ (1832/33).
 
Literatur:
 
J. Vidal de La Blache: Marie-Caroline, duchesse de B. (Paris 1980).
 
III
Bẹrry
 
[-rɪ],
 
 1) Chuck, eigentlich Charles Edward Berry, amerikanischer Rockmusiker (Gitarrist und Sänger), * Saint Louis (Missouri) 18. 10. 1931; wurde durch seinen (von Mambo und Calypso angeregten) Rock 'n' Roll und besonders seine Gitarrenriffs zum Vorbild vieler Beatgruppen (Beatles, Rolling Stones); erfolgreich u. a. mit »Roll over Beethoven«, »Sweet little sixteen« und »Johnny B. Goode«.
 
 2) Walter, österreichischer Sänger (Bassbariton), * Wien 8. 4. 1929, ✝ Wien 27. 10. 2000; wurde 1949 Mitglied der Wiener Staatsoper, trat an den großen Opernbühnen Europas und Amerikas auf, so seit 1966 an der Metropolitan Opera, und wirkte seit 1953 auch bei den Salzburger Festspielen mit. Er wurde v. a. als Mozart-Interpret bekannt, trat aber auch u. a. als Wozzeck (A. Berg), Ochs von Lerchenau (in »Der Rosenkavalier« von R. Strauss) und Pizarro (in »Fidelio« von L. van Beethoven) hervor. 1990 wurde er Professor für Gesang an der Hochschule (seit 1998 Universität) für Musik und Darstellende Kunst in Wien.

Universal-Lexikon. 2012.